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Wirtschaft: Gewerkschaften legen sich bei Tariffonds quer

DÜSSELDORF (pt/pw/HB).Über das Tariffondsmodell von Arbeitsminister Walter Riester (SPD) bahnt sich ein Konflikt mit den Gewerkschaften an.

DÜSSELDORF (pt/pw/HB).Über das Tariffondsmodell von Arbeitsminister Walter Riester (SPD) bahnt sich ein Konflikt mit den Gewerkschaften an.Sie fordern eine Beteiligung der Arbeitgeber und des Staates.Nachdem die IG Metall schon am Mittwoch eine einseitige Belastung der Arbeitnehmer abgelehnt hatte, betonte am Donnerstag auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), die Arbeitgeber müßten sich ebenso wie der Staat beteiligen.Denn beide profitierten von der durch den Fonds bewirkten Entlastung des Arbeitsmarktes und der Sozialsysteme, meinte DGB-Tarifexperte Reinhard Dombre.IG-Metall-Sprecher Jörg Barczynski warnte, bei einseitiger Belastung der Arbeitnehmer "wäre die Idee ruck-zuck tot." Auch die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) und die IG Medien plädierten für eine paritätische Finanzierung.

Riester hatte bereits klargestellt, daß er die Aushandlung der Finanzierungsmodalitäten den Tarifpartnern überlassen wolle.Nach seinen Vorstellungen könnte beispielsweise fünf Jahre lang pro Jahr ein Prozentpunkt der Lohnzuwächse in die Fonds fließen.Nach Ansicht der DAG ist der Beitrag, den das Modell zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit leisten könne, "noch völlig offen".So sei nicht klar, wieviele freiwerdende Arbeitsplätze wieder besetzt würden.Auch die Finanzierungsgrundlagen seien "überhaupt noch nicht berechnet oder berechenbar."

Der Verband Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR) warnte vor den hohen Vorfinanzierungskosten, die den Rentenkassen entstünden.Pro 100 000 Frührentner seien dies 3,5 Mrd.DM.Positiv reagierte der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, Dieter Philipp: "Mit dem Vorschlag schaffen wir jetzt einen ersten Einstieg in eine dauerhafte Absenkung der Lohnzusatzkosten, und das ist ein ganz entscheidender Faktor für zukünftige Arbeitsplätze, wenn dieses System steht".

Gert Wagner, Professor an der Viadrina Universität in Frankfurt (Oder) kritisierte in einem Gespräch mit dem Handelsblatt, daß die Gelder für die Frühverrentung und spätere Teilkapitaldeckung der Rente in eine "gemeinsame Einrichtung für Arbeit und Alter" eingezahlt werden sollen.Er habe den Verdacht, daß mit den "gemeinsamen Einrichtungen" Investitionslenkung betrieben werden solle, was abzulehnen sei.Ziel sei offensichtlich, den Einfluß der Gewerkschaften aufrechtzuerhalten.Wer mit Arbeitnehmerbeiträgen einen Kapitalstock für die Altersvorsorge aufbauen wolle, der solle die Arbeitnehmer doch lieber zur Vorsorge in privatwirtschaftlichen Anlagefonds verpflichten.

Der Dortmunder Finanzwissenschaftler Wolfram F.Richter meinte, Gewinner des Fonds wären vor allem die 50- bis 60jährigen und mit Einschränkungen die 45- bis 50jährigen, da ihre Rentenabschläge zumindest teilweise ausgeglichen würden.Hauptzahler wären dagegen die ohnehin hoch belasteten 20- bis 45jährigen.Sie müßten später in Rente gehen und könnten nicht mit nennenswerten Ansprüchen aus dem Kapitalanlageteils des Fonds rechnen.Die sehr Jungen würden dagegen kaum belastet und erhielten ein nennenswertes Zubrot zu ihrer Rente.Wegen dieser ungleichmäßigen Belastung lehnt Richter Modell ab.

Auch die Versicherungsarbeitgeber sind nicht bereit, den für die Umsetzung des Modells erforderlichen Tarifvertrag abzuschließen.Sie haben den Gewerkschaften in der gerade begonnenen Tarifrunde das Alternativangebot eines privaten Rentenergänzungsplans gemacht.Sie sind zudem bereit, die tarifliche Altersteilzeit von fünf auf sechs Jahre zu verlängern und den Kreis der Anspruchsberechtigten auf die 57jährigen auszudehnen.Die individuelle private Altersversorgung soll durch Gehaltsumwandlung aufgebaut werden.Die Arbeitgeber wollen einen Zuschuß zahlen, der um so höher sein soll, je älter der Beschäftigte ist.

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