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Wirtschaft: Globaler Zugriff

Die USA verteidigen ihre ökonomische Macht über weltweite Handels- und Finanzströme

WIRTSCHAFTSMACHT USA: WIEVIEL EINFLUSS HABEN DIE VEREINIGTEN STAATEN?

Von Maren Peters

und Flora Wisdorff

Die jordanische Opposition hegt einen bösen Verdacht. Vor wenigen Wochen erst unterzeichneten die USA und das Nachbarland des Iraks ein Finanzhilfeabkommen über 85 Millionen Dollar, zusätzlich zu den 235 Millionen Dollar Wirtschaftshilfe, die im vergangenen Jahr geflossen ist. Die Oppositionellen sind sicher, dass das nicht ohne Gegenleistung passiert ist. Sie verdächtigen ihren König, dass der für den Scheck Hilfe im Kriegsfall anbot.

Die Welt ist abhängig vom Handel mit und den Investitionen aus den USA. Amerika erwirtschaftet fast ein Drittel des Weltsozialproduktes, ist Sitz so vieler Weltkonzerne wie kein anderes Land. Amerika zog die Weltkonjunktur im Aufschwung, Amerikas Wirtschaftsschwäche drückt nun das Wachstum weltweit. Europa? Zu schwach, zu alt und zu zerstritten. Japan? Lethargisch, mutlos und marode. China und die asiatischen Tiger? Immer noch zu jung und zu unbedeutend, um in der Weltwirtschaft nennenswerte Aktivitäten auslösen zu können. Bleiben allein die USA als Impulsgeber. Der politischen Vormachtstellung Amerikas entspricht die wirtschaftliche. Das akzeptieren nahezu alle Spieler in der Weltwirtschaft.

Nur, dass die USA ihre unangefochtene Stellung nutzen, um eigene ökonomische Interessen durchzuboxen, politische Ziele zu erreichen, oder internationale Organisationen auszuhebeln, wird nicht mehr so gern gesehen. Weniger starke Länder würden es künftig noch schwerer haben voranzukommen, meinen Kritiker. „Der Bevölkerung anderer Länder werden die Chancen genommen“, sagt Christian Schröppel von der globalisierungskritischen Organisation Attac.

Die mächtigste Wirtschaftsmacht der Welt versuche, sich die Welt mit ökonomischer Gewalt gefügig zu machen – nach dem Prinzip Zuckerbrot und Peitsche. Zwar ist jeder Staat bestrebt, andere Länder zur Kooperation zu bringen: Sie müssen aber Kompromisse suchen. Die Amerikaner haben mehr Machtmittel als andere“, sagt Bernhard May, Amerika-Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. „Die Mittel werden gekürzt oder eingestellt, wenn ein Land nicht im US-Interesse handelt“, sagt er.

Nichts geht ohne Washington

Dasselbe Prinzip gelte auch bei multilateralen Organisationen wie dem Internationalen Währungsfonds oder der Welthandelsorganisation WTO. Länder wie Indien und Brasilien hatten beispielsweise Zweifel, ob sie von einer weiteren Liberalisierung des Welthandels profitieren würden – und wollten gegen eine neue Verhandlungsrunde stimmen. Durchsetzen konnten sie sich damit nicht. „Es gilt zwar offiziell das Mehrheitsprinzip“, sagt Rolf Langhammer, Vize-Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft. Aber die wichtigen Entscheidungen seien gegen die USA nicht durchzusetzen. „Schließlich haben die Entwicklungsländer keine Marktmacht“, argumentiert der Ökonom.

Gebunden fühlten sich die USA dennoch nicht an den Mehrheitsbeschluss der wichtigsten Handelsorganisation. Während in der laufenden Doha-Runde noch verhandelt wird, haben die USA eine Aufstockung der heimischen Agrarsubventionen um 70 Prozent auf 180 Milliarden Dollar beschlossen – und damit ein ziemlich entmutigendes Signal an die Entwicklungsländer gegeben. Deren Preise auf dem Weltmarkt werden nämlich nicht herunter subventioniert – und können trotz niedrigerer Entstehungskosten nicht mehr konkurrieren.

Wie die Welthandelsorganisation werden auch die internationalen Finanzinstitutionen von den USA dominiert. So stellt der Internationale Währungsfonds (IWF) Mitgliedern Kredite bereit. Allerdings nur, wenn die Amerikaner das Wirtschaftskonzept der Hilfe suchenden Länder überzeugend finden. Die USA sind nämlich der größte Anteilseigner des IWF und haben eine Sperrminorität. Und wenn die USA, wie in der Mexiko-Krise der neunziger Jahre helfen wollen, dann müssen die Europäer mitziehen. Ob sie wollen oder nicht.

Die Europäer haben die US-Dominanz akzeptiert – und profitieren selbst kräftig davon. Doch das Prinzip Zuckerbrot und Peitsche funktioniert nur so lange reibungslos, wie die USA über genügend Geldquellen verfügen. Um das unbegrenzte Wachstum zu finanzieren, benötigen die USA seit langem Geld aus EU und Asien. Doch wie lange wird das noch gut gehen? Allein im vergangenen Jahr hat sich das Leistungsbilanzdefizit um fast ein Drittel vergrößert. Die Amerikaner importierten viel mehr als sie exportierten und müssen das mit geliehenem Geld finanzieren. Und von dem Wohlwollen der Märkte und dem Vertrauen darauf, dass diese Wette noch eine Weile gut geht, ist die Supermacht USA abhängig. Sie braucht die ausländischen Geldquellen und sie braucht die ausländischen Konsumenten: Schließlich kaufen sie Coca-Cola, Microsoft-Computer und Ford-Autos – und finanzieren damit das amerikanische Wachstum mit.

Maren Peters, Flora Wisdorff

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