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Wirtschaft: Gehälter von Frauen steigen stärker als die von Männern

Der Abstand bleibt aber immer noch groß: Im Schnitt verdienen Männer 20 Prozent mehr

Berlin - Beim Gehalt holen die Frauen in Deutschland langsam auf: Die Bruttoverdienste der Arbeitnehmerinnen in Industrie, Handel, Kredit- und Versicherungsgewerbe sind im vergangenen Jahr stärker gestiegen als die der Männer. Während sich Frauen beim Bruttoverdienst durchschnittlich um 2,3 Prozent verbesserten, wuchs das Einkommen der Männer nur um 1,8 Prozent, teilte das Statistische Bundesamt mit.

Dennoch bleibt der Abstand zwischen den beiden Gruppen groß. Durchschnittlich verdienten in Vollzeit beschäftigte Arbeitnehmerinnen im vergangenen Jahr 2539 Euro brutto. Männliche Beschäftigte bekamen hingegen 3182 Euro. Damit hatten Frauen zwanzig Prozent weniger Geld in der Tasche als Männer. In den neuen Bundesländern fielen die Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen wesentlich geringer aus: Dort verdienten Frauen in den untersuchten Branchen im Schnitt 2071 Euro, bei Männern waren es 2346 Euro. Der Abstand betrug damit nur rund zwölf Prozent.

Die unterschiedlichen Durchschnittsverdienste lassen sich den Statistikern zufolge darauf zurückführen, dass Frauen deutlich seltener in höheren Positionen vertreten sind: Während 40 Prozent der Männer Führungspositionen zugeordnet werden, sind es bei ihren weiblichen Kollegen gerade einmal 15 Prozent. Im Gegenzug üben Frauen häufiger einfache Tätigkeiten aus, die schlechter bezahlt werden. „Der Unterschied ist bestürzend“, sagte IG–Metall-Vorstandsmitglied Kirsten Rölke. Auch die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Margret Mönig- Raane bestätigte, dass derzeit 2,4 Millionen Vollzeitbeschäftigte in Deutschland weniger als 7,50 Euro brutto pro Stunde verdienten, darunter seien 70 Prozent Frauen.

Sonja Bischoff von der Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik erklärt die Ursache für die schlechteren Verdienstmöglichkeiten vor allem mit Vorurteilen gegenüber Frauen. „Die Fehleinschätzung, dass Frauen über eine geringere Fachkompetenz verfügen, verhindert ihren Aufstieg in Führungspositionen und lässt ihre Gehaltskurve entsprechend nur langsam ansteigen“, sagte Bischoff dem Tagesspiegel.

Auf europäischer Ebene lässt sich diese Beobachtung nicht in diesem Maße nachweisen. Während sich der Gehaltsabstand zwischen Männern und Frauen in Deutschland in den vergangenen zehn Jahren zwischen 21 und 23 Prozent bewegte, lag der Durchschnittswert der Europäischen Union und der Beitrittskandidaten 2004 bei lediglich 15 Prozent. Nur Estland, Zypern und die Slowakei stehen mit durchschnittlichen Verdienstabständen von 24 Prozent noch schlechter da als Deutschland. Sonja Bischoff fordert die Frauen hierzulande daher auf, für ein höheres Gehalt zu kämpfen.

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