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Als Rosneft-Partner bekäme BP Zugang zu den Öl- und Gasfeldern im Nordpolarmeer. Das verliert schon wegen des Klimawandels stetig an Eis.

© pa / dpa

Fusionierungsabsichten: Moskau will den Super-Ölkonzern

British Petroleum und Rosneft planen einen Milliarden-Dollar-Deal, der das weltgrößte börsennotierte Unternehmen der Branche schaffen würde.

Moskau - British Petroleum (BP) und der staatliche russische Öl-Konzern Rosneft wollen gemeinsam die weltweit größte börsennotierte Ölfördergesellschaft schaffen. Dazu sollen die Briten zehn bis 20 Prozent der Rosneft-Aktien übernehmen und die Russen im Gegenzug jene 50 Prozent der Anteile, die BP derzeit an der russisch-britischen Gemeinschaftsfirma TNK-BP hält. Die andere Hälfte der TNK-BP-Anteile ist im Besitz von AAR Access Industries. Die „strategische Allianz“ von BP und Rosneft war bereits mehrfach angepeilt worden – nun wird es offenbar ernst.

Putin hat den Deal schon abgenickt

Für die Übernahme beider Beteiligungen will Rosneft jeweils 28 Milliarden Dollar zahlen. Zwar gibt es für den Deal mit AAR bisher nur eine rechtlich unverbindliche Absichtserklärung. Rosneft hat dennoch gute Karten. AAR wird von loyalen russischen Oligarchen der Alfa- Gruppe kontrolliert. Und für das Geschäft mit BP gab der russische Energieminister Alexander Nowak bereits sein Einverständnis. Die Gefahr, dass ein Monopol gebildet werde, sehe er nicht, sagte er der staatsnahen Moskauer Nachrichtenagentur Itar Tass. Wie auch: Präsident Wladimir Putin hatte den Deal höchstselbst eingefädelt. BP-Chef Bob Dudley hatte sich schon im September in Putins Sommerresidenz bei Sotschi am Schwarzen Meer darum bemüht.

Ganz leicht dürfte dem Präsidenten das nicht gefallen sein: Der Kreml hatte Rosneft 2006 schon Michail Chodorkowskis Jukos-Konzern zugeschanzt und setzte Dudley, damals Chef von TNK-BP, 2008 so massiv unter Druck, dass er Russland verließ: Putins Freunde – allen voran der heutige Rosneft-Chef Igor Setschin, dem Putin seit gemeinsamen KGB-Zeiten verbunden ist – wollten BP schon damals aus dem 2003 gegründeten Joint-Venture drängen und selbst kassieren. Denn TNK-BP ist ein Goldesel.

BP will Bohrungen im Nordpolarmeer ausdehnen

Der Konzern ist mit einer Tagesleistung von einer Million Barrel drittgrößter Ölförderer Russlands. Und jedes dritte Fass, das BP auf den Markt wirft, wird von dem Gemeinschaftsunternehmen in Westsibirien, TNK-BP, produziert. Dieses kontrolliert auch über ein Viertel der gesamten Ölreserven, die in den Bilanzen von BP stehen. Die Führung des britischen Unternehmens muss dem Verkauf der TNP-BP-Anteile und der Übernahme der Rosneft-Aktien zwar noch zustimmen. Russische Experten rechnen jedoch fest mit einem Ja. Denn die strategische Allianz zahlt sich für beide Seiten aus.

Nach der russischen Regierung, die 51 Prozent der Anteile hält, wird BP dadurch größter Rosneft-Aktionär. Die Briten erhalten damit ein Vorkaufsrecht bei der für 2013 oder 2014 geplanten Teilprivatisierung des russischen Ölkonzerns. Russland, sagte am Freitag Vizepremier Igor Schuwalow, sei an „qualitativ hochwertigen Investoren“ interessiert, alle Pläne in dieser Richtung würden – eine günstige Konjunktur vorausgesetzt – umgesetzt. Als Rosneft-Partner bekommt BP vor allem Zugriff auf die Öl- und Gasfelder in der russischen Arktis, wo mehrere Milliarden Tonnen fossiler Brennstoffe vermutet werden. Insbesondere im Nordpolarmeer, das durch den Klimawandel schon bald ganzjährig eisfrei sein könnte, sollen enorme Rohstoffvorkommen liegen. Russland bemüht sich daher seit Jahren, seine 200-Meilen-Wirtschaftszone im Eismeer weiter gen Norden auszudehnen, scheiterte damit aber am Widerstand der anderen Pol-Anrainer in der Uno-Seerechtskommission. Doch die Briten könnten womöglich durch die Allianz von BP mit Rosneft schwach werden.

Russen wollen vom Fortschritt profitieren

Gemeinsame Projekte in der Arktis zahlen sich auch für die Moskauer Regierung aus. Russischen Ölfördergesellschaften fehlt derzeit das Knowhow für effiziente und umweltschonende Technologien für Tiefsee-Bohrungen. Im ökologisch hoch sensiblen Eismeer ist modernste Technik aber ein Muss. Die derzeit dort eingesetzten russischen Bohrinseln sind jedoch kaum mehr als eine Weiterentwicklung jener sowjetischen Plattformen, die in den Sechzigerjahren für Bohrungen im Kaspischen Meer vor den Küsten Aserbaidschans entwickelt wurden. BP, so glauben russische Branchenkenner, verfügt über das nötige Wissen und habe aus der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko vor zwei Jahren „konstruktive Schlussfolgerungen“ gezogen.

In Moskau nahm die Polizei am Freitag einen Manager von TNK-BP wegen Betrugs fest. Der PR-Chef des Unternehmens soll Geschäftsleuten gegen Millionenbeträge hohe Posten etwa in der Kremlverwaltung angeboten haben. Das teilte das Innenministerium in Moskau der Agentur Interfax mit. Zunächst war offen, ob sich die Festnahme auf den möglichen Megadeal auswirken könnte.

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