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Wirtschaft: Geben Nachfahren mehr vom Nachlass an den Staat ab, trifft das Wachstum und Arbeitsplätze

Bisher sind alle Versuche des linken SPD-Flügels gescheitert, die selbstkonstruierte "Gerechtigkeitslücke" durch eine neue Steuer für die Reichen zu füllen. Die letzte Hoffnung aller Umverteilungspolitiker richtet sich nun auf eine Erhöhung der Erbschaftsteuer.

Bisher sind alle Versuche des linken SPD-Flügels gescheitert, die selbstkonstruierte "Gerechtigkeitslücke" durch eine neue Steuer für die Reichen zu füllen. Die letzte Hoffnung aller Umverteilungspolitiker richtet sich nun auf eine Erhöhung der Erbschaftsteuer. Anders als bei ihrem Vorstoß zur Wiedereinführung der Vermögensteuer können sich die Linken dabei taktische Vorteile ausrechnen. Warum?

Die Erbschaftsteuer wurde 1996 schon einmal erhöht - von einer konservativen Regierung.

Die umstrittene Bewertung von Immobilienvermögen erzwingt wahrscheinlich ohnehin eine Neuregelung.

Aus ordnungspolitischer Sicht ist eine höhere Belastung der Erben viel eher hinzunehmen als eine stärkere Besteuerung der aktiven Leistungsträger.

Gegenwärtig wird nicht nur bei uns über die Erbschaftsteuer diskutiert, sondern beispielsweise auch in Japan und den USA. Dort wird allerdings nicht über eine Erhöhung der Erbschaftsteuer geredet, sondern über ihre Senkung oder völlige Abschaffung.

In Japan will Ministerpräsident Keizo Obuchi noch im Oktober Vorschläge für eine drastische Reduzierung der Erbschaftsteuern vorlegen. Der Schritt gehört in Japan zu einem Maßnahmenkatalog mit der Überschrift "Belebung der Wirtschaft". Es geht dort also nicht darum, eine Verteilungsdebatte zu führen, sondern die Konjunktur anzukurbeln.

Zudem stehen staatlicher Aufwand und staatlicher Ertrag bei der Erbschaftsteuer in keinem guten Verhältnis. Sie sei "ohne Zweifel die komplizierteste Steuerart" überhaupt, kommentierte die Wirtschaftstageszeitung "Nihon Keizai Shimbun".

Noch weiter gehen die Vorstellungen in den USA. Die Republikaner haben einen Gesetzentwurf zur vollständigen Abschaffung der so genannten "estate tax" eingebracht. US-Präsident Bill Clinton will zwar sein Veto gegen diese Vorlage einlegen, wird sich aber aller Wahrscheinlichkeit nach nicht gegen eine massive Reduzierung der Steuerbelastung sperren. Der amerikanische Ökonomie-Nobelpreisträger Gary S. Becker hält den Vorschlag der Republikaner für eine "Idee, deren Zeit gekommen ist". Der Staat habe kein Interesse an der Aufrechterhaltung einer Steuer, die gerade ein Prozent seiner Gesamteinnahmen aufbringe. Die Bürger sowieso nicht. Nur 20000 auf Erbrecht spezialisierte Anwälte, so schimpft Becker, profitierten wirklich von der heutigen Regelung. Er räumte dabei zugleich mit einem Argument auf, das bisher auch von überzeugten Marktwirtschaftlern für hohe Erbschaftsteuern ins Feld geführt wurde: Die Chancengleichheit wird nach Meinung des US-Ökonomen im Zeitalter der Internetökonomie nicht mehr hauptsächlich durch ererbtes Kapital verzerrt, wie die Befürworter hoher Erbschaftsteuern meinen, sondern vielmehr durch unterschiedliche Ausbildungsmöglichkeiten.

Die Anhänger hoher Erbschaftsteuern argumentieren oft, nur auf diesem Wege lasse sich eine zu hohe Kapitalkonzentration in der Wirtschaft verhindern. Das Beispiel der amerikanischen Farmer zeigt, so die Heritage Foundation, das genaue Gegenteil: Kleine Familienbetriebe werden durch hohe Erbschaftsteuern zum Verkauf von Grundstücken gezwungen. Große Agrofabriken mit wenigen Beschäftigten kauften die Ländereien anschließend auf. Eine Abschaffung der Erbschaftsteuer würde daher für mindestens 200 000 zusätzliche Jobs in den USA sorgen.

Auch über die Erhöhung der deutschen Erbschaftsteuern darf man nicht nur sozialpolitisch diskutieren, sondern auch wirtschaftspolitisch. Bei jeder Steuerfrage geht es immer auch um Wachstum und Arbeitsplätze.

Bernd Ziesemer

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