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Siemens

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Gewinnwarnung: Siemens stürzt ab

Siemens korrigiert seine Gewinnprognose nach unten, und die Anleger verkaufen massenhaft: Die Aktie verliert 17 Prozent.

Eine große Enttäuschung für die Siemens-Aktionäre: Der krisengeplagte Konzern hat nicht nur mit Korruptionsaffären zu kämpfen. Eine Vielzahl unrentabler Großprojekte im Kraftwerksbau, in der Verkehrssparte sowie ein verlorener Auftrag beim Informationstechnik- Dienstleiter SIS verderben nun auch die Bilanz, so dass Siemens seine Gewinnprognose nach unten revidieren muss. Auf 900 Millionen Euro belaufen sich die Belastungen im laufenden zweiten Quartal des Geschäftsjahres, teilte der Konzern am Montag mit. „Siemens geht davon aus, dass dies der größte Teil der zusätzlichen Belastungen in 2008 ist“, hieß es.

Die Investoren reagierten auf die Ankündigung mit massiven Verkäufen. „Alle Ampeln sind bei Siemens übers Wochenende auf Rot gesprungen“, sagte ein Händler. Zwar sei über Probleme in der Energiesparte bereits berichtet worden und sie seien womöglich nicht ganz neu. Eine so deutliche Gewinnwarnung schockiere aber und treffe den angeschlagenen Aktienmarkt völlig unvorbereitet. Zeitweise verlor das Siemens-Papier knapp 19 Prozent. Damit wurden mehr als zehn Milliarden Euro an Börsenwert vernichtet.

Analyst Theo Kitz von Merck Finck & Co sprach von einer übertriebenen, emotionalen Reaktion. „Das Vertrauen in das Management ist angeknackst“, sagte Kitz. Noch vor wenigen Wochen habe Siemens-Chef Peter Löscher von vollen Auftragsbüchern und gut laufenden Geschäften berichtet. Zwar sei das kein Widerspruch zur aktuellen Entwicklung, da es sich bei den betroffenen Projekten um Altlasten handele. Doch die Enttäuschung sei groß. „Das Schlimmste für den Kurs ist die Unsicherheit über die noch ausstehenden Belastungen“, sagte Kitz.

Am Morgen hatte Löscher in einer Telefonkonferenz erklärt: „Was wir hier vor uns liegen haben ist die Aufarbeitung der Vergangenheit.“ Die Probleme seien mit Projekten verbunden, die zum Teil bis ins Jahr 2004 zurückgingen und zuvor nicht in der Größenordnung sichtbar gewesen seien. Mit 600 Millionen Euro geht der größte Teil der Einbußen auf das Konto der Kraftwerksparte (Fossil Power Generation). Zwar boomt das Geschäft mit Kraftwerken derzeit in der ganzen Welt, doch Siemens hat sich offenbar übernommen und mehr Aufträge angenommen, als fristgerecht fertiggestellt werden können. Das führt zu Strafzahlungen. „Wir haben die Zuliefersituation unterschätzt, und wir haben unsere Personal- und Planungskapazitäten falsch eingeschätzt“, sagte der Chef des Energiesektors, Wolfgang Dehen. Künftig werde Siemens selektiver in der Auftragsauswahl sein, einen Abbau von Arbeitsplätzen bedeute das nicht.

Die Sanierung defekter „Combino“- Straßenbahnen, die Siemens schon seit Jahren beschäftigt, schlägt im Industriesektor mit rund 200 Millionen Euro negativ zu buche. Und das ist nicht das Ende: erst gut die Hälfte der 475 ausgelieferten Züge seien mittlerweile repariert, sagte der Chef des Industriesektors, Heinrich Hiesinger. Der erst im vergangenen Jahr sanierte IT-Dienstleister SIS verschlang weitere 100 Millionen. Die Sparte verlor einen Auftrag des britischen Arbeitsministeriums im Volumen von 85 Millionen Euro, weil auch hier eine Terminzusage nicht eingehalten werden konnte.

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