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Wirtschaft: Gerster muss sich vor Bundestag erneut rechtfertigen

Rechnungshof rügt Vertrag mit Beraterfirma WMP – Honorar soll die Agentur von der Bundesanstalt für Arbeit dennoch bekommen

Berlin (asi). Trotz weitreichender Bedenken des Bundesrechnungshofes gegen den umstrittenen Vertrag der Bundesanstalt für Arbeit (BA) mit dem Beratungsunternehmen WMP Eurocom AG wird die Nürnberger Behörde keine weiteren rechtlichen Schritte zur Schadensminimierung vornehmen. Eine Sprecherin der Bundesanstalt sagte am Donnerstag dem Tagesspiegel, es würden keine Schritte unternommen, den Vertrag als unwirksam zu erklären. Genau zu dieser Einschätzung gelangte allerdings der Bonner Rechnungshof in seinem Urteil, das er am Donnerstag dem Wirtschafts und Arbeitsausschuss des Bundestages erläuterte.

In seinem Gutachten rügt der Bundesrechnungshof die freihändige Vergabe des Berater-Vertrages über 1,3 Millionen Euro durch den Vorstandschef der Bundesanstalt für Arbeit, Florian Gerster, an die Berliner Kommunikationsagentur WMP. Und zwar gleich „unter mehreren rechtlichen Gesichtspunkten“. Zum einen stellten die Prüfer in Frage, ob eine aus Beitragsmitteln der Arbeitslosenversicherung und Mitteln des Bundes finanzierte Behörde überhaupt politische Lobbyarbeit betreiben und sich dabei von einem Medienberater unterstützen lassen sollte.

Und zum anderen widersprachen die Prüfer der Darstellung Gersters, wegen der Eilbedürftigkeit habe er einen Vertrag ohne die vorgesehene europaweite öffentliche Ausschreibung schließen müssen. Bei Einhaltung der vorgesehenen Fristen hätte sich die erwartete Verbesserung der Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation in der Bundesanstalt nur um wenige Wochen verzögert, wenn der Auftrag ausgeschrieben worden wäre, erkannten die Prüfer. Florian Gerster hätte den Vertrag also ausschreiben müssen.

Ähnlich wie bereits zuvor der Verwaltungsrat der Bundesanstalt kritisierten auch die Rechnungshof-Prüfer, dass der Vertrag mit dem Berliner Kommunikationsunternehmen WMP keinerlei Spezifizierung der Leistungen enthalte, die die Kommunikationsagentur für das Honorar zu erbringen hatte. In dem Dokument sei lediglich „die persönliche Anwesenheit“ von WMP-Chef Bernd Schiphorst an zwei Tagen in Nürnberg oder Berlin festgehalten, nicht jedoch die von ihm zu erbringenden Leistungen, hieß es am Donnerstag in Berlin. Wegen dieser fehlenden Bestimmbarkeit der Leistungen erhebe der Rechnungshof Zweifel an der Wirksamkeit des Vertrages. Denn eine Kontrolle der vertragsgemäßen Abwicklung des Projektes könne auf dieser Vertragsgrundlage nicht erfolgen.

Gerster muss nun am kommenden Donnerstag auf Antrag der Union noch einmal vor dem Bundestags-Wirtschaftsausschuss Rede und Antwort stehen – wegen Differenzen zwischen dem Prüfbericht und Gersters Aussagen vor einigen Wochen. Politiker aller Parteien bezeichneten es außerdem am Donnerstag für notwendig, mögliche rechtliche Schritte zu prüfen, die den Vertrag im nachhinein für nichtig erklärten. Das Honorar für WMP für 2003 von rund 500000 Euro könnte in einem solchen Fall zumindest teilweise zurückgefordert werden.

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