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Wirtschaft: Gewerkschafter mobilisieren gegen Rot-Grün Verdi-Chef Bsirske: Womöglich Bedarf für eine neue Partei/Sozialpolitischer Kongress gegen die aktuelle Politik

(alf). Die führenden deutschen Gewerkschafter kokettieren mit der Idee einer neuen Partei, die links von der SPD steht und sich der sozialen Gerechtigkeit verschreibt.

(alf). Die führenden deutschen Gewerkschafter kokettieren mit der Idee einer neuen Partei, die links von der SPD steht und sich der sozialen Gerechtigkeit verschreibt. Sowohl VerdiChef Frank Bsirske als auch der erste Vorsitzende der IG Metall, Jürgen Peters betonten zwar am Donnerstag, die Gewerkschaften hätten überhaupt keine Pläne zur Gründung einer Partei. Allerdings distanzierten sie sich nicht von entsprechenden Gedankenspielen auch in Gewerkschaftskreisen. Auf die Frage, ob es in der Bundesrepublik Platz für eine weitere Partei gebe, sagte Bsirske in Berlin, „das wird sich im Zweifelsfall zeigen“. Berichte, wonach auch Verdi-Funktionäre an vermeintlichen Gründungszirkeln einer neuen Partei teilgenommen haben, versuchte Bsirske zu bagatellisieren: „Wenn Gewerkschaftsmitglieder eine Partei gründen wollen, dann tun die das so, wie wenn Bäcker oder Bankangestellte eine Partei gründen“, sagte Bsirske anlässlich der Vorstellung eines sozialpolitischen Kongresses, mit dem die Gewerkschaften im Mai mit allen möglichen anderen Gruppen gegen die gegenwärtig Politik mobilisieren wollen.

Bsirske äußerte sich in Berlin fast exakt so wie IG-Metall-Chef Peters in Frankfurt: „Wir gründen keine Partei als Gewerkschaft.“ Aber: Es sei „das gute Recht eines jeden Einzelnen, in dem Rahmen, den die Verfassung bietet, eine Partei zu gründen“, sagte Bsirske.

Seit dem März 2003, als Bundeskanzler Gerhard Schröder in seiner Agenda 2010-Rede umfangreiche Sozialreformen vorstellte, ist das Verhältnis zwischen Gewerkschaften und Sozialdemokraten gespannt. Für den 2. und 3. April haben Gewerkschaften und linke Gruppen europaweit zu Protestdemonstrationen gegen die Reformen von Arbeitsmarkt und Sozialsystemen zu Lasten sozial Schwacher aufgerufen. In der Bundesrepublik gibt es Kundgebungen in Berlin, Stuttgart und Köln.

Sechs Wochen später, Mitte Mai, wollen die Gewerkschaften unter anderem mit den Globalisierungskritikern von Attac und dem Sozialverband Deutschland einen dreitägigen Kongress mit rund 1000 Teilnehmern in der Berliner TU veranstalten. Dabei soll „die soziale Realität zum Gegenstand der Auseinandersetzung werden“, kündigte Bsirske an. Beispielsweise sei vielen Politikern, die über die Kürzung von Sozialleistungen entscheiden, nicht klar, dass das Jahresgehalt von Verkäuferinnen häufig unter 10000 Euro liege. Sozialverbands-Präsident Adolf Bauer ergänzte, rund ein Drittel aller Rentner müsse gegenwärtig mit weniger als 500 Euro im Monat zurechtkommen. „Der Zorn der Bevölkerung ist groß über die Ignoranz der Politiker“, sagte Bauer. Die Armut von alleinerziehenden Frauen, Langzeitarbeitslosen und Alten werde von den Politikern nicht wahrgenommen.

Der so genannte Perspektivenkongress unter dem Arbeitstitel „Es geht auch anders!“, findet vom 14. bis 16. Mai in Berlin statt. Die Kosten von 200000 Euro werden Bsirske zufolge von den „Trägern des Kongresses im Rahmen ihrer Möglichkeiten“ übernommen. Neben den Gewerkschaften und Attac sind Dritte-Welt-Gruppen, kritische Wissenschaftler und kirchliche Initiativen beteiligt.

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