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Wirtschaft: „Gegen Kritik helfen keine Anwälte“

Die Hamburger Werbeagentur Elbkind hat sich auf Empfehlungsmarketing im Social Web spezialisiert

Wie platziert man im Dschungel der sozialen Netzwerke ein Gespräch über Marken oder Produkte?

Bevor man es überhaupt platzieren kann, muss man in die Netzwerke reinhören. Wir könnten uns als Werbeagentur die tollsten Ideen einfallen lassen, aber wenn sich die Leute nicht mit einer Marke oder einem Produkt beschäftigen, wird es schwierig. Deshalb analysieren wir vor jeder neuen Kampagne Plattformen wie Facebook, Twitter oder Amazon sowie das gesamte Social Web und erklären unseren Kunden, ob und wie ihr Produkt oder ihre Marke im Netz gesehen werden.

Das heißt, eine Marke muss schon ein Gesprächsthema sein?

Nein, es gibt auch völlig unbeschriebene Blätter, die in sozialen Netzwerken noch beschrieben werden können. Zum Beispiel haben wir vor zwei Jahren für Ritter Sport die Schokoladenmarke Olympia wiederbelebt. Bis dato schien Ritter Sport im Internet kein Thema zu sein. Aber unsere Analyse ergab, dass über die Marke durchaus gesprochen wurde, ohne dass Ritter Sport dies aktiv provoziert hätte. Das haben wir genutzt. Heute hat Ritter Sport einen Blog, einen Twitter-Kanal und eine Facebook-Fanseite.

Sind Bewertungsportale eine Ressource für Ihre Arbeit?

Diese Portale sind für uns sehr wichtig, wenn wir ein Feedback zu Produkten recherchieren. Dort sind engagierte User unterwegs, die sich freiwillig, ausführlich und teilweise auch professionell über Produkte und Marken äußern.

Mit Werbung kommen Sie dort nicht weit?

Wir können dort nicht als eine Agentur auftreten. Das ist nicht glaubwürdig. Da sind andere Plattformen wichtiger, auf denen positive Erfahrungen erst ermöglicht werden, über die dann später auf Bewertungsportalen berichtet wird.

Lässt sich die Bewertung beeinflussen?

Es gibt Agenturen, die das machen. Sie versuchen, zum Beispiel bei Amazon oder bei Holidaycheck ein positives, aber leider vorgegaukeltes Meinungsbild zu erzeugen. Wir tun so etwas bewusst nicht.

Untergräbt der Wildwuchs von Empfehlungen die Glaubwürdigkeit des Marketings?

Die Glaubwürdigkeit einer Marke lässt sich nicht mit einer Kampagne oder einem kurzfristigen Social-Media-Engagement erreichen. Unternehmen müssen langfristig denken. Nur wer ernsthaft und nachhaltig mit seinen Kunden kommuniziert, ist glaubwürdig. Das bringt mehr, als sich kurzfristig von Dienstleistern gute Bewertungen beschaffen zu lassen.

Und wenn das Feedback negativ wird?

Mit dieser Form der Kritik müssen Markenhersteller umgehen können, wenn sie soziale Netzwerke ernst nehmen. Da helfen keine Anwälte oder Zensurversuche. Diese Diskussionen finden sowieso statt.

Was hilft denn?

Unser Redaktionsteam oder unsere Software-Tools wissen praktisch jeden Tag, was über Produkte, Marken und Kampagnen im Netz gesprochen wird. Wir merken früh, wenn irgendwo etwas köchelt oder negative Mundpropaganda entsteht.

Das Interview führte Henrik MortsieferAIR BERLIN]

Tobias Spörer

ist einer von drei

Geschäftsführern

und Gründern der

Hamburger Agentur Elbkind. Die Branche kürte die Werber zur „Newcomer-Agentur des Jahres 2010“

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