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Wirtschaft: Fußball-WM drückt Gewinn bei AWD

Finanzdienstleister steigert den Umsatz, lässt sich das Marketing aber viel kosten / Nicht genug Berater

Frankfurt am Main/Berlin - Marketingkosten zur Fußball-Weltmeisterschaft und Steuernachzahlungen haben den Gewinn des Finanzdienstleisters AWD im zweiten Quartal des laufenden Jahres unerwartet stark gedrückt. Der Überschuss sank gegenüber dem Vorjahr um fast zwölf Prozent auf 22,5 Millionen Euro. Der Umsatz dagegen stieg um gut 16 Prozent auf den Rekordwert von 356 Millionen Euro.

Das Marketing-Budget belief sich in den ersten sechs Monaten des Jahres auf rund 14,2 Mill. Euro – rund vier Millionen mehr als im Vorjahr. „Es sind natürlich im Zuge der Fußball-WM zusätzliche Kosten hinzugekommen“, sagte Konzernsprecher Bela Anda dem Tagesspiegel. Der Großteil davon sei allerdings nicht in die klassische Werbung geflossen, sondern in Anreize für die Mitarbeiter. So seien rund 2000 Beschäftigte von Vorstandschef Carsten Maschmeyer zu WM-Spielen eingeladen worden, „um sie zusätzlich zu motivieren“.

Maschmeyer zeigte sich am Dienstag trotz des schwächeren Gewinns mit dem ersten Halbjahr sehr zufrieden. „Wir haben unsere Markt- und Qualitätsführerschaft ausgebaut“, sagte er in Frankfurt. Er sieht AWD auch deshalb in einer guten Position, weil die Produktivität der Berater weiter gestiegen sei. Im zweiten Quartal hätten sie im Schnitt 29 123 Euro umgesetzt – rund 5200 Euro mehr als vor Jahresfrist. Zugleich zahle sich aus, dass sich AWD auf die Altersvorsorge und den Vermögensaufbau konzentriere. 40 Prozent des Umsatzes in Deutschland habe AWD im ersten Halbjahr mit der Vermittlung staatlich geförderter Produkte, das heißt mit Riester- und Rürup-Policen, erzielt. Da bislang erst 18 Prozent aller anspruchsberechtigten Deutschen entsprechende private oder betrieblich gestützte Verträge besäßen, sieht Maschmeyer noch bedeutendes Wachstumspotenzial in der privaten und betrieblichen Altersversorgung. Deshalb soll der Umsatz auch über das gesamte Jahr 2006 zweistellig zulegen, der Gewinn vor Steuern und Zinsen soll sogar noch stärker wachsen. Derzeit zählt AWD insgesamt 1,73 Millionen Kunden. Im ersten Halbjahr kamen rund 100 500 neue hinzu.

Der Finanzdienstleister ringt allerdings nach wie vor mit Schwierigkeiten bei seinen Ablegern in Großbritannien und vor allem in Italien. Sollte dort bis zum Jahresende keine Rückkehr in die Gewinnzone erkennbar sein, werde man das Experiment beenden, sagte Maschmeyer.

In der vergangenen Woche hatte der härteste AWD-Konkurrent MLP enttäuschende Halbjahreszahlen vorgelegt und seine Gewinnprognose für das Gesamtjahr gesenkt. „Verglichen mit MLP geht es AWD besser“, sagte Konrad Becker, Analyst bei Merck Finck, dem Tagesspiegel. Allerdings kämpften beide Unternehmen in Deutschland mit dem gleichen Problem: dem Mangel an Beratern. Insgesamt stellte AWD im vergangenen Quartal zwar 68 neue Vertreter ein – allerdings nur zehn davon in Deutschland. Sprecher Anda will trotzdem nichts von Schwierigkeiten wissen. „Wir haben keine Probleme, Berater zu finden“, sagte er dieser Zeitung.

Analyst Becker meint, die Berater fänden heute schlechtere Bedingungen vor. „Mit der Steuerbefreiung für Lebensversicherungen ist ein zentrales Verkaufsargument weggefallen“, sagt Becker. „Die Berater müssen sich besser vorbereiten, bekommen aber weniger Geld raus.“

Zum Beratermangel kommen noch die wachsenden finanziellen Probleme der Kunden hinzu. Das Bewusstsein für die Notwendigkeit einer Altersvorsorge habe zwar zugenommen, sagt Becker. Die hohe Arbeitslosigkeit und die stagnierenden Einkommen machten es für viele Menschen aber unmöglich, noch etwas abzuzweigen. „Wenn kein Geld da ist, dann geht es nicht.“

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