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Griechenland: Notfallhilfe kann sich über Jahre ziehen

Die Euroländer wollen Athen notfalls so lange zur Seite stehen, bis die Haushaltsmisere gelöst ist. Auf Deutschland könnten zweistellige Milliardenbeträge zukommen.

Die dringende Geldnot Griechenlands hat den langfristigen Bedarf der Hellenen ein wenig in den Hintergrund gedrängt: Zuletzt wurde hierzulande nur noch über die etwa 8,4 Milliarden Euro diskutiert, die Deutschland in diesem Jahr im Bedarfsfalle beisteuern würde. Doch damit geriet aus dem Blickfeld, dass die EU-Finanzminister am vergangenen Wochenende ein Drei-Jahres-Programm beschlossen haben. Damit muss Deutschland den Griechen im schlimmsten Fall Kredite in Höhe von 25,2 Milliarden Euro bereitstellen.

Wie das Handelsblatt unter Berufung auf Kreise der EU-Kommission berichtete, könnte das Kreditvolumen für das gesamte Programm auf bis zu 90 Milliarden Euro anschwellen. Wie hoch sich die einzelnen Euroländer daran beteiligen, soll sich aus dem jeweiligen Anteil eines Landes an der Europäischen Zentralbank ergeben. Für Deutschland sind das etwas über 27 Prozent.

Für den CDU-Haushaltsexperten Norbert Barthle sind das jedoch nur Spekulationen. "Ich halte es für wenig hilfreich, jetzt darüber zu spekulieren, wie die Lage in zwei oder drei Jahren sein wird und wie viel Geld Griechenland dann möglicherweise braucht", sagte Barthle ZEIT ONLINE. Noch sei er "guter Hoffnung", dass der Notfall gar nicht eintritt und sich Griechenland weiterhin über die Kapitalmärkte refinanzieren kann, sagte der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag.

Am Dienstag gelang das mit der Platzierung von zwei kurzfristigen Anleihen, durch die 1,56 Milliarden Euro an frischem Geld in die Kasse flossen. Die gesamten Gebote betrugen sogar mehr als acht Milliarden Euro – die Hellenen finden also weiterhin genügend Käufer am Markt. Allerdings war das nur ein erster Test: Bis Ende Mai braucht Athen mehr als zehn Milliarden Euro. Der noch ausstehende Finanzierungsbedarf für dieses Jahr wird auf insgesamt 29 Milliarden Euro taxiert. In den kommenden Jahren wird Athen weiter auf Kredite angewiesen sein, solange die eigenen Einnahmen nicht die Ausgaben decken. 

Doch davon ist Griechenland weit entfernt. Zuletzt erhielt es am Markt nur noch Kredite mit hohen Risikoaufschlägen. Das führt aber dazu, dass die Zinszahlungen einen immer größeren Anteil am Staatshaushalt einnehmen. Hinzu kommt: Das drastische Sparprogramm der Regierung von Ministerpräsident Giorgos Papandreou droht die Wirtschaft abzuwürgen. Die griechische Industrie beklagt bereits eine sinkende Binnennachfrage. Die griechische Notenbank erwartet für dieses Jahr einen Rückgang des Bruttoinlandsproduktes um zwei Prozent. Eine Rezession hätte wiederum Auswirkungen auf den Staatsetat.

Schon jetzt sitzen die Hellenen auf einem Schuldenberg von 300 Milliarden Euro, das sind 125 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. Die Schulden werden weiter wachsen. In Finanzkreisen werde der Refinanzierungsbedarf bis 2012 auf gut 120 Milliarden Euro geschätzt, schreibt das Handelsblatt. Die Gemengelage spricht also nicht dafür, dass es mit einer kurzfristigen EU-Unterstützung getan wäre, sollte Griechenland die in Aussicht gestellten Hilfen in Anspruch nehmen.

In Kreisen der Bundesregierung und der EU-Kommission hieß es, mit der Vereinbarung vom Wochenende wolle man der griechischen Regierung so lange finanziell zur Seite stehen, bis Griechenland sein Stabilitätsprogramm erfolgreich umgesetzt hat und wieder die Anforderungen des EU-Stabilitätspakts erfüllt. Im Februar hatten die EU-Länder von Athen verlangt, die jährliche Neuverschuldung bis 2012 wieder auf die vom Stabilitätspakt erlaubten drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu drücken. Im vorigen Jahr lag die Quote bei 12,7 Prozent.

Doch selbst wenn der Bedarfsfall eintreten und Deutschland den Hellenen zur Seite springen sollte, könnte CDU-Haushaltsexperte Barthle gut damit leben. "Ich fürchte nicht, dass der deutsche Steuerzahler draufzahlt", meinte er. Sein Optimismus beruht schlicht darauf, dass Griechenland für die EU-Kredite nach derzeitigem Stand rund fünf Prozent Zinsen zahlen müsste, Deutschland am Markt hingegen Geld zu einem niedrigeren Zins erhält. Der Bund würde somit aus der Hellas-Misere noch Kapital schlagen.

Quelle: ZEIT ONLINE

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