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Griechenland: Schicksalstage für Giorgos Papandreou

Griechenlands Ministerpräsident Giorgos Papandreou mutet seinem Volk viel zu – und braucht die Parlamentsmehrheit.

Athen - Wieder eine Schicksalswoche in Athen – und nicht nur für den Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou, der sich erst vergangene Woche einem Vertrauensvotum im Parlament stellte. Diesmal geht es um weit mehr als den Bestand seiner Regierung. Am Mittwoch soll das Parlament über das neue Spar- und Privatisierungsprogramm abstimmen.

Mit dem Sparpaket könnte sich Griechenland nicht nur die nächste Rate der Hilfskredite von zwölf Milliarden Euro sichern, sondern auch ein neues Hilfspaket von bis zu 120 Milliarden Euro, mit dem sich das Land bis ins Jahr 2014 refinanzieren soll. Darüber wollen die Euro-Finanzminister am kommenden Sonntag beraten – sofern Papandreou bis dahin seine Sparmaßnahmen durchs Parlament gebracht hat.

Auf die Griechen warten neue Opfer, denn die Haushaltskonsolidierung soll hauptsächlich mit Steuererhöhungen bewerkstelligt werden. So sollen alle Griechen, die mehr als 8000 Euro im Jahr verdienen, eine „Solidaritätsabgabe“ von ein bis vier Prozent ihres Einkommens entrichten. Auch zahlreiche Freibeträge und Abzugsmöglichkeiten werden gestrichen. Unter dem Strich wird beispielsweise ein doppelverdienendes Ehepaar mit zwei Kindern, das bisher 55 000 Euro im Jahr brutto zur Verfügung hatte, fast 3000 Euro einbüßen. Kritiker bemängeln, die Sparmaßnahmen träfen vor allem die Empfänger mittlerer und unterer Einkommen. Immerhin brummte Finanzminister Evangelos Venizelos allen politischen Amtsträgern – vom Abgeordneten bis zum Ministerpräsidenten – eine Sonderabgabe von fünf Prozent ihrer Einkommen auf. Aber auch Venizelos bezeichnet die Maßnahmen als „hart und ungerecht“. Es gebe angesichts des Sparzwangs und des Zeitdrucks jedoch keine Alternative.

Ebenso umstritten wie die Sparmaßnahmen sind die geplanten Privatisierungen. Die Gehälter bei den Staatsbetrieben liegen teils beim Dreifachen dessen, was in der Privatwirtschaft verdient wird. Dazu gibt es allerlei absurde Zulagen, so etwa für pünktliches Erscheinen zur Arbeit oder das Händewaschen. Die Gewerkschaften fürchten um diese Privilegien. Die Bediensteten des staatlichen Stromversorgers DIE streiken bereits seit mehr als einer Woche. Für den heutigen Dienstag und den Mittwoch haben die Gewerkschafts-Dachverbände außerdem zu einem zweitägigen Generalstreik aufgerufen, dem sich auch die Fluglotsen anschließen wollen. Der griechische Luftraum muss deshalb heute und morgen für mehrere Stunden geschlossen werden. Auch die öffentlichen Verkehrsmittel sollen bestreikt werden. Mitglieder des kommunistischen Gewerkschaftsbundes besetzten am Montag symbolisch die Akropolis und entrollten ein riesiges Plakat mit der Aufschrift „Die Völker haben die Macht und kapitulieren niemals“.

Während sich die Athener Polizei auf mögliche Ausschreitungen vorbereitete, versuchte Papandreou, seine Parlamentsfraktion für die entscheidende Abstimmung auf Vordermann zu bringen. Zwei Regierungsabgeordnete haben bereits angekündigt, gegen das Sparpaket stimmen zu wollen, weitere Parlamentarier gelten als wankelmütig.

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