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Davos

© ddp

Globale Elite: Zauberberg der globalen Wirtschaft

Mehr als 2500 Teilnehmer aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft kommen heute zum Treffen des Weltwirtschaftsforums in Davos. Was vor über 35 Jahren im kleinen Kreis begann, ist inzwischen ein weltweites Medienspektakel – dieses Jahr jedoch ohne die deutsche Politik-Prominenz.

Ende des 19. Jahrhunderts schrieb der Brite Sir Arthur Conan Doyle, der Schöpfer von Sherlock Holmes, einen Essay über das Skifahren in Davos. Spätestens seitdem ist der Schweizer Kurort äußerst beliebt – nicht nur bei englischen Touristen. 360 Tage im Jahr beherrschen die Skifahrer das Bild der Stadt in den Graubündner Alpen.

Aber jedes Jahr müssen sie für fünf Tage dem Weltwirtschaftsforums weichen. Dann verwandelt sich die beschauliche Kleinstadt in eine von über 5000 Polizisten und Soldaten bewachte Sicherheitszone. Kein Wunder: Wie jedes Jahr stehen auch jetzt wieder allerlei prominente Namen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft auf der Gästeliste.

Deutscher Wahlkampf ist wichtiger als Weltwirtschaft

Klaus Schwab, der Gründer des Forums, lud 1971 zum ersten Mal europäische Manager in den malerischen Schweizer Kurort. Der Professor für Wirtschaft an der Universität Genf wollte diskutieren, wie europäische Firmen ihr Management nach amerikanischem Vorbild verbessern können. Die Manager kamen und das Forum wurde eine Dauereinrichtung. Von Jahr zu Jahr wurden die Teilnehmer und die Themen globaler – und das Forum immer bedeutender.

Nach und nach zog es nicht nur Personen aus der Wirtschaft, sondern auch Politiker und Wissenschaftler nach Davos. 1987 wurde das Treffen vom "European Management Forum" zum "World Economic Forum". Das Weltwirtschaftsforum ist eine private Stiftung mit heute 340 Mitarbeitern und einem Budget von 60 Millionen Dollar. Über 1000 weltweit führende Wirtschaftsunternehmen tragen die Stiftung mit Sitz in Davos. Aus der einst kleinen Veranstaltung von Insidern ist längst ein Ereignis von weltweiter Bedeutung geworden.

In diesem Jahr werden neben dem englischen Premier Gordon Brown weitere 26 Staats- und Regierungschefs erwartet. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hat sich ebenso angekündigt wie UNO-Generalsekretär Ban Ki-Moon und Jean-Claude Trichet, Präsident der Europäischen Zentralbank. Aus den USA reisen Friedensnobelpreisträger Al Gore und US-Außenministerin Condoleezza Rice an, die zur Eröffnung des Forums zum Thema Klimawandel sprechen wird.

Im vergangenen Jahr hielt Bundeskanzlerin Angela Merkel die Eröffnungsrede. Diesmal bleibt sie dem Spektakel fern – der Wahlkampf in Hessen und Niedersachsen ist wichtiger als die Weltwirtschaft. Insgesamt ist die deutsche Politik schwach vertreten. Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) ist der einzig bekannte deutscher Politiker in Davos. Das Wirtschaftsministerium schickt Bernd Pfaffenbach. "Mit dem Staatssekretär sind wir hochrangig vertreten", sagte eine Sprecherin des Ministeriums.

Anders sieht es da bei der deutschen Wirtschaft aus: Angesagt haben sich unter anderem Josef Ackermann, der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank, und die Chefs von Siemens, Commerzbank, Bayer, BASF und RWE. "Nirgendwo trifft man auf so engem Raum so viele Entscheidungsträger aus Wirtschaft und Politik", erklärt Volker Heck, Leiter der Konzernkommunikation von RWE das Interesse an Davos. Das will sich auch Facebook-Gründer Mark Zuckerberg nicht entgehen lassen, der mit Wikipedia-Pionier Jimmy Wales und U2-Sänger Bono zu den bunteren Gästen zählt. Auch Oscar-Regisseur Florian Graf Henckel von Donnersmarck ist vor  Ort.

Rezession statt Umweltschutz

Unter dem Motto „Die Kraft der gemeinsamen Innovation“ stehen für die Teilnehmer aus über 88 Ländern offiziell fünf Punkte auf der Agenda: Geschäfte, Ökonomie und Finanzen, Geopolitik, Wissenschaft und Werte und Gesellschaft. Auf den ersten Blick eher wenig aussagekräftig, verstecken sich hinter den Begriffen oft brisante Themen wie steigende Ölpreise oder der Wiederaufbau im Irak, aber auch Klimaschutz, Armut und Menschenrechte.

Nach den weltweiten Turbulenzen an den Finanzmärkten wird wahrscheinlich die Finanzkrise alle anderen Themen überlagern. Standen letztes Jahr noch Private-Equity-Fonds und Hedgefonds im Mittelpunkt des Interesses, richten sich die Augen vieler Manager dieses Jahr auf die gut gefüllten Staatsfonds asiatischer Länder, die jetzt eine gute Gelegenheit sehen, um günstig in westlichen Märkten zu investieren.

Was nach den fünf Tagen bleibt, ist offen. Denn das Weltwirtschaftsforum selbst fasst keine Beschlüsse oder stellt Geld für Organisationen zur Verfügung wie die Weltbank oder der Internationale Währungsfonds. Es dient lediglich als Ort des Dialogs und des Austausches zwischen Führungspersönlichkeiten – was jedoch nicht immer ohne Folgen bleibt. In Davos trafen sich Vertreter von Nord- und Südkorea zu Gesprächen, aber auch der frühere Bundeskanzler Helmut Kohl mit Hans Modrow, dem damaligen Vorsitzenden des Ministerrates der DDR. Und im Windschatten des Treffens 2002 sagte der kanadische Premier 500 Millionen US-Dollar für Hilfsprojekte in Afrika zu, weitere Gelder folgten.

Protest gegen PR

Für die Gegner des Treffens sind solche Aktionen jedoch lediglich PR-Maßnahmen. Sie sehen in Davos vor allem ein Treffen, bei dem das wirtschaftliche Interesse im Vordergrund steht und die reichen Staaten den Ton angeben. Daher werden dieses Jahr wieder Demonstranten gegen das Treffen protestieren. Am kommenden Samstag werden in Bern zu einer Kundgebung bis zu 1500 Personen erwartet. Auch eine Kundgebung in Davos ist geplant.

Egal wie man zum Treffen steht, eins ist sicher: Für die höchstgelegene Stadt Europas lohnt sich der Trubel allemal. Rund 30 Millionen Franken spült das alljährliche Treffen nach einer Studie der Universität St. Gallen in die Gemeindekassen - da fällt es kaum ins Gewicht, dass sich Davos mit einer Million Franken an den Kosten für die Sicherheitsmaßnahmen beteiligen muss.

Tobias Fleischmann

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