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Freie Hand. Wie schnell der Fahrer bei Störungen wieder ans Steuer greifen muss, bleibt weiter unklar.

© picture alliance / dpa

Gesetz zu autonomem Fahren: Von Geisterhand gelenkt

Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf zum autonomen Fahren verabschiedet - und lässt zentrale Fragen offen. Ein Kommentar.

Die Vision autonom fahrender Autos ruft Ängste und Hoffnungen hervor. Die Ängstlichen fürchten sich vor Kontrollverlust, Datenklau und Hackerattacken. Die Hoffenden sagen weniger Unfälle, mehr Komfort und flüssigeren Verkehr voraus. So ist das, wenn es um die Zukunft geht: Niemand weiß, wer recht hat. Weil das Thema aber so faszinierend ist, reden alle schon mal mit.

Seit Mittwoch auch das Bundeskabinett. Es hat einen Gesetzentwurf von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) verabschiedet, um erste rechtliche Leitplanken zu installieren. Ähnlich wie bei der Elektromobilität will Deutschland Leitanbieter und Leitmarkt für autonomes Fahren werden. Das allerdings wollen andere auch – vor allem die USA, wo Google und Tesla Roboter-Autos schon in freier Wildbahn testen. Der industriepolitische und technologische Wettbewerb läuft also auf Hochtouren, Industrie und Politik sind gemeinsam gefordert.

Die Industrie ist weit, die Politik hinkt hinterher

Doch während deutsche Hersteller schon sehr weit mit dem technisch Machbaren sind und sich mehr Tests in der Praxis wünschen, hinkt die Politik hinterher. Auch der Entwurf des Verkehrsministers wirft mehr Fragen auf als er Antworten gibt.

So bleibt zum Beispiel unscharf, wer im Falle eines Unfalls mit einem Roboterwagen die Haftung übernimmt – Halter oder Hersteller. Zwar wird geregelt, dass der Fahrer eines mit Autopilot fahrenden Autos im Zweifel stets die Kontrolle behalten muss – etwa, wenn das System ihn dazu auffordert oder ein Fehler auftritt. Doch wie schnell die Hände wieder zum Steuer greifen müssen und was der Fahrer tun darf, wenn der Computer denkt und lenkt (Schlafen? Lesen? Auf dem Rücksitz sitzen?), das lässt der Gesetzentwurf offen.

Hersteller laden die Haftung beim Fahrer ab

Eine Lücke, in die die Autohersteller gerne springen, weil sie versuchen, einen möglichst großen Teil der Gefährdungshaftung beim Autofahrer abzuladen. Hier muss Klarheit her: Fährt der Fahrer, haftet er auch. Fährt der Computer, haftet der Hersteller – es sei denn, der Fahrer hat sich grob fahrlässig verhalten. Ob Letzteres schon der Fall ist, wenn E-Mails gecheckt oder Filme geschaut werden – eine jener schönen Visionen der Autoindustrie – müsste geklärt werden.

Zu lax bleibt der Gesetzentwurf auch beim Datenschutz. Zu erlauben, dass die in einer Blackbox gesammelten Daten bis zu drei Jahre gespeichert und an Behörden weitergegeben werden dürfen, kann nicht im Sinne der Verbraucher sein. Die verbreitete Befürchtung bei Autofahrern (67 Prozent), die Privatsphäre werde in autonomen und vernetzten Autos verletzt, zerstreut man so sicher nicht.

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