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Wirtschaft: Greenspan und Tietmeyer dämpfen die Hoffnungen

Alan Greenspan bleibt seiner Linie treu.Der Herr über die US-Zinsen gibt den Märkten zwar Orientierung, aber er sagt nicht, was er vorhat.

Alan Greenspan bleibt seiner Linie treu.Der Herr über die US-Zinsen gibt den Märkten zwar Orientierung, aber er sagt nicht, was er vorhat.Bezogen auf die US-Leitzinsen bedeutet das: Es ist nach wie vor möglich, daß der Zielsatz für US-Tagesgeld Ende des Monats unter 5,5 Prozent gesenkt wird.So sicher, wie mancher Marktteilnehmer das zuletzt annahm, ist es aber nicht mehr.Das ist gut so.Ein US-Notenbankchef kann und darf sich von den Finanzmärkten nicht in die Ecke drängen lassen.

Mit seinen Äußerungen signalisiert Greenspan, daß er über die Probleme der Weltwirtschaft und ihre Auswirkungen auf die USA intensiv nachdenkt.Nicht mehr und nicht weniger.Auch er hat keine Patentrezepte, auch er kann mit den ihm zur Verfügung stehenden Instrumenten nicht alle Probleme der Weltwirtschaft auf einen Schlag lösen.Aber er kann zur Beruhigung der extrem nervösen Börsen beitragen.Das weiß er.Und daher hat er sich Anfang September so besorgt über die Finanzkrisen der Welt geäußert, daß seine Sätze als geldpolitische Kehrtwende zu interpretieren waren.Noch im August war eine Zinserhöhung in den USA möglich.Zumindest dies scheint nun vorerst ausgeschlossen.Ob es in diesem Jahr zu einer Zinssenkung kommt, dürfte vor allem von der Konjunkturentwicklung in den USA abhängen.Wenn sich die Anzeichen verdichten, daß die Wachstumskräfte erlahmen und sich die Finanzkrise in den Schwellenmärkten auch auf Lateinamerika ausdehnen sollte, wird eine Lockerung der Geldpolitik wahrscheinlicher.

Ähnliches steht auch in Euroland auf dem Programm.Bundesbankpräsident Hans Tietmeyer mag sich gegen eine Lockerung der Geldpolitik in Europa aussprechen.Aber was bedeutet das? Nach wie vor ist unklar, wo sich der europäische Geldmarktleitzins einpendeln wird.Vor einem Jahr gingen die Beobachter mehrheitlich noch von einem Satz deutlich über vier Prozent aus.Mittlerweile halten viele Beobachter 3,5 Prozent für wahrscheinlich und manche selbst 3,3 Prozent für möglich.Dies wäre das deutsche Niveau.

Für eine Reihe von Mitgliedern der Währungsunion - außerhalb des traditionellen D-Mark-Blocks - bedeutet dies so oder so ein Zinssenkungs- und Konjunkturankurbelungsprogramm.Faktisch lassen es also die Währungshüter in Euroland derzeit zu, daß die Geldpolitik kontinuierlich gelockert wird.Wenn in solch einer Situation von den Märkten oder von Gewerkschaftern noch mehr verlangt wird, zeigt das nur deren Mangel an Realitätssinn.Tietmeyer hat solchen Erwartungen zu Recht einen Riegel vorgeschoben.

THOMAS SCHMITT ((HB))

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