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Wirtschaft: Greenspan kann den Dollar nicht stoppen

US-Notenbankchef hebt erneut die Leitzinsen an – doch die Sorge um steigende US-Defizite macht die Devisenmärkte nervös

Berlin - Die US-Notenbank Fed hat am Dienstag die Leitzinsen zum fünften Mal in diesem Jahr angehoben. Der maßgebliche Leitzins sei um einen viertel Prozentpunkt auf 2,25 Prozent erhöht worden, teilte die Fed in Washington mit. Obwohl die Notenbankzinsen in den USA nun höher sind als in Europa, wird der Dollar Experten zufolge weiter an Wert verlieren. Solange die Etat- und Außenhandelsdefizite in den USA stiegen und asiatische Länder gegen eine Aufwertung ihrer Währungen intervenierten, werde es keine Trendwende geben, sagten Volkswirte.

Schon im Juni, August, September und November hatte die Zentralbank die Zinsen jeweils um einen viertel Punkt angehoben, wodurch eine Phase vierjähriger Zinssenkungen beendet worden war. Das Ziel der Fed ist es, die Inflation einzudämmen, die durch das teurere Öl zeitweise an Fahrt gewonnen hatte. Dies erscheine nun möglich, hieß es. Zugleich sollen die Leitzinsen die Konjunktur nicht bremsen. Die Fed signalisierte weitere Zinserhöhungen für das kommende Jahr.

Den Fall des Dollar wird die Zinserhöhung kurzfristig aber nicht stoppen, sagte Stefan Schneider von der Deutschen Bank. „Eine schnelle Lösung gibt es nicht – das ist das Problem.“ Der Euro stieg vor der Fed-Entscheidung zeitweise auf mehr als 1,3330 Dollar, danach lag er etwas darunter. Grund: Das Monatsminus in der US-Handelsbilanz ist im Oktober stärker als erwartet gewachsen – auf 55,5 Milliarden Dollar. Volkswirte hatten mit einem Anstieg auf nur 53 Milliarden Dollar gerechnet. „Das wird den Dollar zusätzlich unter Druck setzen“, erwartet Ulrich Hombrecher, Chefvolkswirt der WestLB. „Höhere Zinsen helfen nicht.“

Die Lücke in der US-Außenhandelsbilanz liegt zum fünften Mal in Folge über 50 Milliarden Dollar. Zusammen mit der Staatsverschuldung gilt dies als wichtigste Ursache für die Dollarschwäche, die zugleich eine Euro-Aufwertung bedeutet. Seit Anfang Juli hat der Euro fast elf Prozent an Wert gewonnen. Dies schmälert die in Dollar erzielten Gewinne deutscher Exporteure und verschlechtert die Absatzchancen in den USA. „Europa trägt die Hauptlast des Dollarverfalls“, sagte Schneider von der Deutschen Bank.

Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement appellierte an die USA, ihr Defizit zu senken. „Wir setzen auf einen konsequenten Defizitabbau“, sagte er. China und Japan forderte er auf, beim Ausgleich der Ungleichgewichte zu helfen. Um ihren Export nicht zu gefährden, haben asiatische Länder eine Aufwertung ihrer Währungen bisher verhindert. Indem sie ihre Exporterlöse wieder in den USA investieren, finanzieren sie so 80 Prozent des US-Leistungsbilanzdefizits.

„Der Druck auf Asien, die Wechselkurse anzupassen, wird steigen“, glaubt Volkswirt Schneider. „Aber er wird wenig bewirken.“ So würde allein China 200 Milliarden Dollar seiner Reserven einbüßen, wenn der Yuan 40 Prozent zum Dollar aufwerten würde. An eine schnelle Anpassung der Währungen oder einen Kollaps des Weltwährungssystems glaubt Schneider nicht. Zwar hätten die Märkte erkannt, dass die Interventionen Asiens „nicht ewig so weitergehen können“. Hohe Direktinvestitionen amerikanischer und europäischer Firmen etwa in China machten einen Finanzcrash aber unwahrscheinlich. US-Ökonomen wie Brad Setser sehen das anders (siehe Interview).

„Die Devisenmärkte neigen zur Übertreibung“, sagt Ulrich Hombrecher. Ein Eurokurs von 1,40 Dollar sei wahrscheinlich. Auch Stefan Schneider hält es für denkbar, dass sich der Dollar-Verfall beschleunigt, „sobald den Investoren klar wird, dass die US-Leistungsbilanz nicht reagiert“. Erst wenn statt der Defizite die gestiegenen Firmengewinne in den USA wahrgenommen würden, werde die Talfahrt enden. Die US-Industrie läuft derweil auf Hochtouren. Die Kapazitätsauslastung stieg im November auf 77,6 Prozent, das höchsten Niveau seit Mai 2000 und 0,3 Prozent mehr als im Vormonat.

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