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Wirtschaft: Geld-Anlage: Fünf Tipps für Investitionen in rauhen Zeiten

Kriege brechen aus, Menschen verlieren ihren Arbeitsplatz. Märkte stürzen ab.

Kriege brechen aus, Menschen verlieren ihren Arbeitsplatz. Märkte stürzen ab. Da erscheint es gar nicht so dramatisch, wenn jemand pleite geht. Trotzdem: Wie soll man sich als Investor jetzt verhalten? Das Wall Street Journal hörte sich in der Gerüchteküche einiger Privatbanken um. Das Ziel war, herauszufinden, was man dort jetzt den reichen Kunden rät - weil die Privatbanken ärmeren Kunden einfach gar nichts mehr raten. Das Ergebnis sind fünf einfache Ideen zum Investieren in gefährlichen Zeiten.

Zunächst zur Methode: Wir besuchten leitende Privatkunden-Berater bei BNP Paribas in Frankreich sowie bei Julius Bär & Co., UBS AG und Pictet & Cie. in der Schweiz. Wir fragten sie nach einem Modell-Portfolio: Eine Million Euro - diese Typen niesen für weniger nicht einmal -, angelegt für einen Mittvierziger mit längerem Anlagehorizont und einigermaßen guten Nerven. Und jetzt die Ratschläge:

1. Investieren Sie in Versicherungen.

Berater von drei der vier Banken empfehlen bei den derzeitigen Kursen Aktien von Versicherungsunternehmen. Yves Bonzon, der Leiter Investment bei Pictet, würde die Münchener Rück kaufen, wenn die Aktie weitere zehn Prozent fiele. Auch die Kurse der französischen Versicherungsgruppe Axa und die Schweizer Rück sind am Boden. Viele Investoren haben diese Aktien verkauft, weil sie durch die Terroranschläge in den USA Verluste befürchten. Axa schätzt, dass Verpflichtungen zwischen 300 und 400 Millionen Dollar auf das Unternehmen zukommen. Zudem trifft der Einbruch auf den Aktienmärkten der Welt vielleicht die Gewinne von Versicherungsfirmen, weil ein großer Brocken davon aus Aktien-Portfolios stammt. Die Chance dagegen: Versicherer könnten die Gunst der Stunde nutzen, die Prämien zu erhöhen.

2. Handeln Sie defensiv.

Alle vier Manager empfehlen defensive Werte wie Pharma, Nahrungsmittel und Banken mit vielen Privatkunden als Portfolio-Grundlage. "Wir erwarten in den nächsten Wochen überall schlechte Stimmung, mit politischer Unsicherheit und Gewinnwarnungen", sagt Jean Chamoin, leitender Anlageberater bei BNP Paribas in Paris. Dann könnten Aktien dieser Branchen das Schlimmste abfedern. Die Banken raten auch zu einer konservativen Verteilung des Anlagevermögens. Der Aktienanteil des Portfolios sollte jetzt bei maximal 45 bis 50 Prozent liegen. Noch vor sechs Monaten empfahlen sie typischerweise 60 Prozent. Der Rest sollte in Anleihen und auf Bargeldkonten angelegt werden.

3. Investieren Sie europäisch.

Europa bietet derzeit die günstigsten Aktien. "Es besteht die Chance, dass die Rezession hier schwächer ausfällt als in den USA", sagt Dominique Piaz, leitender Portfoliomanager bei Julius Bär. Das Bewertungsniveau macht Europa zusätzlich attraktiv: UBS schätzt, dass das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) der europäischen Aktien für das kommende Jahr bei 15 liegt. Das bedeutet, dass der aktuelle Aktienpreis 15-mal so hoch ist wie der von Analysten für 2002 geschätzte Gewinn pro Aktie. Gleichzeitig liegt der faire Wert - das KGV, das Analysten auf Grund der Unternehmensdaten für angemessen halten - bei 19. Zum Vergleich: In den USA beträgt das KGV des Marktes nach UBS-Schätzung 21, der faire Wert 20.

4. Besorgen Sie sich Qualität.

Zu den möglichen Schnäppchen in Europa gehört die französische Hotelgruppe Accor. Investoren zogen sich hier zurück, weil sie fürchteten, die Terrorismus-Gefahr würde Reisende abschrecken. Dabei hat die Firma eine Reihe attraktiver Marken und ist geografisch gut vertreten. Julius Bär stieß die Aktie kürzlich ab. Man würde sie aber zurückkaufen, wenn sie weitere zehn bis zwanzig Prozent fiele, sagt Piaz. Ebenfalls einen Blick lohne der holländische Nahrungsmittelhersteller Numico.

5. Handeln Sie vorsichtig.

Wenn Sie in einen Markt zurückkehren wollen, tun Sie das mit Bedacht. Investieren sie das Geld statt auf ein Mal lieber in Etappen. Piaz von Julius Baer rät, den Aktienanteil des Portfolios zu splitten. Die erste Hälfte solle sofort angelegt werden, mit der anderen Hälfte solle man über eine Zeit von mehreren Monaten Aktien kaufen. Ganz ähnlich würde Pictet versuchen, die Hälfte des Kapitals für Aktien in den nächsten vier bis fünf Wochen zu investieren und den Rest bis nächsten Sommer. Bei Anleihen würde die Bank nur die Hälfte des geplanten Geldes anlegen und das übrige in Bar halten. "Bei Anleihen sind wir vorsichtig, weil wir denken, dass sie teuer sind", sagt Bonzon. UBS empfiehlt Mutigen dagegen, dem Anleihen-Portfolio zehn bis zwanzig Prozent riskante Hochzins-Fonds beizumischen. "Der Markt hat auf die Unwägbarkeiten überreagiert. Die Zinssätze von Regierungsanleihen liegen so, als ob einer von drei Emittenten zahlungsunfähig würde," sagt Hans-Peter Loosli, der Leiter Kommunikation im Investment Center von UBS.

Bei den Tipps sind bereits Firmennamen gefallen, aber die Anlage-Berater haben noch mehr auf Lager. Zu den Favoriten von Dominique Piaz gehört der französische Pharma-Konzern Aventis, vor allem wegen der starken Produkte für die nächsten ein bis zwei Jahre. UBS mag den Schweizer Nahrungsmittelhersteller Nestle und BASF. Das Chemieunternehmen biete bei einem KGV von 11 für 2002 sowohl Substanz als auch Sicherheit. Die Münchener Rück sei ebenso ein guter Kauf: "Es ist ein Qualitätsunternehmen mit genug Geld, um seine Verluste auszugleichen", sagt Hans-Peter Loosli. Zuletzt legt er Investoren die britische Biotech-Firma Celltech ans Herz. BNP empfiehlt den Mobilfunk-Anbieter Vodafone.

Noch ein Rat zum Schluss: Vergessen Sie nicht die goldene Regel der Diversifikation. "Die eigentliche Lektion aus den jüngsten Ereignissen lautet, dass Risikoverteilung der beste Freund des Investors ist", sagen die Privatbanker.

Jo Wrighton

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