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Wirtschaft: Gerhard Schmid im Gespräch

Der Chef von Mobilcom über die Chancen seines Unternehmens bei der Versteigerung der deutschen Multimedia-LizenzenHerr Schmid, was ist eine Lizenz für den neuen Mobilfunkstandard UMTS wert?Das muss jeder für sein Unternehmen selbst entscheiden.

Der Chef von Mobilcom über die Chancen seines Unternehmens bei der Versteigerung der deutschen Multimedia-Lizenzen

Herr Schmid, was ist eine Lizenz für den neuen Mobilfunkstandard UMTS wert?

Das muss jeder für sein Unternehmen selbst entscheiden. Es hängt davon ab, welche Ausgangsposition man hat, und was man erreichen will. Anhaltspunkte für den Wert geben die Versteigerungen, die bereits im Ausland stattgefunden haben. In Großbritannien war das Unternehmen, das neu in den Markt eingestiegen ist, bereit, dafür knapp 15 Milliarden Mark zu bezahlen.

Was können Sie für eine Lizenz bezahlen?

Wir haben eine günstige Ausgangsposition: einen hohen Kundenbestand, dem wir zusätzliche Multimediadienste anbieten und so schnell hohe Umsätze machen können, und einen starken Vertrieb. Wenn man vernünftig rechnet, was die künftige UMTS-Lizenz bringt, können wir uns also einen relativ hohen Wert ausrechnen. Wir sind auch finanziell gut vorbereitet. Mit France Télécom haben wir einen starken Partner, der über sieben Milliarden Mark in bar als Eigenkapital bei uns einbringt. Allein damit haben wir uns ein Volumen von 22 bis 24 Milliarden Mark geschaffen, da wir ein Drittel Eigenkapital und zwei Drittel Fremdkapital rechnen. Wir können uns auch vorstellen, diesen Betrag durch eine Kapitalerhöhung weiter zu erhöhen.

Wie werden Ihre Aktionäre auf die Milliardenausgaben reagieren?

Bisher sind alle Kommentare und Analystenmeinungen zu dem Thema sehr positiv. Es ist von sehr hohen Kurschancen durch die UMTS-Lizenz die Rede. Wenn wir eine Lizenz bekommen, wird unser Kundenbestand an den Märkten höher bewertet. Heute sind wir Wiederverkäufer, da wird ein Kunde mit 1000 Euro bewertet. Kunden von Netzbetreibern werden mit 7000 bis 8000 Euro pro Kunde bewertet. Wenn man die Börsenbewertungen international vergleicht, dann haben wir die Chance, durch die höhere Bewertung unserer Kunden Werte für unsere Aktionäre zu schaffen.

Einige Telefongesellschaften kritisieren das kostentreibende Auktionsverfahren. Sehen Sie eine bessere Alternative?

Ich sehe kein Verfahren, das fairer ist. Jeder muss entscheiden, was ihm die Lizenz wert ist. Und wer am meisten bezahlt, bekommt sie auch. Weil die Zahl der Frequenzen begrenzt ist, ist die Auktion wahrscheinlich die fairste Alternative. Zumindest ist sie die transparenteste.

Wofür sollte Bundesfinanzminister Hans Eichel das Geld einsetzen?

Für eine effiziente Wirtschaftspolitik. Er kann die Neuverschuldung zurückfahren.

Er könnte die Einnahmen auch in die Ausbildung von Informationstechnikern stecken...

Dann könnte ja jeder kommen und immer, wenn er eine Steuer bezahlt, eine spezifische Gegenleistung verlangen. Dann sind wie wieder dort, dass jeder seine Pfründe schafft. Davon halte ich nichts.

In anderen Ländern werden die Lizenzen in Ausschreibungsverfahren wesentlich günstiger abgegeben. Kommt es in Europa zu Wettbewerbsverzerrungen?

Das Argument verstehe ich nicht. In Deutschland hat jeder die gleiche Chance, eine Lizenz zu ersteigern. Und wenn alle Lizenzen das Gleiche kosten, haben später auch alle Wettbewerber die gleichen Voraussetzungen und die gleichen Chancen. Wenn etwa in Spanien eine Lizenz verliehen wird - nach Schönheit oder anderen Kriterien -, dann haben auch in Spanien alle Lizenznehmer die gleichen Voraussetzungen. Das ist nicht wettbewerbsverzerrend.

Wenn der spanischen Telefónica im eigenen Land die Lizenz quasi geschenkt wird, hat sie dann nicht eine größere Kriegskasse, die sie zum Beispiel in Deutschland für eine UMTS-Lizenz einsetzen kann?

Das Problem ist doch nur, dass Telekom-Chef Ron Sommer die Lizenz in Spanien nicht geschenkt bekommen hat. Sommer hat erst von Wettbewerbsverzerrungen gesprochen, nachdem die Telekom in Spanien leer ausgegangen war. Insofern ist das sehr durchsichtig argumentiert.

Wird Deutschland ins Hintertreffen geraten, weil den Mobilfunkbetreibern nach dem teuren Erwerb der Lizenzen das Geld zum Ausbau der Netze fehlt?

Wenn Unternehmen so wirtschaften, dann sollte man diese Bieter sofort von der Auktion ausschließen. Das wäre ein unverantwortliches Verhalten nicht nur dem Land sondern auch den Aktionären gegenüber. Entweder haben wir es mit Profis zu tun, die sich genau überlegen, wieviel Geld sie investieren können, oder es ist kein qualifiziertes Management.

Die Lizenz ist ja erst der Anfang. Was wird der Aufbau eines UMTS-Netzes in Deutschland kosten?

Wir glauben, dass man für ein Multimedia-Netz, das ungefähr 90 Prozent der Fläche und 95 Prozent der Bevölkerung abdeckt, innerhalb von zehn Jahren etwa zehn bis zwölf Milliarden Mark ausgeben muss. Bis zu dem Zeitpunkt, zu dem man die Gewinnzone erreicht, wird man ungefähr fünf bis sechs Milliarden Mark für Infrastuktur und Anlaufverluste ausgeben müssen.

Heißt das, Sie rechnen damit, innerhalb von fünf Jahren die Gewinnzone zu erreichen?

Ja, davon gehe ich aus.

Und wie holen sie das Geld wieder rein?

Wir bieten neue Leistungen an. Ich glaube, dass die Möglichkeit, Multimedia mobil zu machen, eine ähnlich revolutionäre Wirkung für die Verbraucher haben wird, wie sie auch von den Personalcomputern ausgegangen ist. Die großen Applikationen - etwa 80 bis 90 Prozent aller Anwendungen im Internet - sind personenbezogen. Da macht es durchaus Sinn, sie den Personen auch überall zugänglich zu machen. Ich muss mich nicht erst zuhause in mein Kämmerchen setzen, um dort meinen Kontostand abzufragen oder eine E-Mail zu versenden.

Welche Geschäftsmodelle gibt es denn in der neuen Mobilfunkgeneration?

Die werden sich im Laufe der Zeit wandeln. Das erste Geschäftsmodell ist natürlich, Anschlüsse anzubieten und Bits und Bytes zu transportieren. Dann kommt das Thema Werbung, so wie man es auch aus dem Internet kennt. Das dritte ist, Inhalte zu verkaufen. Und schließlich kann man zu Geschäftsabschlüssen beitragen und dafür Provisionen kassieren. Wenn man allen Studien glauben kann, wird sich das Geschäft immer mehr verlagern von den reinen Transportgebühren für Daten bis hin zu den tatsächlichen Geschäftsumsätzen.

Dem Kunden fällt es trotzdem schwer, sich unter UMTS etwas vorzustellen.

Wir verwenden bei uns hausintern einfach die Bezeichnung Multimedia-Netz. Das heißt, man kann mobil Multimedia-Leistungen nutzen, bewegte Bilder, Musik und Daten an jedem beliebigen Ort empfangen oder versenden. Mit einer Kamera am Laptop oder Handy kann man Bilder direkt vom Urlaubsort nach Hause verschicken. Alles was an Multimedia-Leistungen denkbar ist, wird mobil. Wir stehen ja erst am Anfang. Vor 15 Jahren konnten sich auch nur wenige vorstellen, wie der PC die Welt verändern wird. Die richtigen Anwendungen werden erst noch entwickelt.

Und was wird der Kunde dafür bezahlen müssen?

Das ist die große Frage. Die werde ich Ihnen dann beantworten können, wenn die einzelnen Leistungen angeboten werden. Prinzipiell wird es immer so sein, dass eine neuere Technik effizienter ist, als die vorangegangene. Die gleiche Leistung, die man heute nutzen kann, wird man in Zukunft günstiger bekommen. Ich glaube aber, dass die Kunden sehr viel mehr Leistungen und Komfort in Anspruch nehmen werden und dafür unterm Strich pro Monat wieder das Gleiche bezahlen wie bisher.

Braucht der Kunde so viel mehr Leistung?

Heute ist es ganz normal, dass jeder ein Handy hat. Vor fünf Jahren wollte das auch niemand glauben.

Werden Sie die hohen Kosten für Lizenz und Netzaufbau an die Kunden weitergeben?

Ich weiß nicht, ob die Kunden sich so einfach die Kosten aufbürden lassen. Der Markt wird entscheiden. Die Anbieter werden Leistungen bringen und der Kunde sagt, was er bereit ist, dafür zu bezahlen. Der Preis wird nicht von den Kosten bestimmt - das ist Old Economy. Der Preis wird vom Kunden bestimmt.

Was wird aus Mobilcom, wenn Sie keine Lizenz erhalten?

Wir bekommen eine Lizenz. Wir haben uns gut vorbereitet, eine gute Finanzierung auf die Beine gestellt und einen starken Partner gefunden. Und weil wir die Kunden schon haben, liegt unsere Schmerzgrenze weit höher als bei Unternehmen, die komplett neu in den deutschen Markt gehen.

Was passiert mit Mobilfunkunternehmen, die leer ausgehen?

Sie spielen auf jeden Fall als Netzbetreiber im größten zukünftigen Wachstumsmarkt keine Rolle. In diesem Markt kann man allerdings auch als Dienstleister, Vertriebspartner oder Anbieter von Inhalten Geschäfte machen. Nur, der wichtigste Teil ist natürlich, die Infrastruktur zu besitzen, denn dann hat man die größte Macht.

Beschränkt sich die Partnerschaft mit France Télécom auf das Thema UMTS?

Nein, France Télécom steigt bei Mobilcom ein, natürlich mit dem Ziel, gemeinsam eine bessere Position zu haben, um eine UMTS-Lizenz zu ersteigern. Aber wir sind deren Fuß im deutschen Markt und das bezieht sich auch auf Internet, Festnetztelefonie und Ortsgespräche.

Können Sie sich vorstellen, Mobilcom an France Télécom zu verkaufen?

Nein, sonst hätte ich ja nicht vereinbart, dass die Franzosen erst nach drei Jahren wieder anfragen dürfen, ihre Anteile zu erhöhen. Auch wenn Appetit besteht, vor Ablauf der drei Jahre wird nichts gehen. Das Gespräch führte Corinna Visser.

Herr Schmid[was ist eine Lizenz für den neue]

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