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Geldadel: Warum Geld doch glücklich macht

Die Zahl der Millionäre steigt, auch in Deutschland. Die meisten sagen über sich: „Wir sind mit dem Leben sehr zufrieden.“ - Wer sind diese Reichen? Was zahlen sie - und wie?

Darf es ein Filet von der Dover-Seezunge sein mit getrüffeltem Sellerie-Ananas-Gemüse und Trüffelcoulis? Gerne, für 54 Euro. Oder lieber ein Mittelstück vom geangelten Steinbutt mit gerösteten Steinpilzen, Kalbsjus und Non-Pareilles-Kapern? Bitte, das wären dann 60 Euro. Dazu vielleicht, wer’s mag, ein Fläschchen Chevalier-Montrachet Grand Cru, Domaine Anne Leflaive, Jahrgang 2004, trocken, für 515 Euro. Oder aber einen Musigny Blanc Grand Cru, Georges Comte de Vogüé, Jahrgang 1990, für 880 Euro. Zum Wohl!

Bei „Fischers Fritz“ im Hotel Regent, Berlins einzigem Restaurant mit zwei Michelin-Sternen, lässt es sich leben. Doch die Gaumenfreuden haben ihren Preis: Ein netter Abend für zwei Personen in der Charlottenstraße, mit Vorspeisen und erlesenen Getränken, kostet schnell ein paar hundert Euro – nach oben gibt es kaum Grenzen. Wer aber im Maserati vorfährt, ab 103 100 Euro, in der Tasche das edelsteinbesetzte Nokia 8800 Arte Sapphire-Handy, 1074 Euro, und am Handgelenk eine Breitling Starliner, 2495 Euro, der dürfte kaum zögern.

Die Wohlhabenden sind ins Licht der Öffentlichkeit gerückt – und auch das, was sie mit ihrem Geld machen. Seit dem Skandal um Ex-Post-Chef Klaus Zumwinkel wartet die Republik gespannt auf die Enttarnung des nächsten Betrügers, auf neue schmutzige Details über Steuertricks oder Stiftungen in Übersee. Die Reichen, sie werden immer mehr, trotz kriselnder Börsen und stotterndem Aufschwung. Doch woher ihr Geld stammt, was sie damit tun und ob es sie glücklich macht, ist bislang kaum erforscht. „Über Armut wissen wir fast alles, über Reichtum dagegen fast nichts“, spottet Markus Grabka, Forscher am Sozio-Oekonomischen Panel (SOEP) in Berlin, einer Langzeitstudie über das Leben der Deutschen.

Weltweit steigt die Zahl der Reichen. Der vom Beratungsunternehmen Cap Gemini und der US-Investmentbank Merrill Lynch erstellte World Wealth Report 2007 weist 94 970 besonders wohlhabende Privatpersonen aus, die über ein Vermögen von mehr als 30 Millionen Dollar verfügen – 11,3 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Auch in Deutschland stieg die Zahl der Millionäre um 31 000 auf stattliche 798 000.

Obendrein bauen sie ihre Position beständig aus. Die fünf Prozent aller Haushalte, die über das höchste Einkommen verfügen, bezogen neuesten SOEP-Berechnungen zufolge im Jahr 2000 noch 12,6 Prozent des Gesamteinkommens. 2006, das sind die neuesten verfügbaren Zahlen, flossen schon 15,5 Prozent in ihre Taschen. „Die Unternehmensgewinne und die Einkommen aus Vermögen haben in den letzten Jahren drastisch zugenommen“, erklärt SOEP-Forscher Grabka. Dagegen rutschten die zehn Prozent der Deutschen, die das geringste Einkommen bezogen, weiter ab. Hatten sie sich 2006 noch 3,6 Prozent des Gesamteinkommens gesichert, waren es 2006 nur noch 2,9 Prozent.

Die meisten Superreichen dieses Landes waren oder sind Unternehmer. So wie die Aldi-Brüder, die Familie Quandt, die BMW dominiert, die SAP-Gründer Dietmar Hopp und Hasso Plattner oder Versandkönig Michael Otto – alle kommen aus der Wirtschaft. Und viele von ihnen haben bereits am Beginn ihrer Karriere ein Vermögen vorgefunden, aus dem sie dann ein noch größeres Vermögen machen konnten. Oder sie haben geerbt und auf die Wirkung von Zins und Zinseszins vertraut. Echte Selfmade-Manager, die aus dem Nichts ein Milliarden-Imperium aufgebaut haben, wie der Fernsehfabrikant Max Grundig oder der Buchverleger Reinhard Mohn sind indes selten heutzutage. Und die Ära der New Economy, in der man auch eine dürftige Firmenidee für einige Dutzend Millionen Euro verticken konnte, ist lange her.

Zu den Reichen zählen aber auch Manager, die nicht in der allerersten Reihe stehen und trotzdem mehr als eine Million Euro im Jahr verdienen. 9000 Anwälte, Unternehmensberater und Banker etwa sind so erfolgreich, dass sie mehr als das 25-fache des Durchschnittseinkommens verdienen – oder darüber. Für sie war gerade in Frankfurt am Main wieder Zahltag, die Finanzbranche schüttete ihre alljährlichen Bonuszahlungen aus. Trotz der Bankenkrise fanden viele der Angestellten, die Übernahmen und Börsengänge betreuen, erkleckliche Summen auf ihren Konten vor.

So viel Geld macht glücklich. Auf Bitten des SOEP sollten die am besten verdienenden zehn Prozent der Bürger auf einer Skala von null bis zehn ihre Lebenszufriedenheit abbilden. Ihr Mittelwert lag bei 7,5. Bei den einkommensschwächsten zehn Prozent war es nur eine 5,9. Und das, obwohl die Top-Verdiener mehr arbeiten müssen. Fast acht von zehn machten 2006 Überstunden, bei den Geringverdienern mussten nur fünf von zehn Beschäftigten Extraschichten leisten.

Doch es ist nicht so, dass die Reichen nichts von ihrem Geld abgeben würden. Steuerpflichtige mit einem Jahressalär von mehr als 67300 Euro tragen 54 Prozent des Steueraufkommens. Die gut Betuchten tun sogar noch mehr: Sie gehen stiften. Geschätzte 100 Milliarden Euro haben Vermögende derzeit in deutsche Stiftungen gesteckt. Freilich nicht nur aus Menschenliebe, sondern auch, um ihre Steuerlast zu senken. Der Gesetzgeber hat im vergangenen Jahr kräftig nachgeholfen und das „Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements“ verabschiedet.

Dadurch haben sich die steuerrechtlichen Rahmenbedingungen für Stifter und Stiftungen erheblich verbessert. So können nun Zuwendungen für Stiftungen in Höhe von einer Million Euro (statt bisher 307 000 Euro) über zehn Jahre verteilt von der Steuer abgesetzt werden. Die Konsequenz: 2007 wurden 1134 rechtsfähige Stiftungen bürgerlichen Rechts gegründet – so viele wie nie zuvor in einem Jahr und ein gutes Viertel mehr als 2006.

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