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Wirtschaft: Generöse Geste

Der Finanzminister plant Steuererleichterungen für Stifter. Doch die Stiftungen fordern noch mehr

Er ist der reichste Mann der Welt, doch Bill Gates war das nicht genug: Fast 29 Milliarden Dollar hat der Microsoft-Gründer in eine Stiftung gesteckt, um damit Krankheiten wie Aids, Tuberkulose und Malaria in der Dritten Welt zu bekämpfen. Vor wenigen Monaten legte der Finanzinvestor Warren Buffet noch einmal 31 Milliarden Dollar drauf – und machte die „Bill & Melinda Gates Foundation“ endgültig zur größten Stiftung der Welt.

Unter den Reichen der USA gibt es eine lange Tradition des Stiftens, was nicht zuletzt am rigorosen Erbschaftssteuerrecht liegt. Amerikaner stiften sechs mal mehr Geld pro Kopf als Deutsche, aber Deutschland holt auf: Allein 800 neue Stiftungen sind im vergangenen Jahr gegründet worden, das ist Rekord. Und wenn Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) es schafft, sein Vorhaben umzusetzen, könnten es bald noch mehr werden. „Hilfen für Helfer“ heißt sein soeben vorgelegter Zehn-Punkte-Plan, der das bürgerschaftliche Engagement in Deutschland stärken soll – und damit ein Versprechen des Koalitionsvertrages umsetzt. Der Referentenentwurf wird gerade im Ministerium abgestimmt, voraussichtlich noch vor Weihnachten soll er den Verbänden zur Stellungnahme zugehen, heißt es im Ministerium.

Der Bundesverband Deutscher Stiftungen verspricht sich viel von der Reform. Der Entwurf sei „insgesamt sehr positiv“, lobt Generalsekretär Hans Fleisch. „Ich hoffe, dass wir damit die Zahl der Stiftungen in den nächsten 25 Jahren vervierfachen können“, sagte er, „dann könnten wir der nächsten Generation mehr als nur Schulden hinterlassen.“ Und auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Bürsch, Vorsitzender der Projektgruppe „Reform des Gemeinnützigkeits- und Spendenrechts“, spricht von einem „Signal, das den Stiftungsboom in Deutschland befördern könnte“.

Steinbrück will vor allem durch eine Verbesserung der steuerlichen Anreize die Reichen animieren, mehr von ihrem Wohlstand freiwillig an die Gesellschaft zurückzugeben.

Er selbst zeigt sich spendabel: Stifter sollen künftig einmalig 750 000 Euro als Sonderausgabe bei der Steuer geltend machen können, verteilt auf maximal zehn Jahre. Bisher lag der Betrag bei 307 000 Euro. Außerdem galt er nicht für Leute die – wie Warren Buffet in den USA bei der Gates-Stiftung – ihr Geld nur zustiften. Zusätzlich dazu soll der Spendenabzug vereinheitlicht werden. Bislang konnten – abhängig vom Stiftungszweck – fünf oder zehn Prozent vom Gesamtbetrag der Einkünfte geltend gemacht werden, bald sollen es einheitlich 20 Prozent sein. An anderer Stelle wird dafür gestrichen: Die 20 450 Euro pro Jahr, die sich Stifter zusätzlich als Sonderausgabe anrechnen lassen konnten, sollen wegfallen.

Trotz der generösen Geste – der Finanzminister rechnet mit 400 Millionen Euro Einkommensteuerausfall pro Jahr – sieht der Dachverband der Stifter Nachbesserungsbedarf. „Ich würde mir wünschen, dass private Stifter steuerlich noch stärker entlastet werden“, sagt Fleisch. Vor allem, um die Gründung von kapitalintensiven wissenschaftlichen Institutionen zu befördern, sei eine Steuerentlastung von einer Million Euro notwendig.

Ein Wunsch, der angesichts der notwendigen Zustimmung der Bundesländer, die einen Teil der Lasten schultern müssen, kaum durchsetzbar sein dürfte. „Das wäre die dreifache Revolution“, sagt SPD-Mann Bürsch. Anfang Februar wird das Kabinett den Entwurf voraussichtlich verabschieden. Der Bundestag könnte die Reform, die rückwirkend zum 1.1.2007 gelten soll, dann im Mai verabschieden.

Obwohl die Zustimmung zu den „Hilfen für Helfer“ groß ist, sind die Experten überzeugt, dass sie allein nicht ausreichen werden, um Deutschland zu einem großen Stifterland zu machen. „Steinbrück hat schöne Bonbons verteilt“, sagt etwa Rupert Graf Strachwitz, der Chef des Maecenata Instituts für Philanthropie und Zivilgesellschaft in Berlin. „Sie verdecken aber die Tatsache, dass sich am Umgang des Staates mit der Zivilgesellschaft nichts geändert hat.“

Strachwitz fordert weiter gehende Reformen – und einen Rückzug des Staates aus der Stiftungskontrolle. Statt Finanzbeamten die Entscheidung zu überlassen, ob eine Stiftung gemeinnützig (und damit steuerbefreit) sei oder nicht, sollte das eine unabhängige Wohltätigkeitskommission übernehmen, meint er. Zudem müssten aber auch Stiftungen verpflichtet werden, Auskunft über die Verwendung ihrer Gelder zu geben, um Vertrauen zu schaffen. In den USA gibt es diese Transparenzpflicht seit 1969. „Das war das Jahr“, sagt Strachwitz, „in dem der Stiftungsboom begonnen hat.“

Vielleicht wird trotz aller Kritik nun 2007 das große Jahr des Aufbruchs für Stiftungen in Deutschland. Mit Bill Gates gibt es auf jeden Fall ein Vorbild, das öffentlichkeitswirksam genug ist.

Maren Peters

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