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Alles Bio - oder auch nicht?

© dpa

Futtermais: Auch Kühe haben Dioxin gefressen

Nicht nur Öko-Hennen, auch Bio-Kühe, -Schweine, -Ferkel, -Lämmer und -Ziegen sind offensichtlich mit dem dioxinverseuchten Futtermais gefüttert worden.

Berlin - Nicht nur Öko-Hennen, auch Bio-Kühe, -Schweine, -Ferkel, -Lämmer und -Ziegen sind offensichtlich mit dem dioxinverseuchten Futtermais gefüttert worden. Wie das Bundesamt für Verbraucherschutz am Montag bestätigte, ist der belastete Mais nicht nur an Hühnerfarmen, sondern auch an Öko-Mastbetriebe verkauft worden. Das Futter ist in elf Bundesländer geliefert worden, Berlin ist nach jetzigem Stand nicht betroffen, betonte das Amt. Nach Informationen des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen haben auch Milchkühe das Futter erhalten.

Ob das Fleisch und die Milch, die im Handel jeweils als Bioware verkauft worden sind, mit dem Gift belastet sind, lässt sich jedoch nicht sagen. In der Vergangenheit seien keine überhöhten Dioxinwerte im Fleisch gefunden worden, berichtet Nina Banspach vom Bundesamt für Verbraucherschutz. Jetzt werden weitere Proben untersucht. Der Handel will anhand der Lieferlisten nachvollziehen, welche Läden von den betroffenen Betrieben beliefert worden sind.

Eine lückenlose Kontrolle ist jedoch im Nachhinein nicht mehr möglich. „Das Fleisch und die Milch sind längst verkauft“, sagte Babette Winter, Sprecherin des Landesamtes, dem Tagesspiegel. Der mit dem krebserregenden Stoff Dioxin belastete Mais ist von dem holländischen Futtermittelhersteller Forfarmers im Dezember und Januar ausgeliefert worden. „Im Februar war bereits alles verfüttert“, berichtet Winter.

Dennoch gibt es nach Meinung der Behördensprecherin beim Fleisch und bei der Milch keinen Grund zur Panik. Die im Mais gefundene Dioxin-Gruppe reichere sich besonders im Fett von Geflügel an, berichtet Winter, Säugetiere seien weniger betroffen. In Berlin werden nur Bioeier auf ihre Dioxinbelastung hin untersucht, Fleisch jedoch nicht. „Es gibt keine Hinweise darauf, dass Berlin betroffen ist“, sagte Regina Kneiding von der Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz dem Tagesspiegel. Bei den Eiern rechnet die Senatsverwaltung mit ersten Untersuchungsergebnissen Ende dieser Woche.

Tiere, die im Verdacht stehen, belastet zu sein, dürfen nicht geschlachtet werden. Kontaminiertes Fleisch darf nicht verkauft und auch nicht weiter verarbeitet werden, auch nicht zu Hunde- oder Katzenfutter. Nach Ansicht der Experten löst sich das Problem jedoch im Laufe der Zeit von selbst: „Die Hühner bauen das Dioxin wieder ab“, berichtet Babette Winter, „die Tiere müssen nicht geschlachtet werden.“ Unterdessen haben die Behörden die Sperrung für zahlreiche Hühnerhöfe wieder aufgehoben. In Nordrhein-Westfalen lagen die Dioxinwerte in den Eiern bei fast allen Betrieben unter dem zulässigen Grenzwert von drei Picogramm pro Gramm Fett. Auch für den gesperrten Geflügelhof in Brandenburg gibt es Entwarnung. Nach Informationen des Ministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz haben Tests ergeben, dass die Dioxinbelastung der Eier nur bei rund zehn Prozent des zulässigen Höchstwerts lag.

In der Bio-Branche wächst die Befürchtung, dass der Dioxinskandal allen Anbietern schaden könnte. „Das Image von Bio leidet“, sagte Gerald Wehde vom Ökoverband Bioland, „dabei sind wir sauber.“ Ökoverbände wie Bioland und Demeter stellen, was die Verwendung von Futtermitteln angeht, an ihre Mitglieder strenge Anforderungen, die über die gesetzlichen Vorschriften hinausgehen.

Nach Meinung des Bundesamtes für Verbraucherschutz hätte die Biobranche jedoch schneller reagieren können. So habe der brancheneigene Verein für kontrollierte alternative Tierhaltungsformen (Kat) Informationen verspätetet an die Behörden weitergegeben. Kat-Geschäftsführer Caspar von der Crone weist das weit von sich: „Wir haben alle Informationen sofort weitergeleitet“, sagte er dem Tagesspiegel. Der Verein habe im März einzelne Futtermittelproben entdeckt, die kontaminiert waren, andere Tests seien jedoch negativ gewesen. Die Futtermittelindustrie habe gemauert. Erst Recherchen in Holland hätten den Verdacht, dass Futtermais belastet war, erhärtet, berichtet Crone. Lidl hatte daraufhin Bioeier aus den Regalen genommen, Aldi und Rewe hatten die Eier von belasteten Lieferanten ausgelistet. Real, Edeka und Kaiser’s sind nach eigenen Angaben nicht betroffen.

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