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Noch immer da. Der Großteil der ehemaligen Schlecker-Läden konnte nicht neu vermietet werden. Mancherorts stehen anonyme Regale, anderswo hängen die alten Logos der Drogeriemarktkette.

© dpa

Gewinner und Verlierer: Ein Jahr nach der Schlecker-Insolvenz

Die Pleite der Drogeriemarktkette hat eine Lücke hinterlassen. Das schmerzt ehemalige Mitarbeiter und Lieferanten.

Berlin - Nirgendwo ist die Erinnerung an Schlecker so mächtig wie in Ehingen. Am ehemaligen Sitz der einst größten Drogeriemarktkette Deutschlands prangt auch ein Jahr nach der Insolvenz noch der Firmenschriftzug in großen silbernen Buchstaben vor der verspiegelten Zentrale. Auch das Zentrallager und das Einkaufscenter Schleckerland gibt es noch. In Berlin, wo der Kaufmann Anton Schlecker einst knapp 190 Filialen betrieb, hat sich seit der Pleite ebenfalls wenig getan. Ein Großteil der geschlossenen Märkte ist noch nicht neu vermietet, an vielen prangt noch das Schlecker-Logo.

Bundesweit stehen noch zwei Drittel der zuletzt rund 5400 Geschäfte leer, errechnete das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Köln für das „Handelsblatt“. In Berlin sind es sogar 74 Prozent. Zwar übernahmen andere Ketten wie Rossmann und dm, Kik oder Woolworth einige Märkte, in erster Linie aber die geräumigeren Ihr-Platz-Geschäfte. Hoffnung soll der Deal mit dem österreichischen Investor Rudolf Haberleitner bringen, der im Dezember angekündigt hatte, unter dem Namen „Dayli“ bis zu 600 ehemalige Schlecker-Läden neu zu eröffnen.

Schwach fällt auch die Vermittlungsquote der ehemaligen Mitarbeiter der Drogeriekette aus – von den 23 400 Menschen, die sich im Zuge der Pleite arbeitslos gemeldet hatten, haben nach der jüngsten Erhebung der Bundesagentur für Arbeit nur 9800 einen neuen Job gefunden. 115 machten sich selbstständig und etwa 2500 meldeten sich aus anderen Gründen beim Jobcenter ab.

Die Wettbewerber wie dm und Rossmann haben dagegen im vergangenen Jahr von der Schlecker-Pleite profitiert, sie konnten ihre Umsätze kräftig steigern. Rossmann führte zudem ein neues Ladenkonzept ein. In kleineren Express-Geschäften, etwa in Bahnhöfen, bietet das Unternehmen nun verstärkt Snacks, kalte Getränke und Lebensmittel an. „Das ist ein Schritt hin zu einer Differenzierung der Drogerieketten, die sich künftig noch verstärken dürfte“, sagt Denise Klug vom Handelsdienst Planet Retail. Für das sogenannte Convenience-Geschäft, was Rossmann im Visier habe, gebe es besonders in Großstädten Potential.

Auch die Supermärkte bemühen sich nach Kräften, die durch Schlecker entstandene Angebotslücke zu füllen. So verhandele Aldi derzeit verstärkt mit Markenherstellern aus dem Konsumgüterbereich, etwa Beiersdorf oder Procter & Gamble, um Produkte ins Sortiment aufzunehmen, erklärt Klug. Rewe und Edeka erweiterten ebenfalls ihr Angebot an Pflegeprodukten. „Besonders in kleinen Städten, wo Schlecker der einzige Drogerieanbieter war, lohnt sich das für die Supermärkte“, sagt Klug. Investor Haberleitner mit seinen Dayli-Geschäften will die Nahversorger-Lücke füllen – in den Läden sollen unter anderem auch Post- und Reinigungsdienste angeboten werden.

Gerade für Markenhersteller wie Henkel oder Beiersdorf sind die Supermarktketten und Discounter eine wichtige Alternative. Denn Schlecker hatte – anders als dm und Rossmann – weniger stark auf Eigenmarken gesetzt. „Schlecker war die Drogerie, bei der die Konzerne ihre Marken platzieren konnten“, sagt Andreas Gayk vom Markenverband. Einbrüche beim Verkauf habe es aber in der Branche durch die Pleite nicht gegeben. „Der Markt mit Drogerieartikeln ist im vergangenen Jahr sogar leicht gewachsen“, sagt Gayk. Durch den Wegfall des großen Wettbewerbers habe sich jedoch die Konzentration am Markt verstärkt. „Die Verhandlungsmacht der Einzelhändler ist durch die Schlecker-Pleite deutlich gestiegen“, sagt Gayk. Auch das Wachstum bei den Eigenmarken, die zum Beispiel dm sogar über Amazon vertreibt, setze die Hersteller unter Druck.

Die warten zudem so wie die anderen Gläubiger von Schlecker immer noch auf ihr Geld. Bei Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz sind Forderungen in Höhe von 1,07 Milliarden Euro aufgelaufen – etwa von Kreditversicherern, Vermietern, Mitarbeitern oder Behörden. Derzeit verhandelt der Verwalter zudem mit der Familie Schlecker über einen Vergleich. Der Betrag sei noch offen, eine Einigung gebe es noch nicht, sagte Geiwitz dem Tagesspiegel auf Anfrage. Das „Manager Magazin“ hatte berichtet, die Familie solle zehn Millionen Euro an die Gläubiger zahlen – Vermögen, das Anton Schlecker im Vorfeld der Pleite an seine Frau Christa und seine Kinder Lars und Meike übertragen hatte.

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