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Wirtschaft: Geldtransporteur

Justiz ermittelt wegen Millionen-Unterschlagung

Berlin/Hannover - Die größte deutsche Geldtransportfirma Heros hat für sämtliche 23 Tochtergesellschaften einen Antrag auf Insolvenz gestellt. Das teilte das Amtsgericht Hannover am Montag mit. Betroffen sind fast 4000 Mitarbeiter, darunter auch 200 in Potsdam. Die Geschäftsführung des Unternehmens reagierte damit auf Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach. Diese ermittelt wegen des Verdachts der Untreue, Unterschlagung und des bandenmäßigen Betruges gegen Heros. Der Schaden liegt demnach in der Größenordnung von 300 Millionen Euro.

Die Heros-Gruppe ist mit einem Marktanteil von 50 Prozent Marktführer der Geld- und Werttransportbranche in Deutschland und beliefert auch zahlreiche Geldautomaten großer Banken. Nach Angaben aus Branchenkreisen transportiert das Unternehmen pro Tag 600 Millionen Euro an Bargeld.

Derweil hat die Deutsche Bundesbank ihre Filialen angewiesen, alles zu tun, um eine stabile Bargeldversorgung von Wirtschaft und Verbrauchern zu gewährleisten. „Alle Filialen wurden aufgefordert, ihre Öffnungszeiten flexibel – je nach lokalem Bedarf – auszuweiten, sofern dies notwendig werden sollte“, erklärte die Bundesbank. Bargeldauszahlungen sollten dann kurzfristig auch ohne Bestellung am Vortag möglich sein. Die Bundesbank verfüge selbst nicht über Kapazitäten für den Bargeld-Transport von den Filialen zu den Banken und zum Einzelhandel.

Der Sparkassen- und Giroverband erklärte am Abend, rund 60 Sparkassen seien als Heros-Kunden betroffen. Sprecher Stefan Marotzke betonte aber: „Die Bargeldversorgung ist absolut gewährleistet.“ Der Geldtransportverband BDGW habe bestätigt, dass ausreichend Kapazitäten zur Verfügung stünden und kurzfristig verfügbar seien. Ein Sprecher der Dresdner Bank sagte, das Haus arbeite nur in zwei Bundesländern mit Heros zusammen. Die Bargeldversorgung der Filialen und Geldautomaten sei gesichert.

Bei der Heros-Tochtergesellschaft Nordcash Geldbearbeitungs in Viersen sollen laut Staatsanwaltschaft Firmenverantwortliche Kundengeld nicht nur für private Zwecke entnommen haben, sondern es sollen „in ganz erheblichem Umfang Kundengelder zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes entnommen worden sein“. Gegen „vier maßgeblich tatbeteiligte Personen“ wurde inzwischen Haftbefehl erlassen. Bereits am Freitag hatte die Staatsanwaltschaft mehr als 25 Objekte der Heros-Gruppe aber auch Privatwohnungen durchsucht.

Heros hatte allein Ende 2005 mehrere Konkurrenzfirmen aufgekauft, darunter auch die Securitas Geld- und Wertdienste GmbH mit 1700 Beschäftigten. 200 davon arbeiten in Potsdam. Eine Unternehmenssprecherin von Heros wollte am Montag nicht zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft Stellung nehmen. Der bestellte Insolvenzverwalter Michael Sack erklärte, er verschaffe sich derzeit „einen ersten Überblick über die wirtschaftlichen Verhältnisse und die kurzfristig zu treffenden Entscheidungen“.

Die Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste (BDGW) teilte nach Bekanntwerden der Betrugsvorwürfe mit, die Aktivitäten von Staatsanwaltschaft und Polizei gegen Heros würden „zwangsläufig auch Auswirkungen auf die Bargeldver- und entsorgung“ haben. Die rund 160 Mitgliedsunternehmen der BDGW seien bereit, ihre gesamten personellen und technischen Kapazitäten „bis zur Grenze der Belastbarkeit“ zur Verfügung zu stellen.

Von der Insolvenz dürfte der Einzelhandel stark betroffen sein. Zu den Leidtragenden gehören Handelskonzerne wie Metro und Karstadt ebenso wie die Banken. Metro mit den Töchtern Kaufhof und Real stellte bereits am Freitag jede Zusammenarbeit mit Heros ein, wie Sprecher Jürgen Homeyer sagte. „Die sind komplett raus.“ Das Unternehmen habe für derartige Situationen Notfallpläne. Der Schaden halte sich in Grenzen. Auch Karstadt-Sprecher Jörg Howe räumte ein: „Es sieht so aus, als wären wir auch betroffen.“ Wie hoch der Schaden sei, könne man noch nicht sagen. brö

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