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Skepsis. Der geplante Verkauf von staatlichem Eigentum könnte bei den Gewerkschaften auf Widerstand stoßen.

© REUTERS

Verschuldung: Griechenland sucht Käufer

Ausverkauf in Griechenland: An den geplanten Privatisierungen von Häfen, Gas- und Wasserwerken könnten sich auch deutsche Unternehmen beteiligen.

Athen/Berlin – Griechenland macht Ernst. Um den riesigen Schuldenberg zu senken, will die Regierung noch in diesem Jahr die Privatisierung von 16 Staatsunternehmen einleiten. Bei dem Ausverkauf könnten auch deutsche Unternehmen zum Zuge kommen.

Im Angebot sind unter anderem der Telekommunikationskonzern OTE, die Postbank, die Hafengesellschaften von Piräus und Thessaloniki, mehrere Gas- und Wasserwerke, die Betriebsgesellschaft der staatlichen Eisenbahnen, das Minenunternehmen Larko und das Spielkasino Mont Parnes bei Athen. Im kommenden Jahr will der Staat zudem weitere Anteile an der Athener Flughafengesellschaft verkaufen und rund 30 Regionalflughäfen privatisieren. Ebenfalls 2012 sollen voraussichtlich Teile des Stromversorgers DEI, die Rüstungsfirma Elvo und die Staatsanteile an einigen Maut-Autobahnen versilbert werden.

Bei der Fernmeldegesellschaft OTE steht der Käufer bereits fest: Es ist die Deutsche Telekom, die bereits mit 30 Prozent an dem Unternehmen beteiligt ist und die Übernahme weiterer zehn Prozent vertraglich zugesichert hat. Die Bonner müssten dafür den durchschnittlichen Börsenkurs plus einen Aufschlag von 15 Prozent zahlen, und das, obwohl ihnen die griechische Tochter bisher alles andere als Freude macht. Das vergangene Jahr hat OTE mit einem Verlust von 139 Millionen Euro abgeschlossen. Analysten gehen trotzdem davon aus, dass der Handel bald zustande kommt. „Es gibt eine klare Vereinbarung. Wenn der griechische Staat sich dazu entschließt, wird die Telekom die Aktien kaufen“, sagte ein Telekom-Sprecher dem Tagesspiegel.

Auch der Baukonzern Hochtief könnte Interesse am griechischen Tafelsilber haben: Das Unternehmen, das bereits 40 Prozent am Athener Airport hält und ihn auch betreibt, gilt als möglicher Interessent für die Flughafenprivatisierungen – genau so wie die Frankfurter Flughafengesellschaft Fraport. Seine Beteiligung von 49 Prozent an dem Spielkasino Mont Parnes dürfte der Staat ebenfalls problemlos loswerden. Ein wahrscheinlicher Käufer ist die griechische Gesellschaft Regency Kasinos, die bereits 51 Prozent an der Spielbank hält und sie betreibt. Für die Wasserwerke dürften sich die großen europäischen Versorgerkonzerne interessieren. Die Postbank-Privatisierung dürfte bei den griechischen Banken auf großes Interesse stoßen, denn das Institut ist wegen seiner hohen Einlagen und seines soliden Kreditbuchs begehrt.

An der Eisenbahn könnten die Chinesen Interesse haben. Die Logistikgruppe Cosco betreibt bereits den Hafen von Piräus und will ihn zu einem Knotenpunkt des Containerverkehrs zwischen Fernost und Osteuropa machen. Bis der Vertrag zustande kam, musste allerdings zunächst der massive Widerstand der griechischen Hafenarbeiter überwunden werden.

Der Protest der Mitarbeiter könnte auch bei den nun geplanten Privatisierungen zum Problem werden, meint Christoph Weill, Analyst bei der Commerzbank. „Der Widerstand gegen die Privatisierungen ist so groß, dass es viel länger dauern wird, als die sich Regierung das vorstellt“, sagt er. Einen Erlös von 50 Milliarden Euro, wie ihn Ministerpräsident Giorgos Papandreou in Aussicht stellt, hält der Analyst für „unwahrscheinlich“.

Widerstand kommt vor allen von den Gewerkschaften und den Belegschaften der Staatsbetriebe. Sie wollen ihre Privilegien nicht aufgeben. Schließlich verdienen sie bisher deutlich mehr als in der Privatwirtschaft. Auch die Pensionsregelungen sind besser. Zu einer Kraftprobe für die Regierung dürfte der Verkauf weiterer Anteile am Stromversorger DEI werden. Noch hält der Staat 51 Prozent an dem Unternehmen, 17 Prozent sollen verkauft werden. Die militante Gewerkschaft der DEI-Bediensteten droht bereits damit, Kraftwerke zu besetzen und „das Land ins Dunkel zu stürzen“.

Aber auch innerhalb der sozialistischen Regierungspartei sind die Privatisierungen umstritten. Schließlich haben die griechischen Regierungen jahrzehntelang die Staatsunternehmen dazu missbraucht, ihre Günstlinge mit guten Jobs zu versorgen. Die meisten Staatsbetriebe haben deshalb zu viel Personal – nicht zuletzt eine der Ursachen der Schuldenkrise. In der Bevölkerung aber findet die Regierung Unterstützung: drei Viertel der Griechen, so eine aktuelle Umfrage, halten die Privatisierungen für nötig. Daraus spricht auch die Unzufriedenheit mit den schlechten Dienstleistungen vieler Staatsbetriebe.

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