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Wirtschaft: General Motors setzt Fiat unter Druck

Amerikaner könnten sich von der Übernahmeverpflichtung freikaufen – Die Italiener brauchen frisches Kapital

Frankfurt (Main)/Mailand (mab/hof/HB). Mit einer Kapitalerhöhung im Volumen von 1,8 Milliarden Euro will der angeschlagene italienische Auto und Industriekonzern Fiat seinen Sanierungsplan finanzieren. Die Zeichnung für die Kapitalerhöhung beginnt an diesem Montag. Das Unternehmen will 368,5 Millionen neue Aktien zu je fünf Euro ausgeben. Der US-Autokonzern General Motors (GM), der bereits 20 Prozent an Fiat hält, wird sich jedoch nicht beteiligen. Statt dessen erhöhen die Amerikaner den Druck auf ihren strategischen Partner Fiat.

GM möchte sich laut Branchenkennern von der Verpflichtung befreien, die Autosparte der Italiener vollständig übernehmen zu müssen, falls Fiat dies fordert. Um ihre Verhandlungsposition zu verbessern, versuchen die Amerikaner, Zweifel an der juristischen Gültigkeit der Vereinbarung zu schüren. Die beiden Unternehmen hatten im März 2000 vereinbart, dass Fiat das Recht hat, GM im Zeitraum von 2004 bis 2009 sämtliche Anteile der Autosparte zu verkaufen (Put-Option). 20 Prozent an Fiat Auto übernahmen die Amerikaner sofort. Parallel zur juristischen Prüfung seitens GM verhandeln die Partner jedoch kontinuierlich über eine einvernehmliche Lösung, die aber bislang laut Insidern an unterschiedlichen Preisvorstellungen gescheitert ist.

Das Klima wird schlechter

Für eine Verschlechterung des Klimas zwischen Turin und Detroit spricht nun auch, dass sich GM nicht an der Kapitalerhöhung für Fiat-Auto in Höhe von fünf Milliarden Euro beteiligen will. In Folge dessen wird der Anteil von GM an dem Unternehmen von derzeit noch 20 Prozent auf zehn Prozent sinken. „Durch die Kapitalerhöhung ist Bewegung in die Verhandlungen gekommen“, sagt Henrik Lier, Autoanalyst der WestLB.

Die Übernahmeverpflichtung stellt für die Amerikaner ein großes Risiko dar. Denn Fiat-Auto ist hoch defizitär und wird nach eigenen Angaben nicht vor 2006 in die Gewinnzone zurückkehren. Für die Turiner Mutter hingegen besitzt die Option den Charakter einer Lebensversicherung: Sollte der jüngste Sanierungsplan des neuen Vorstandschefs Giuseppe Morchio keine Früchte tragen, könnte sich der Konzern auf diese Weise elegant von seinem größten Verlustbringer trennen. Dass Fiat weiterhin an dieser theoretischen Möglichkeit festhält, geht aus einem Dokument an die US- Börsenaufsicht SEC hervor. Demnach betrachtet Fiat den „put“ zwar als nachrangig – die eigenständige Sanierung stehe im Vordergrund. Die Ausübung der Option halten die Italiener aber ausdrücklich für „durchsetzbar“.

Genau das aber zieht GM in Zweifel. Zuletzt hat der Konzern das Gerücht geschürt, die Bedingungen für die Put-Option könnten entfallen sein. Offiziell äußert sich GM dazu zwar nicht – Analysten gehen aber davon aus, dass durch die Kapitalerhöhung verursachte Veränderungen der Beteiligungsverhältnisse und der Strategiewechsel der Italiener im Autogeschäft als Gründe für eine Nichtigkeit der Option angeführt werden. „GM lässt diese Möglichkeit mit Sicherheit prüfen“ glaubt Lier.

Gute Noten für die Kooperation

Dennoch dürften es beide Partner nicht auf eine gerichtliche Auseinandersetzung ankommen lassen. Ein Prozess würde auch die gemeinsamen Projekte beeinträchtigen, die sich bislang erfolgreich entwickeln. So erhält die Zusammenarbeit beim Einkauf sowie in der Entwicklung und Produktion von Motoren und Getrieben sowohl von GM als auch von Fiat gute Noten: „Die Zusammenarbeit läuft mit jedem Jahr besser. Dabei ist die formale Verflechtung der Unternehmen nicht entscheidend“, sagt ein Sprecher von GM Europe. Aktuell realisieren die beiden Konzerne jährliche Synergien in Höhe von 600 Millionen Euro, die bis 2006 auf mehr als eine Milliarde Euro jährlich steigen sollen.

Nach Meinung von Branchenbeobachtern könnten sich die Unternehmen darauf einigen, ihre Kooperation zu stärken –auch ohne Beteiligung. Die Italiener haben ihren beim Vertragsschluss erworbenen 5,6 prozentigen GM-Anteil bereits versilbert und dürften auch daran interessiert sein, die Put-Option zu Geld zu machen. Denn das Unternehmen braucht für die angekündigte Modelloffensive Milliarden. Schon im Herbst werden Fiat-Schuldverschreibungen von 1,1 Milliarden Euro fällig, 2004 sind es 3,2 Milliarden Euro. „Fiat hat Geldbedarf und GM kann die Notlage nutzen, sich aus den Verpflichtungen freizukaufen“, sagt Sal.Oppenheim- Analyst Patrick Juchemich.

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