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Voll Nuss, voll okay: Die Tester vergaben zu Unrecht die Note „mangelhaft“. Foto: dpa

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Wirtschaft: Geschmackssache

Die Stiftung Warentest unterliegt Ritter Sport vor Gericht – und klagt weiter.

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Berlin - Die Stiftung Warentest darf Ritter Sport keine Verbrauchertäuschung vorwerfen. Das urteilte das Landgericht München I am Montag. Es hält damit eine einstweilige Verfügung aufrecht, wonach die Stiftung nicht behaupten darf, der Schokoladenhersteller verwende künstliche Aromen.

Test und Benotung könnten nicht als fair bezeichnet werden, erklärten die Richter in ihrer Begründung. Bei der Auseinandersetzung war es im Kern um die Frage gegangen, ob ein bestimmtes Vanille- und Mandelaroma natürlich oder chemisch hergestellt sei. Eine Antwort darauf konnte zwar auch vor Gericht nicht gefunden werden, zumal sich herausstellte, dass nicht einmal die von Ritter beauftragte Firma Symrise, sondern ein weiterer Zulieferer das „Piperonal“ produziert hat. Der Stiftung fehlten für ihre These aber die Beweise, befanden die Richter. Sie hatte auf künstliches Aroma geschlossen, weil Ritter den Stoff in großen Mengen einsetzt, und rein natürlich gewonnenes Piperonal teuer ist.

„Unser Bestreben geht nur dahin, nachzuweisen, dass es sich bei der Behauptung um eine Falschaussage handelt“, sagte eine Ritter-Sport-Sprecherin dem Tagesspiegel. Die Stiftung kündigte umgehend Berufung an. „Wir fordern eine verbraucherfreundliche Auslegung. Das Gericht hat unternehmerfreundlich entschieden“, kommentiert man bei dem Testunternehmen. „Das Herstellungsverfahren wurde von Symrise nicht offengelegt.“ Der Name des zweiten Zulieferers, dessen Existenz erst im nicht öffentlichen Teil der Verhandlung zugegeben wurde, ist nicht bekannt. Das Unternehmen Symrise aus dem niedersächsischen Holzminden, das einen Milliardenumsatz mit Aromastoffen macht, beruft sich auf „Betriebsgeheimnisse“ und „wettbewerbsrechtliche Gründe“. Der Lieferant habe aber vertraglich zugesichert, ausschließlich natürliches Piperonal abzugeben. Symrise legte vor Gericht dazu eine eidesstattliche Versicherung ab.

Die Firma betont: Man verstehe sich als Aroma-Kompositeur, es sei daher weder verwerflich noch ungewöhnlich, dass einzelne Bestandteile nicht im Betrieb selber hergestellt werden. In einem nächsten Schritt müsse es darum gehen, zu klären, ob es bei der Betitelung „natürlich“ einen Interpretationsspielraum gebe, sagte Stiftung-Warentest-Sprecherin Heike van Laak. Die Stiftung glaubt demnach nach wie vor nicht, dass Ritter den Duftstoff auf natürliche Art gewinnt.

Im Internet hat die Stiftung das PDF des Testberichts bereits an entsprechender Stelle geschwärzt. Hefte mussten nicht zurückgerufen werden. Die Stiftung Warentest hatte der Sorte Voll-Nuss im November die Note „mangelhaft“ verpasst, weil ihrer Überzeugung nach künstliches Vanillearoma eingesetzt wird, das nicht als solches ausgewiesen ist. Die Berichterstattung der Stiftung läge außerhalb einer sachlichen Verbraucheraufklärung, meinten nun die Richter. Zumal nie eine Gefährdung der Konsumenten, also ein echter Mangel bestanden habe.

Ob die Alfred Ritter GmbH auch eine Schadenersatzklage in Erwägung zieht, ist offen. „Wir haben den Imageschaden sehr zu spüren bekommen. Der lässt sich aber bekanntermaßen nur sehr schwierig nachweisen“, sagte die Sprecherin dem Tagesspiegel. Stiftung Warentest hatte die Schokolade unter anderem als „nicht verkehrsfähig“ bezeichnet. Ritter produziert nach eigenen Angaben täglich rund 2,5 Millionen Tafeln Schokolade.

RITTER SPORT]Eigenen Angaben zufolge sieht sich die Stiftung etwa zehnmal jährlich mit Schadenersatzklagen konfrontiert. Sie ist aber noch nie rechtskräftig zu einer Schadenersatzzahlung verurteilt worden. Maris Hubschmid/Sidney Gennies

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