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Wirtschaft: Goldmine und Dynamit

Experten reden über „Big Data“ – Riesige Datenmengen als Chance und Risiko.

Berlin - Unternehmen sammeln Daten über unsere Interessen und Einkäufe, Krankenkassen über unsere Behandlungen, der Staat über unsere Finanzen. Und wir selbst produzieren immer mehr Daten, wenn wir unser Handy benutzen, unser Navigationssystem einschalten oder Sensoren einsetzen. Allein im öffentlichen Internet stehen aktuell Informationen im Volumen von knapp drei Zetta-Byte. Zetta ist eine eins mit 21 Nullen. Mit der unaufhörlich wachsenden Datenmenge – Experten sprechen von „Big Data“ – verbessern sich auch die technischen Möglichkeiten, die riesigen Datensammlungen zu analysieren und nutzbar zu machen. Und damit wächst das Risiko, dass sie missbraucht werden.

Den von der EU initiierten „Safer Internet Day“ am Dienstag nutzten Verbraucherministerium und der Hightech-Verband Bitkom, um mit Experten in Berlin über die Frage zu diskutieren: „Big Data - Goldmine oder Dynamit?“ In zwei Punkten sind sich Unternehmen und Politik weitgehend einig. Erstens: Big Data birgt nicht nur für die Wirtschaft großes Potenzial. Die Anwendungen können helfen, gesellschaftliche Probleme zu lösen. Etwa wenn Bewegungsdaten analysiert werden, um den Verkehr sicherer zu machen; wenn Verbrauchsdaten gesammelt werden, um die Energieerzeugung zu optimieren, oder wenn medizinische Informationen ausgewertet werden, um Therapien zu verbessern. Zweitens: Verbraucher werden jedoch solche umfangreichen Datenanalysen nur akzeptieren, wenn die Daten entsprechend geschützt werden.

„Ich bin für Big Data“, stellte der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar klar, „weil diese Technologien viele Chancen für die Gesellschaft bieten.“ Allerdings müsse der Datenschutz bereits beim Erstellen der Daten mitgedacht werden. „Privacy by Design“ heißt der Fachausdruck dafür. Auch müsse jederzeit eine wirksame Anonymisierung der Daten gewährleistet sein, die auch nicht zurückgenommen werden könne. Hintergrund ist, dass aus der Analyse der großen Datenmengen am Ende keine Rückschlüsse auf einzelne Personen mehr möglich sein dürfen. Die Datenschützer wollen vor allem verhindern, dass von Personen – ohne ihr Wissen und ihre Zustimmung – umfangreiche Bewegungsprofile erstellt werden. Für Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) steht die Gewährleistung der Anonymität auch deshalb an oberster Stelle. Wichtig seien aber auch die Datensicherheit sowie die Transparenz. „Je sensibler die Daten, desto höher muss der Datenschutz sein“, stellte Aigner klar. „Und es muss Transparenz darüber geben, welche Daten wie genutzt werden.“

Bitkom-Präsident Dieter Kempf mahnte eine vernünftige Abwägung der Chancen und Risiken an. Und er wies auf einen möglichen Zielkonflikt hin: Wer etwa individualisierte Tarife angepasst an seinen persönlichen Strombedarf haben wolle, müsse eben auch seine Daten zur Verfügung stellen und so auf Anonymisierung verzichten. Vor allem aber forderte Kempf im Namen der Unternehmen, eine einheitliche Regelung auf EU- Ebene, damit überall die gleichen Wettbewerbsbedingungen gelten.

Was halten die Verbraucher von Big Data? Für fast zwei Drittel (65 Prozent) sind große Datenmengen kein Problem, wenn man verantwortungsvoll mit ihnen umgeht. Das ergab eine repräsentative Umfrage im Auftrag des Bitkom. Gleichzeitig stimmte die Hälfte der Befragten der Aussage zu, dass ihnen die immer größer werdenden Datenmengen Sorgen bereiten. Aufklärung scheint notwendig – zumal lediglich ein gutes Drittel der Befragten auf Anhieb etwas mit dem Begriff Big Data anfangen kann.Corinna Visser

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