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Wirtschaft: Gastgewerbe sieht Ende der Krise

Hoteliers und Restaurantbesitzer verzeichnen steigende Umsätze – aber Berlin leidet unter Preisverfall

Berlin - Im deutschen Gastgewerbe zeichnet sich ein Ende der bereits seit drei Jahren währenden Krise ab. Hoteliers und Gastronomen haben im Juni erstmals seit fünf Monaten wieder steigende Umsätze verzeichnet. Pünktlich zum Sommer stiegen die Umsätze der Branche im Juni im Vergleich zum Vorjahreszeitraum real um 0,3 Prozent und saisonbereinigt um 1,5 Prozent an, gab das Statistische Bundesamt am Donnerstag bekannt. Im Vergleich zum Mai steigerte sich der Umsatz kalender- und saisonbereinigt um 2,2 Prozent.

„Die Stimmung bei den Hoteliers und Gastronomen hat sich aufgehellt. Wir sind aber noch lange nicht zufrieden“, sagte Stefanie Heckel vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA). Denn insgesamt hat die Branche in den ersten sechs Monaten dieses Jahres saisonbereinigt 2,1 Prozent weniger Umsatz erzielt als im Vorjahreszeitraum. In Berlin verhindern sinkende Preise trotz deutlich steigender Besucherzahlen ein Wachstum des Gastgewerbes. „Besonders neue Billigflieger-Angebote bringen immer mehr Touristen nach Berlin, aber in den Markt drängende Anbieter drücken die Preise“, sagte Hans Eilers, Vizepräsident des Berliner Hotel- und Gaststättenverbandes (HOGA), dem Tagesspiegel. Seit Beginn der Neunzigerjahre ist die Anzahl der Gästebetten in Berlin von rund 30 000 auf über 80 000 gestiegen. Die großen Kapazitäten verhindern, dass die steigenden Touristenzahlen auch die Hotelpreise anheben.

Obwohl der Mai mit rund 1,5 Millionen Berlin-Besuchern sämtliche Rekorde brach, ging der Umsatz der Branche in den ersten fünf Monaten dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 0,6 Prozent auf 2,12 Milliarden Euro zurück. „Die Schmerzgrenze ist erreicht, eine Überstrapazierung des Marktes droht“, sagte eine Sprecherin der Berlin Tourismus Marketing GmbH (BTM) dem Tagesspiegel. Der Kampf um den Markt drückt besonders die Preise von Hotel-Übernachtungsangeboten.„In der mittleren Preisklasse sind die Preise im Vergleich zum Vorjahr um mindestens fünf Prozent gesunken“, sagte Eilers. Ein regelrechter Preisverfall sei in der Luxusklasse zu beobachten. „Ein Fünf-SterneZimmer kostet kaum noch mehr als ein Vier-Sterne-Zimmer“.

Im Schnitt kostet ein Vier-Sterne-Doppelzimmer in Berlin zurzeit 126 Euro. Sogar das russische St. Petersburg ist mit durchschnittlich 168 Euro teurer. Zum Vergleich: In Barcelona kostet eine Übernachtung in der gleichen Preisklasse 190 Euro, in Mailand 250 Euro.

Jedes Jahr kommen mehr Touristen nach Berlin. Zwischen den Jahren 2000 und 2004 steigerten sich die gemeldeten Übernachtungen von 11,4 Millionen auf 13,26 Millionen. Der Branchenverband geht davon aus, dass die neuen Billigflieger-Angebote seit dem vergangenen Jahr mehr als zwei Millionen zusätzliche Übernachtungen gebracht haben. „Bis Ende nächsten Jahres rechnen wir mit weiteren 1,5 Millionen“, sagte Eilers. „Wir sind trotz der sinkenden Preise optimistisch“, sagte eine Sprecherin des Steigenberger-Hotels dem Tagesspiegel. Das Management gehe davon aus, dass das Geschäft nicht schlechter als im vergangenen Jahr laufen wird. Allerdings bereitet die Sparsamkeit der Restaurantbesucher der Gastronomie Sorgen. Zwar kämen mehr Gäste in die Restaurants. „Sie suchen sich aber günstigere Speisen aus und geben so pro Kopf deutlich weniger aus als noch im Vorjahr“, heißt es bei der Steigenberger-Gastronomie. Insgesamt gingen die Umsätze der Berliner Gastronomie in den ersten fünf Monaten 2005 verglichen mit dem Vorjahreszeitraum um 1,7 Prozent zurück.

Philip Volkmann-Schluck

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