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Wirtschaft: Glos will Gabriel ausbooten

Umweltminister soll bei Energiegipfel nur am Rande mitwirken / Kernkraft „zentrales Thema“

Berlin - Neben dem Streit um die Atomkraft gibt es in der großen Koalition einen neuen Konflikt zwischen Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) und Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD). Anlass ist der Energiegipfel, den Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für das Frühjahr plant. „Die Vorbereitungen für den Energiegipfel sind in allererster Linie durch den Wirtschaftsminister zu treffen“, sagte Glos auf einer Energiekonferenz des Handelsblatts am Dienstag in Berlin. Der Umweltminister könne daran lediglich „mitwirken, soweit er zuständig ist“, sagte Glos. Umweltminister Gabriel betonte dagegen am Dienstagabend, dass beide Ministerien für die Vorbereitung des Gipfels zuständig seien.

Auf der Klausurtagung der großen Koalition vor wenigen Tagen in Genshagen hatte war vereinbart worden, dass Glos und Gabriel den Gipfel zusammen vorbereiten. Doch von einer gemeinsamen Energiepolitik sind beide Minister offenbar weit entfernt. Schon unter der Vorgängerregierung waren Energiefragen zwischen Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) und Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) stets umstritten.

„Energiepolitik ist Wirtschaftspolitik“, sagte Glos. „Sie muss vor allem dem Wachstumsziel verpflichtet sein.“ Daher werde auch die Kernenergie zu den „zentralen Themen“ des Energiegipfels gehören. „Wir brauchen einen breiten Mix aus Kohle, Öl, Gas, Kernkraft und erneuerbaren Energien“, bekräftigte der Minister. „Weltweit werden ständig neue Kernkraftwerke gebaut“, sagte Glos. Gabriel hatte dagegen betont, dass der im Koalitionsvertrag festgeschriebene Atomausstieg nicht zur Debatte stehe.

Unterstützung erhielt Glos von Vattenfall-Chef Klaus Rauscher. Längere Laufzeiten für die Kernkraftwerke könnten für die Stromkunden „preisdämpfende Effekte“ haben. Er betonte aber, dass sich diese Wirkung nur langfristig einstelle, da das nächste Kernkraftwerk – Biblis A – erst 2008/09 abgeschaltet werden müsse. Solange es jedoch keine politische Einigung gebe, sollte die Energiewirtschaft ins Auge fassen, Reststrommengen von neuen auf alte Kraftwerke zu übertragen, sagte Rauscher.

Generell rechnet Rauscher ohnehin nicht mit sinkenden Preisen. „Die Abhängigkeit von Energieimporten wächst. Und das werden die Produzentenländer nutzen.“ Energie werde daher weiter teurer. „Ich halte es für ausgeschlossen, dass wir langfristig sinkende oder auch nur gleich bleibende Energiepreise in Europa haben werden“, sagte Rauscher.

Ähnlich äußerte sich Glos: „Die Nachfrage nach Energie steigt weltweit.“ Auch könnten Konflikte wie der Gas- Streit zwischen Russland und der Ukraine jederzeit neu aufbrechen. „Es bleiben latente Sorgen, dass es noch einmal zu ähnlichen Maßnahmen kommt“, sagte Glos. In Folge des Gas-Streits war die Belieferung Deutschlands mit Gas Anfang Januar kurzzeitig gestört worden.

Auch die Gaswirtschaft selbst erwartet keine sinkenden Preise. „Billiges Gas wird nicht gekauft, wenn es im Winter nicht sicher zur Verfügung steht“, sagte der Präsident des Bundesverbands der Gas- und Wasserwirtschaft, Michael Feist. Allerdings kündigte er an, dass private Verbraucher noch in diesem Jahr die Möglichkeit erhalten sollen, ihren Gasversorger frei zu wählen. Bis zum 1. Februar will sich die Gaswirtschaft dazu mit der Bundesnetzagentur auf ein praktikables Modell verständigen. „Bis Oktober kann es dann weitgehend flächendeckend angewandt werden“, sagte Feist.

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