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Die Nutzungsdauer von Flachbildschirmen ist etwa halb so lang wie die von Röhrenfernsehern. Und das wohl nicht, weil sie schneller kaputt gehen. Das Foto zeigt Messebesucher bei der IFA in Berlin.

© Rainer Jensen/dpa

Geplante Obsoleszenz: Konsumwünsche und Murks verkürzen die Lebensdauer von Geräten

Elektrogeräte werden immer schneller ausgetauscht. Doch die Gründe dafür sind nicht eindeutig. Zwar sieht das Umweltbundesamt Hinweise, dass Großgeräte zunehmend keine fünf Jahre mehr halten. Aber der Hauptgrund für den Austausch sind Technologiesprünge und der Wunsch nach einem besseren Gerät.

Mit der „geplanten Obsoleszenz“ hat der Betriebswirt Stefan Schridde einen echten Hit gelandet. Das Gefühl, dass Geräte kaputt gehen, wenn die Garantie gerade abgelaufen ist, wird von vielen geteilt. Und das teilen sie freigiebig auf Schriddes Internet-Portal „Murks? Nein danke“ mit. Aber der wissenschaftliche Beweis dafür fehlt bisher. Am Sonntag veröffentlichte das Umweltbundesamt (UBA) einen Zwischenbericht zu einem Forschungsprojekt dazu, das vom Öko-Institut und der Universität Bonn bis Ende 2015 abgeschlossen werden soll. Die Ergebnisse sind nicht eindeutig.
Zwar haben die Forscher festgestellt, dass Haushaltsgroßgeräte wie Waschmaschinen oder Kühlschränke wie Unterhaltungselektronik, Mobiltelefone und Notebooks oft kürzer genutzt werden, als sie es technisch hergeben würden. Doch dass dafür von Produzenten absichtlich eingebaute „Sollbruchstellen“ verantwortlich sind, dafür gibt es bisher nur bei großen Haushaltsgeräten ein Indiz. Die Zahl der Herde, Kühltruhen oder Wäschetrockner, die keine fünf Jahre durchgehalten haben, ist zwischen 2004 und 2012 von 3,5 auf 8,3 Prozent „auffallend stark gestiegen“, schreiben die Autoren.

Flachbildschirme werden schnell ausgetauscht

Viel häufiger ist der Grund für den Austausch eines Gerätes allerdings der Wunsch, ein „besseres“ anzuschaffen. Bei Flachbildschirmen liegt die durchschnittliche Erstnutzungsdauer bei 5,6 Jahren, hat die Forschergruppe über repräsentative Umfragen bei Verbrauchern ermittelt. Bei Röhrenfernsehern waren es noch zehn bis 12 Jahre. Bei Haushaltsgroßgeräten sank die Nutzungsdauer auf rund 13 Jahre. Nur bei Notebooks hat sich die Zahl kaum verändert. Doch auch sie werden kürzer genutzt als möglich. „Das liegt häufig nicht daran, dass sie physisch defekt sind, sondern an fehlenden praktikablen Möglichkeiten, die Leistungsfähigkeit zu erweitern“, heißt es in dem Bericht. Es sei durchaus möglich, Arbeits- oder Massenspeicher nachzurüsten, aber es sei oft umständlich und teuer. „Infolgedessen entscheiden sich immer mehr Konsumenten für ein neues Gerät, obwohl das noch funktionierende alte Gerät prinzipiell nachgerüstet werden könnte“, heißt es in der Studie.

Reparieren wird immer schwieriger

Zu ähnlichen Schlüssen ist auch die Stiftung Warentest bei ihren Untersuchungen gekommen. Die Erfahrung, dass es immer schwerer wird, elektronische Geräte zu reparieren, bestätigen auch die Repair-Cafes, die in vielen Städten eröffnet worden sind. Insgesamt sind in Deutschland 2010 rund 373 Millionen Tonnen Abfall angefallen, davon waren 586 000 Tonnen Elektronikschrott, heißt es in der Studie, die ihre Daten aus der Umweltdatenbank des UBA bezieht.

Rainer Grießhammer vom Öko-Institut wird in der UBA-Mitteilung so zitiert: „Heute werden mehr Elektrogeräte ersetzt, obwohl sie noch gut funktionieren.“ Der Grund seien häufig „Technologiesprünge“. Im zweiten Teil der Studie sollen die Forscher nun herausfinden, „wie die Mindestlebensdauer verlängert werden kann“, sagte UBA-Chefin Maria Krautzberger.
Die Sprecher für Umwelt- und Verbraucherpolitik der grünen Bundestagsfraktion, Peter Meiwald und Nicole Maisch fordern, dass Ersatzteile lange verfügbar und es möglich sein müsse, Geräte bei Defekten zu reparieren. Im neuen Wertstoffgesetz solle beispielsweise festgelegt werden, dass Akkus und Batterien ausgewechselt werden können. Die Grünen hatten Stefan Schridde vor zwei Jahren mit einer Studie zum Thema beauftragt.

Ressourcenschutz oder Energiesparen?

So wenig eindeutig die Ergebnisse der Studie sind, so schwer ist auch eine Bewertung der dahinter liegenden Probleme. Auf der einen Seite ist es aus Gründen des Ressourcenschutzes wünschenswert, Geräte so lange wie möglich zu nutzen. In einer Tabelle listen die Autoren der Studie auf, welche strategischen Rohstoffe von Gold, Tantal über Neodym bis Yttrium in den modernen Geräten verbaut werden. Viele dieser Elemente werden nur in China gefördert oder liegen in politisch instabilen Ländern wie der Demokratischen Republik Kongo oder Afghanistan. Andererseits ist der Schaden eines alten stromfressenden Kühlschranks wegen seiner Klimawirkung womöglich dennoch größer als der Nutzen, ihn solange zu verwenden, bis er endgültig kaputt ist. Die Abwägung der verschiedenen Aspekte ist schon für Fachleute kompliziert. Aber die wenigsten Verbraucher denken darüber nach, bevor sie sich mit dem neuesten Schrei aus der Unterhaltungselektronik oder aus der Welt der Haushaltsgeräte eindecken.

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