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Mit diversen Ideen, doch ohne schlüssiges Konzept versuchen die Euro-Politiker, die Finanzkrise Griechenlands in den Griff zu bekommen. Bislang vergeblich. Foto: dpa

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Update

Griechenland: Bundesbankpräsident gegen Gläubiger-Beteiligung

Bundesbankpräsident Weidmann hat sich gegen eine zusätzliche Beteiligung der Notenbanken zur Unterstützung Griechenlands ausgesprochen. Derweil hat die Ratingagentur S&P hat die Kreditwürdigkeit Griechenlands weiter herabgestuft.

In einem Beitrag für die "Süddeutsche Zeitung" schrieb Weidmann, es sei allein Sache der Politik, weiteres Geld für Athen zu bewilligen. Das Euro-System würde aber auch eine Staatspleite Griechenlands überstehen. Wenn die griechische Regierung ihre Versprechen zur Sanierung des Haushalts nicht halte, entfalle die Basis für Hilfe. Die Europäische Zentralbank habe ohnehin 2010 schon "konventionelle und unkonventionelle Maßnahmen" zur Stabilisierung des Finanzsystems ergriffen und ihre Kompetenzen "stark gedehnt". Die übernommenen Risiken müssten nun zurückgefahren werden. Falls aber die Parlamente der Euro-Länder weiteren finanziellen Hilfen für Griechenland zustimmten, "müssen die Mittel auch für die Stützung des griechischen Bankensektors ausreichen", schreibt der seit Monatsanfang amtierende Bundesbankpräsident. Und selbst wenn Athen keine weitere finanzielle Unterstützung mehr bekäme, wären "weitere beträchtliche Mittel notwendig", um die Konsequenzen für die Gemeinschaft abzufedern. Dagegen hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) als Bedingung für weitere Zusagen an Athen eine Beteiligung privater Gläubiger gefordert. Berlin will, dass private Investoren einen Anteil von etwa 30 Milliarden Euro an einem weiteren Hilfspaket für Griechenland tragen. Das neue Paket soll insgesamt 90 bis 120 Milliarden Euro umfassen.

EU-Währungs- und Wirtschaftskommissar Olli Rehn sagte der Zeitung, einige europäische Staaten teilten die deutsche Position, andere nicht. "Wir sind aber nicht so weit von einer gemeinsamen Lösung entfernt, wie manche glauben." Die Europäische Kommission bereite einen Vorschlag vor, wonach private Investoren die Laufzeiten ihrer Anleihen freiwillig verlängern könnten. Bei ihrem Treffen in Brüssel wollten die EU-Finanzminister am Dienstag auch über die Griechenlandkrise beraten.

Aber die Fronten im Griechenland-Drama verhärten sich weiter: Die Politik will die Banken mit ins Rettungsboot holen, die Bereitschaft dafür ist aber gering. Der griechische Premier Giorgos Papandreou wehrt sich gegen den vor allem von Deutschland vertretenen Plan, private Gläubiger wie Banken und Versicherungen bei einer Umschuldung des Krisenlandes in die Pflicht zu nehmen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) warnte, die Schuldenkrise im Euro-Raum drohe den Aufschwung in Deutschland zu gefährden. Und Europas Währungshüter lehnen eine weitere Belastung der Zentralbank ab. Die Politik sei gefordert, sagte Bundesbankpräsident Jens Weidmann am Pfingstwochenende.

Die Ratingagentur Standard & Poor's setzte unterdessen die Kreditwürdigkeit Griechenlands um drei Stufen herab. Langfristige griechische Staatsanleihen würden nun mit CCC statt wie zuvor B bewertet. Die Bewertung kurzfristiger Anleihen bleibe bei C. Der Ausblick sei negativ, erklärte die Agentur. Das deutet auf eine weitere Herabstufung in den kommenden zwölf bis 18 Monaten hin. Es gebe eine deutlich höhere Wahrscheinlichkeit, dass das Land seine Schulden in einer Art umstrukturiere, die von den Ratingagenturen als Zahlungsausfall eingestuft werde, begründete S&P die neue Bewertung.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte bereits zuvor befürchtet, dass eine Stundung von griechischen Schulden von den Ratingagenturen als Zahlungsausfall betrachtet würde und das Land damit als pleite gelte. Das will die EZB auf jeden Fall verhindern, denn sie befürchtet enorme Risiken auf den Finanzmärkten und für andere angeschlagene Euro-Länder wie Portugal oder Irland.

Auf einem Krisentreffen wollen die Finanzminister des Eurogebiets an diesem Dienstag die Rettung Griechenlands vor der drohenden Staatspleite beraten. Wie Diplomaten am Montag in Brüssel berichteten, planen die obersten Kassenhüter eine gemeinsame Erklärung, in der sie ihre Unterstützung für den Schuldensünder bekräftigen wollen. Umstritten bei einem neuen Rettungspaket für Athen ist die Einbindung von privaten Gläubigern wie Banken und Versicherungen.

Bei den Beratungen in Brüssel geht es um ein neues Paket für Athen, das einen Umfang von 90 Milliarden Euro bis 120 Milliarden Euro habe, wobei Athen zusätzliche harte Einsparungen und umfangreiche Privatisierungen durchsetzen müsste. Das neue Programm soll spätestens bis Monatsende stehen – es ist eine Vorbedingung für die Auszahlung einer Tranche von zwölf Milliarden Euro aus dem seit 2010 laufenden ersten Hilfsprogramm von 110 Milliarden Euro für Griechenland. Athen braucht das Geld, denn sonst kann das Land Kredite nicht zurückzahlen und Staatsbediensteten Löhne und Gehälter nicht mehr überweisen. Merkel warnte am Wochenende in ihrem Video-Podcast: „Wir dürfen nichts tun, was den Aufschwung weltweit insgesamt in Gefahr bringt und dann auch in Deutschland wieder in Gefahr bringen würde.“ Sie verwies auf den Bankrott von Lehman Brothers.

Im Gespräch ist eine „weiche“ Umschuldung Griechenlands, wie sie Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker und auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble wollen. Nach dem Schäuble-Modell sollen Banken alte griechische Staatsanleihen gegen neue mit längerer Laufzeit von sieben Jahren umtauschen. Ministerpräsident Papandreou dagegen sagte der Athener Sonntagszeitung „To Vima“, die Idee einer Gläubigerbeteiligung sei zwar „in der Theorie richtig“. Sie habe aber bislang das Gegenteil bewirkt, die Märkte seien nervöser geworden.

Commerzbank-Chef Martin Blessing zeigte sich in einem Interview mit der „Welt am Sonntag“ skeptisch: Es trage nicht zum Vertrauen der Märkte bei, wenn die Zusicherung, dass bis 2013 kein Gläubiger zur Sanierung Athens herangezogen werde, nicht mehr gelte.

Unterdessen verteuerten sich Ausfallversicherungen (CDS) für griechische Staatsanleihen weiter. Die CDS kletterten nach Angaben des Datenanbieters Markit auf ein Allzeithoch von 1575 Basispunkten. Das bedeutet, dass die Versicherung eines zehn Millionen Euro schweren Bond-Paketes inzwischen 1,575 Millionen Euro kostet. (dpa/rtr)

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