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Fußball-WM: Eröffnungsspiel wohl ohne Ballack

Die deutsche Nationalmannschaft muss wohl ohne Michael Ballack das Eröffnungsspiel der Fußball-Weltmeisterschaft bestreiten. Ein Einsatz des Kapitäns ist wegen dessen Wadenverletzung unwahrscheinlich.

Berlin/München - Gastgeber Deutschland fühlt sich bereit zu großen WM-Taten - und das sogar ohne Anführer Michael Ballack. Das tagelange Kneten und Massieren der «Wade der Nation» war vorerst umsonst, doch der Ausfall des Kapitäns im WM-Eröffnungsspiel ändert für Jürgen Klinsmann nichts an der Sieg-Vorgabe gegen Costa Rica und dem großen Vertrauen in seine junge und unerfahrene Mannschaft. «Wir hätten uns gewünscht, dass Michael Ballack an Bord ist. Er ist unser Leader und Kapitän. Es ist schade, aber weil wir wissen, wie gut alle drauf sind, ist das kein Problem», verkündete am Donnerstag ein schon 32 Stunden vor dem WM-Anpfiff kämpferisch gestimmter Bundestrainer. Der Teamchef verkaufte die bittere Nachricht vor dem Auftaktspiel an diesem Freitag (18.00 Uhr) im Münchner WM-Stadion sogar als Chance: «Das ist eine zusätzliche Motivation für uns.»

Klinsmann lebte vor dem Abflug des DFB-Trosses nach München die Kampfeslust und Vorfreude im schwarz-rot-goldenen Team förmlich vor. Beim letzten Medienauftritt in Berlin hatte er die Ärmel seines dunkelblauen Hemdes bereits hochgekrempelt, mit entschlossenen Parolen eröffnete er verbal den auf dem Rasen geplanten Sturmlauf Richtung Finale. «Jeder fiebert dem Moment entgegen, dass es losgeht. Die Mannschaft weiß, was sie will. Sie will einen positiven Start. Wir wollen einen Dreier. Wir werden uns zerreißen von der ersten Minute an», versprach Klinsmann in beschwörenden Sätzen. Nach 1954, 1974 und 1990 ist der vierte WM-Stern auf dem DFB-Trikot das Ziel - die Rekordprämie von 300.000 Euro würde es jedem Spieler einbringen.

Der Projektleiter der «Mission 2006» weiß, dass wie vor vier Jahren beim deutschen WM-Rekordsieg gegen Saudi-Arabien (8:0) das erste Spiel Richtung weisend ist, besonders bei einem Championat im eigenen Land: «Was wir zeigen, wird die Stimmung vorgeben für die nächsten Tage.» Einen «Selbstläufer» dürfe niemand erwarten, eher ein «Geduldsspiel» und einen körperlichen Abnützungskampf. Darauf ist das Team in zahlreichen Video-Stunden vorbereitet worden. «Wir bekommen den ersten Gradmesser gegen Costa Rica. Die werden uns das Leben schwer machen von der ersten Sekunde an. Die werden auf alles losgehen, was sich bewegt», prophezeite Klinsmann.

Klose glaubt an Siegesparty zu seinem Geburtstag

Mental und physisch will der Gastgeber voll dagegen halten, der große Erwartungsdruck soll mit Unterstützung des Publikums in positive Energie umgesetzt werden. Miroslav Klose, der 2002 in Sapporo mit drei Toren gegen die Saudis gleich von Null auf Hundert durchstartete, glaubt jedenfalls fest an eine Siegesparty an seinem 28. Geburtstag. «Wir gehen nicht vom Negativen aus. Wir nehmen uns vor, von der ersten Minute an Vollgas zu geben und das Publikum hinter uns zu ziehen», sagte der Sturmführer, der sich trotz einer Bindehautentzündung am rechten Auge in Top-Form fühlt.

Dass Klinsmann bei der letzten Pressekonferenz nur ein öffentliches Verwirrspiel um Ballack aufgeführt haben könnte und die lädierte Wade über Nacht noch eine Wunderheilung erfährt, scheint ausgeschlossen. Zumal der Bundestrainer ein Risiko scheut, weil der Mittelfeldstar im weiteren Turnierverlauf noch dringender gebraucht wird. «Das Allerwichtigste ist vorauszublicken», betonte Klinsmann: «Wir hoffen, dass er zum zweiten Spiel zur Verfügung steht.»

Das Topspiel der Vorrunde gegen Polen am kommenden Mittwoch in Dortmund wird zur neuen Zielvorgabe für den Kapitän, dem Klinsmann unüberhörbar vorwarf, dass er sich nach der im Kolumbien-Spiel erlittenen Blessur unprofessionell verhalten hatte. Statt frühzeitig die DFB-Ärzte zur Behandlung aufzusuchen, schöpfte Ballack lieber den kurzen Pfingsturlaub bei seiner Familie aus. Er habe die Verletzung «unterschätzt», lautete Klinsmanns Vorwurf. Konsequenz: Ballack wird Sonderschichten leisten müssen. «Er muss doppelt so viel arbeiten. Er muss die Basis haben, auf internationalem Niveau zu sein.»

Borowski oder Kehl als Ballack-Ersatz

Die harte Trainingsarbeit in der Vorbereitung dürfte sich für Tim Borowski dagegen nun doch noch auszahlen. Der Bremer ist der logische Ersatzmann für Ballack, wie selbst Klinsmann bestätigte, der aber auch den Dortmunder Sebastian Kehl als Nachrücker ins Spiel brachte. «Die laufen auf Hochtouren», sagte der Bundestrainer über die zwei Alternativen. Der offensivstarke Borowski und der defensive Kehl eröffnen mehrere taktische Variationsmöglichkeiten im Mittelfeld. Bei einer Versetzung von Bernd Schneider nach rechts in die Abwehrkette könnten im Extremfall sogar beide in der Startelf auflaufen. «Lasst Euch überraschen, was auf dem Spielberichtsbogen steht», entgegnete Klinsmann am Donnerstag den fragenden Reportern.

Die nahe liegendste Lösung ist, dass Borowski wie schon beim 7:0 im WM-Test gegen Luxemburg im klassischen 4-4-2-System im Zentrum neben seinem Vereinskollegen Torsten Frings das Ballack-Double geben darf. Mit Sturmführer Klose würde dann ein Bremer Block entstehen, auf den Flanken assistiert von Schneider und Bastian Scheinsteiger sowie dem Neu-Münchner Lukas Podolski als zweitem Angreifer. Vor Jens Lehmann, der ausgerechnet in Oliver Kahns Stadion seine WM-Premiere im Tor feiern darf, werden Friedrich, Mertesacker, Metzelder und Lahm in der Abwehrkette erwartet. (Von Klaus Bergmann und Jens Mende, dpa)

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