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Das Geld des kleinen Mannes. Schon ab 25 Euro können Anleger ihr Erspartes an der Börse anlegen.

© IMAGO

Geldanlage: Aktien für Arme

Gerade in Deutschland meiden Kleinanleger die Börsen. Das ist falsch, sagen Experten. Wie Anleger mit wenig Vermögen an der Börse viel Geld verdienen können.

Nur wer viel Geld hat, kann und darf in Aktien investieren, heißt es immer wieder. Menschen mit schmalerer Börse sollten ihr weniges Geld lieber auf einem sicheren Sparbuch deponieren. „Das Gegenteil ist der Fall“, sagt Andreas Beck, Vorstand des unabhängigen Instituts für Vermögensaufbau in München. Menschen, die wenig Geld verdienten, hätten häufig ein Problem mit ihrer Altersvorsorge. „Es spricht nichts dagegen, ohne Vermögen im Rücken auch kleine Summen für sich an der Börse arbeiten zu lassen“, sagt Beck. Voraussetzung sei allerdings, dass ein Notfallgroschen auf einem Sparkonto liege und jederzeit verfügbar sei.

Dennoch meiden gerade in Deutschland Kleinanleger die Börsen besonders gerne. Zwar legen laut einer aktuellen Forsa-Umfrage im Auftrag der Bank of Scotland 86 Prozent der Deutschen gelegentlich bis regelmäßig Geld zur Seite, meist Summen unter 200 Euro. Doch der Großteil davon geht auf reine Sparkonten. Nur gut 13 Prozent der Bundesbürger besitzen überhaupt Aktien oder Fondsanteile. 40 Prozent der Geldvermögen – über zwei Billionen Euro – schlummern dagegen auf Sparbüchern mit Mini-Zinsen. In den Aktienmarkt, so eine Erkenntnis der DZ Bank, trauen sich zudem ältere Deutsche öfter als junge.

MIT AKTIEN VERDIENEN

Doch auch Aktien lassen sich problemlos sparen und erwirtschafteten auch mit kleinen Summen in der Vergangenheit erheblich bessere Renditen als auf dem Sparbuch. Viele befürchten jedoch, ihr Erspartes könnte sich durch einen Aktiencrash in Luft auflösen. Zumindest in der Vergangenheit war diese Sorge dann völlig unbegründet, wenn der Anleger zweierlei berücksichtigte.

Erstens musste das Geld breit am Aktienmarkt investiert sein, etwa über einen in Deutschland, Europa oder weltweit anlegenden Aktienfonds oder über einen Exchange Traded Fund (ETF), also ein Papier, das sich passiv und ohne teures Fondsmanagement einfach an einem breiten Aktien-Index orientiert. Wer sich hingegen von einem aggressiven Bankenvertrieb in Modethemen wie einst der Neue Markt oder heute Schwellenländer und Klimawandel locken lasse, habe langfristig schlechte Karten, sagt Beck.

Zweitens ist langfristiges Anlegen notwendig. Trotz aller Crashs warfen Investitionen in deutsche Standardwerte (Dax) in den vergangenen 50 Jahren stets dann positive Ergebnisse ab, wenn das Geld länger als 13 Jahre angelegt war. Wer Aktien 15 Jahre lang hielt, erzielte beispielsweise wenigstens 2,4 Prozent pro Jahr (1964 bis 1979) und höchstens 15,4 Prozent (1984 bis 1998). Bei 20 Jahren Haltedauer lag die Spanne zwischen 5,4 und 13,5 Prozent pro Jahr. Eine Garantie für die Zukunft ist das natürlich nicht, dennoch ist es ein starkes Indiz.

REGELMÄSSIG ANLEGEN

Wer nicht eine größere Summe auf einen Schlag anlegt, sondern regelmäßig spart, erzielt deutlich rascher positive Ergebnisse – dank des sogenannten Cost-Average-Effekts: Weil die Anleger die gleiche Summe regelmäßig anlegen, kaufen sie in Zeiten, in denen die Kurse hoch sind, weniger Anteile – und in schwierigen Zeiten mehr Anteile eines Papiers. Für einen Anleger, der mit kleinem Geld monatlich in Aktien investiert, „ist der Einstiegszeitpunkt deshalb völlig unerheblich“, sagt Beck. Langfristig sind bisher alle Dellen stets wieder ausgebügelt worden.

Für eine Anlage an der Börse sind auch nicht sofort tausende Euro notwendig. Für kleines Geld bieten viele Direktbanken – zum Beispiel die Commerzbank-Tochter Comdirect oder die BNP-Paribas-Tochter Cortal Consors – Sparpläne an, mit denen die Kunden ab 25 Euro pro Monat Anteile an Aktienfonds kaufen können. Wer möchte, kann die 25 Euro auch nur alle zwei oder drei Monate abzwacken.

Die Anleger investieren dabei anteilig in mehrere hundert Aktien und reduzieren damit das Risiko eines Kaufes einzelner Unternehmensbeteiligungen. Ratenhöhe und Sparobjekt sind nicht festgezurrt, sondern flexibel. Investieren können Geringverdiener zum Beispiel in Mischfonds (Aktien, Anleihen, gelegentlich auch Rohstoffe in einem Papier) ebenso wie in große Indizes wie den Dax, den EuroStoxx oder den weltweiten MSCI World. Bei Cortal Consors etwa hat der Kunde die Wahl zwischen 330 Fonds, 80 passiven Indexfonds (ETF) und auch einzelnen Aktien, die er dann in „Bruchstücken“ bespart. Bei der Comdirect sind es derzeit 350 Fonds und 150 ETF, beim s-broker aus dem Sparkassen-Verband 200 Fonds und 140 ETF.

LANGE DURCHHALTEN

Dass es bei der Vermögensbildung gerade über lange Zeiträume auf jeden Prozentpunkt ankommt, zeigt eine einfache Rechnung: Wer 20 Jahre lang jeden Monat Fonds für 50 Euro (Kosten 1,5 Prozent) spart und dabei eine Rendite von 6,5 Prozent pro Jahr erzielt, hat am Ende 23 754 Euro auf dem Konto. Nach 30 Jahren wären es bereits 52 845 Euro. In den drei Jahrzehnten zwischen 1983 bis 2013 warf der Dax jedoch sogar 8,3 Prozent pro Jahr ab, so dass 73 929 Euro im Depot lägen. Wer hingegen 30 Jahre lang die gleiche Summe (ohne Gebühren) auf ein Sparbuch legt und dort, großzügig gerechnet, im Schnitt drei Prozent erhält, verfügt am Ende über 29 009 Euro.

Nicht vergessen sollten gerade Sparer mit wenig Vermögen in der Hinterhand: Das Ersparte verliert in drei Jahrzehnten gewaltig an Kaufkraft. Die Inflation fraß im langfristigen Schnitt etwa 2,5 Prozent des Wertes – und dies jedes Jahr. 100 000 Euro können zum Beispiel in 20 Jahren nur noch gut 78 000 wert sein.

DIE KOSTEN BEACHTEN

Gerade bei kleinen Sparraten können die Kosten echte Renditekiller sein. Allerdings haben viele Direktbanken die Konditionen für die Sparer zuletzt verbessert. Fielen früher pro Sparrate häufig Mindestgebühren bei ETF und höhere Ausgabeaufschläge bei Fonds an, so liegen die Kosten inzwischen deutlich tiefer, die Depotführung ist meist kostenlos. Wer beispielsweise bei der Comdirect oder bei Cortalsonsors für 25 Euro im Monat mit einem ETF den Dax bespart, zahlt dafür 1,5 Prozent der Kaufsumme, also 37,5 Cent Gebühren. Beim s-broker der Sparkassen sind es 2,5 Prozent. Deutlich teurer sind normale Filialbanken, wo günstige ETF oft erst gar nicht angeboten werden, weil sie den Banken kaum bis gar keine Provisionen bringen. Dennoch: Vermögensbildungsexperte Beck rät auch Menschen, die Scheu vor eigenen Entscheidungen im Internet haben, „lieber zu einer teureren Filialbank zu gehen, als gar nicht in Aktien anzulegen“.

VERMÖGENSWIRKSAM SPAREN

Wer selbst kleine Summen nicht aufbringen kann, kann oft auch den Chef an seiner Vermögensbildung beteiligen – über vermögenswirksame Leistungen (VWL). Zehn Millionen Arbeitnehmer nehmen sie nicht in Anspruch, obwohl sie dazu berechtigt wären. Je nach Branche oder Betriebsvereinbarung legt der Arbeitgeber zwischen 6,95 und 40 Euro pro Monat extra aufs Gehalt drauf, wenn der Arbeitnehmer das Geld sieben Jahre (sechs Jahre Spardauer, ein Jahr Ruhezeit) in ein Sparprodukt steckt. Die Leistung ist allerdings freiwillig, nicht jeder Betrieb bietet sie an.

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