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Wirtschaft: Glos glaubt an einen langen Aufschwung

Der Wirtschaftsminister erhöht die Wachstumsprognose und lobt seine eigene Politik

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Die Bundesregierung rechnet für die kommenden Monate offenbar noch mit einem weiter anziehenden Konjunkturverlauf. Obwohl die Regierung ihre Wachstumsprognose für dieses Jahr kräftig von 1,6 auf 2,3 Prozent – und damit in etwa auf das Niveau der Wirtschaftsinstitute – angehoben hat, bezeichnete Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) diese Annahmen am Freitag noch als „zurückhaltend“. Die deutsche Wirtschaft befinde sich in einem „kräftigen Aufschwung“, sagte er. Für 2007 rechnet die Regierung – wegen der Erhöhung der Mehrwertsteuer – allerdings mit einem geringeren Wachstum von 1,4 Prozent.

Angesichts dieser positiven Lage verteidigte Glos die Maßnahmen der großen Koalition zur Sanierung des Staatsetats. Es gelte die Regel, dass man in guten Zeiten die Haushalte in Ordnung bringen müsse, sagte er. Die deutsche Wirtschaft, zeigte sich der Minister zuversichtlich, vertrage die Regierungsmaßnahmen. Auch die Mehrwertsteueranhebung zum 1. Januar 2007 werde nur zu einer flachen und vorübergehenden Konjunkturdelle führen. Für den privaten Konsum erwartet die Regierung in diesem Jahr ein Wachstum von 0,8 Prozent, 2007 dann noch von 0,3 Prozent. Damit ist die Regierung etwas optimistischer als die Institute. Der Anstieg der Bruttolöhne werde in diesem Jahr bei rund einem und 2007 bei 1,4 Prozent liegen.

Zugleich boomt der Export weiter. Die Regierung erwartet, dass die deutschen Ausfuhren dieses Jahr um zehn Prozent zulegen und im kommenden Jahr erneut um 6,7 Prozent. Er sehe die deutsche Wirtschaft in einer insgesamt sehr guten Wettbewerbssituation, lobte der frühere CSU-Landesgruppenchef im Bundestag und verwies auf stark gestiegene Unternehmensgewinne sowie gesunkene Lohnstückkosten. Glos zog die Bilanz, dass das wirtschaftliche Reformkonzept der Bundesregierung aufgehe. „Das Wachstums- und Impulsprogramm der Bundesregierung hat die Aufwärtsbewegung verstärkt und wirkt weiter.“ Mit Blick auf das zähe Ringen der großen Koalition um weitere Reformprojekte in den Bereichen Arbeit und Gesundheit sagte Glos, er wünsche sich ein höheres Tempo.

Die Kritik der Wirtschaftsinstitute am Fortgang der für 2008 geplanten Unternehmenssteuerreform wies Glos zurück: Es sei kühn, Gesetze zu verurteilen, deren Inhalt allenfalls in Umrissen erkennbar sei. Die ursprünglich geplante Einbeziehung von Zinsaufwendungen in die Bemessungsgrundlage der Körperschaftssteuer sei längst vom Tisch, versicherte er. Nun gehe es um „komplizierte“ Modelle, die allerdings die kleineren Firmen nicht so stark belasten würden, wie es eine Zinshinzurechnung getan hätte.

In der Geldpolitik rechnet Glos damit, dass die Europäische Zentralbank (EZB) mit weiteren Leitzinserhöhungen zurückhaltender bleibt als von manchen Experten erwartet. Gefahren für die Preisstabilität sehe er in Deutschland nicht, sagte er. So rechne er damit, dass er nach einer vorübergehenden Beschleunigung des Preisauftriebs durch die Mehrwertsteuererhöhung Anfang 2007 am Ende des Jahres wieder auf eine Preissteigerung von unter zwei Prozent zurückschauen könne. Zur Frage von Leitzinserhöhungen der Europäischen Zentralbank sagte er: „Aus deutscher Sicht ist es nicht besonders eilig.“ Er habe volles Vertrauen, dass die EZB stabilitätsgerecht handeln werde.

Am Freitag wurde zudem bekannt, dass die auch im September kräftig sprudelnden Steuereinnahmen den Bund deutlich bei der Neuverschuldung entlasten. In den ersten neun Monaten dieses Jahres betrug die Nettokreditaufnahme 17,8 Milliarden Euro und damit deutlich weniger als die im Bundeshaushalt für das Gesamtjahr veranschlagte Summe von 38,2 Milliarden Euro, meldete das Bundesfinanzministerium.

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