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Geschäftsklima: Wirtschaft schüttelt die Krise ab

Die Stimmung der Unternehmen ist so gut wie seit Mai 2008 nicht mehr – doch die Konjunktur verliert bereits wieder an Schwung.

Berlin - Die deutsche Wirtschaft ist dabei, die Krise hinter sich zu lassen. Die Stimmung in den deutschen Unternehmen hat sich im Juni nach einem Dämpfer im Vormonat wieder gebessert. Der Ifo-Index zum Geschäftsklima stieg von 101,5 auf 101,8 Punkte. „Die Konjunkturerholung setzt sich fort“, sagte Ifo- Chef Hans-Werner Sinn am Dienstag. Während die Unternehmen ihre aktuelle Lage als hervorragend einschätzten, trübten sich die Aussichten für die kommenden sechs Monate jedoch leicht ein.

Der Ifo-Index, der allmonatlich durch die Befragung von 7000 Firmenchefs ermittelt wird, erreichte damit den höchsten Stand seit Mai 2008. Optimistisch zeigte sich vor allem die Industrie, hier verbesserte sich die Stimmung zum vierten Mal in Folge. Dies dürfte insbesondere am Export liegen, der sich in den vergangenen Wochen wegen der starken Entwicklung der Schwellenländer Asiens recht gut entwickelt hat. Auch im Großhandel und auf dem Bau besserte sich das Geschäftsklima. Nur im Einzelhandel wuchs der Pessimismus. Mit ihrer Situation zeigten sich die Unternehmer zwar weniger unzufrieden als noch im Mai, doch schätzen sie die Geschäftsentwicklung in den kommenden sechs Monaten zurückhaltender ein.

Auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hatte kürzlich in einer Umfrage unter 22 000 Firmen festgestellt, dass die Pläne zu Beschäftigung und Investitionen momentan nach oben korrigiert werden. Angesichts der guten Konjunkturdaten rechnet Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer damit, dass das laufende Frühjahrsquartal das stärkste im gesamten Jahr wird.

Die vom Ifo-Institut befragten Manager beurteilten die Aussichten für die kommenden sechs Monate dagegen zum zweiten Mal in Folge ungünstiger. „Dies legt nahe, dass das Wachstum in der zweiten Jahreshälfte nachlässt“, befand Ökonom Krämer. Grund sei etwa, dass die Industrie ihr „sehr kräftiges Aufwärtstempo“ auf Dauer nicht durchhalten könne. Alexander Rees, Deutschland-Chefökonom der Unicredit, machte auch die Unsicherheit wegen der Schuldenkrise in Europa für den bröckelnden Optimismus verantwortlich. „Das ist Gift für die Erwartungen“, sagte er. Hinzu komme das Ende der Konjunkturprogramme in vielen Ländern, die zur Bewältigung der Krise aufgelegt worden waren. Mit einem Ende der wirtschaftlichen Erholung rechnet gleichwohl kaum jemand. Die meisten Wachstumsprognosen für dieses Jahr liegen bei etwa zwei Prozent, die Allianz und der DIHK sind mit 2,3 Prozent am zuversichtlichsten.

Die Spätfolgen der tiefen Krise im vergangenen Jahr treibt allerdings immer mehr kleinere und mittlere Unternehmen in die Pleite. Um 7,1 Prozent sei die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in der ersten Jahreshälfte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen, teilte die Auskunftei Creditreform mit. Insgesamt mussten 17 360 Firmen mit 155 000 Beschäftigten Insolvenz anmelden. Betroffen waren vor allem kleine Mittelständler mit nur wenigen Mitarbeitern. Die Zunahme der Pleiten zeige, dass immer mehr Firmen finanziell ausgezehrt seien, hieß es. Nachdem die erste Insolvenzwelle Anfang 2009 vor allem den Industriesektor getroffen habe, erwischt die zweite nun besonders die Dienstleister und Händler. Im verarbeitenden Gewerbe und am Bau seien die Insolvenzzahlen dagegen bereits rückläufig, teilte Creditreform mit. Allerdings wird die unerwartet rasche Konjunkturerholung für eine bessere Bilanz in diesem Jahr sorgen als zu Jahresbeginn angenommen. Mit bis zu 36 000 Insolvenzen sei zu rechnen, sagte Creditreform-Vorstand Helmut Rödl – statt mit bis zu 40 000.

Auch die Zahl der Verbraucherinsolvenzen nahm zu. 54 780 Privatpleiten gab es in den ersten sechs Monaten – ein Plus von 13,3 Prozent. Für das Gesamtjahr erwartet Creditreform wie auch schon 2009 deutlich mehr als 100 000 Verbraucherinsolvenzen. Carsten Brönstrup

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