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Dagegen! Die Griechen lärmen in Athen gegen das Sparpaket. Ökonomen glauben nicht, dass Griechenland die Kredite eines Tages zurückzahlen kann.

© REUTERS

Griechenland-Hilfe: Lieber hart als sanft

Europa stellt den Griechen frisches Geld zur Verfügung – mindestens 60 Milliarden Euro, damit das Land bis 2014 über die Runden kommt. Dabei sagt ein Ökonomen: Eine Pleite käme die Deutschen billiger als immer neue Hilfspakete.

Berlin - „Wir werden alle Optionen durchspielen“, versprach Jean-Claude Juncker, der Chef der Eurogruppe, bevor er am Dienstag mit seinen Kollegen zu Beratungen über die Griechenland-Krise entschwand. Tatsächlich ist die Stoßrichtung längst klar: Europa stellt den Griechen frisches Geld zur Verfügung – mindestens 60 Milliarden Euro, damit das Land bis 2014 über die Runden kommt. 30 Milliarden zusätzlich sollen Banken und Versicherungen beisteuern, „als Signal an die Wähler in Deutschland“, findet Thomas Mayer, Chefvolkswirt der Deutschen Bank. Erst kommende Woche soll das neue Paket geschnürt sein.

Doch Ökonomen glauben nicht, dass Griechenland eines Tages das Geld wird zurückzahlen können. „Das ist Siechtum“, sagt Christian Dreger, Chef der Abteilung Makroökonomie beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). „Alles, was man nun unternimmt, verschiebt das Problem nur.“ Griechenland könne gar nicht aus eigener Kraft auf die Beine kommen. „Die sanfte Umschuldung, die vor allem die Bundesregierung nun anstrebt, kostet mehr, als jetzt eine harte Umschuldung vorzunehmen.“

Der Plan von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), private Anleger zu beteiligen, ist komplex: Laufende Staatsanleihen sollen in Papiere mit längerer Laufzeit getauscht werden, um Athen eine Atempause zu verschaffen. Das Problem: Die Rating-Agenturen und die Europäische Zentralbank (EZB) bezweifeln, dass die Banken einen solchen Weg freiwillig beschreiten. Sollte nur der Hauch von Zwang im Spiel sein, läge ein Kreditereignis vor – für die EZB eine Horrorvorstellung: Ein Teil der griechischen Anleihen über 50 Milliarden Euro, die sie hält, würde wertlos – und die Notenbank geriete selbst in Probleme. Deshalb hat Bundesbank-Präsident Jens Weidmann klar gemacht, dass er von einem sanften Weg nichts hält.

Als Alternative bliebe dann nur noch, dass die Banken ihr Geld auch nach dem Laufzeit- Ende der Anleihen in dem Land lassen. „Die Summe ist aber kaum planbar“, sagt Ansgar Belke, Wirtschaftsprofessor an der Universität Duisburg. Und mit Spar-Auflagen für Griechenland lasse sich diese Variante auch nicht verbinden. Belke plädiert daher für eine harte Umschuldung, bei dem man die Gläubiger zwingt, auf einen Teil ihres Geldes zu verzichten – also auch die Staaten. Zusammen mit DIW-Mann Dreger hat er die Folgen der verschiedenen Krisen-Szenarien berechnet. Ergebnis: Würde man die Griechen sofort um die Hälfte ihrer Schulden erleichtern, kostete das den deutschen Staat 36,9 Milliarden Euro. Vorteil: Für Athen wäre dies ein Befreiungsschlag, eine baldige Rückkehr an den Kapitalmarkt wäre möglich.

Stellte sich dagegen heraus, dass Griechenland bis 2015 nur ein Drittel seiner Schulden bedienen kann, stiegen die Kosten für die Bundesrepublik auf 38 Milliarden Euro. Kann Athen nicht einen Cent der Hilfen zurückzahlen, kletterte die Belastung auf 56,1 Milliarden. Die Kosten, die für eine Stützung der EZB fällig würden, sind nicht einmal eingerechnet.

Das bedeutet: Eine rasche Umschuldung käme am günstigsten. Es sei denn, im Zuge einer Pleite Griechenlands gerieten auch Portugal und Irland ins Straucheln. Dann, kalkulieren Dreger und Belke, könnte sich die Rechnung auf 42,3 Milliarden Euro erhöhen. „Wenn es zu einer Ansteckung anderer Länder käme, könnte auch unser Bankensystem in eine Schieflage geraten“, sagt Hans-Peter Burghof, Banken-Professor an der Universität Hohenheim. Deshalb sei eine solide Sanierung Griechenlands wichtig, die die Stabilität wahrt. „Das ist aber möglich“, ist er sich sicher.

Doch wären die deutschen Banken nicht in Gefahr, wenn Griechenland als Zahler ausfällt? Nicht auszuschließen – doch die Institute trennen sich seit Monaten von den riskanten Papieren. Staaten und EZB halten einen immer größeren Teil der Schulden. „Die Schulden sind bei uns, da kommen wir nicht raus“, sagt Burghof. „Wir hätten gar nicht erst damit anfangen sollen, die Griechen zu retten.“

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