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Wirtschaft: Griechenland will mehr Zeit

Neue Hilfskredite oder einen Schuldenschnitt soll es nicht geben – Athen plant bereits 2014 die Rückkehr an den Anleihemarkt.

Athen - Im griechischen Finanzministerium werden Überlegungen angestellt, die Rückzahlung von Hilfskrediten der internationalen Geldgeber zu strecken. Außerdem will Athen bereits im kommenden Jahr mit der Emission einer Staatsanleihe den Geldmarkt anzapfen. So hofft man ein weiteres Hilfspaket vermeiden zu können.

Die Staatsverschuldung Griechenlands dürfte in diesem Jahr 322 Milliarden Euro erreichen, was fast 176 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung entspricht. Schulden in dieser Größenordnung gelten als nicht tragfähig. Die Euro-Finanzminister stellten deshalb Griechenland bereits im November 2012 Schuldenerleichterungen in Aussicht, sobald das Land einen Primärüberschuss (ohne Schuldendienst) im Haushalt ausweist. Das dürfte in diesem Jahr der Fall sein. Bei den Schuldenerleichterungen könnte es um Zinssenkungen und eine Streckung der Laufzeit der Kredite gehen.

Der Großinvestor George Soros appellierte am Montag an Griechenlands öffentliche Gläubiger, auf die Rückzahlung von Schulden zu verzichten. „So könnte sich Griechenland rasch erholen“, sagte Soros „Spiegel Online“. Demgegenüber unterstrich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in der „Wirtschaftswoche“, einen zweiten Schuldenschnitt, wie ihn im März 2012 die privaten Gläubiger Griechenlands hinnehmen mussten, werde es definitiv nicht geben.

Auch die griechische Regierung möchte einen Schuldenschnitt vermeiden, denn der würde die ohnehin angeschlagene Kreditwürdigkeit des Landes erneut belasten. Stattdessen setzt man im Athener Finanzministerium auf eine Streckung der Schulden. Dazu sollen Kredite aus dem ersten Rettungspaket in Anleihen mit 50-jähriger Laufzeit umgewandelt werden. Die Rückzahlung der Kredite, die regulär 2025 beginnen soll, würde sich damit auf die Zeit nach 2061 verschieben. Dadurch könnte der Haushalt wesentlich entlastet werden.

Auch über die Deckung des Finanzbedarfs des kommenden Jahres macht man sich im Athener Finanzministerium Gedanken. Nach Berechnungen des IWF klafft in Griechenland bis 2016 eine Finanzlücke von 10,9 Milliarden Euro. Finanzminister Giannis Stournaras beziffert den Fehlbetrag auf 10,5 Milliarden, wovon rund fünf Milliarden auf das kommende Jahr entfallen. Die Euro-Finanzminister wollen voraussichtlich im Dezember beraten, wie die Lücke geschlossen werden kann. Im Gespräch ist ein drittes Rettungspaket im Volumen von rund elf Milliarden Euro. Der griechische Ministerpräsident Antonis Samaras möchte aber neue Hilfskredite nach Möglichkeit vermeiden. Denn die wären wahrscheinlich mit weiteren Sparauflagen verbunden. Neue Einschnitte wären aber politisch nicht durchsetzbar und könnten die Regierung zu Fall bringen.

Samaras möchte deshalb den Finanzbedarf am Kapitalmarkt decken. Analysten in Athen erwarten, dass Griechenland versuchen könnte, im kommenden Jahr den Markt mit einer Bond-Emission zu testen. Als denkbar gilt eine fünfjährige Anleihe im Volumen von drei bis fünf Milliarden Euro. Gegenwärtig liegt die Rendite der zehnjährigen griechischen Anleihe allerdings am Sekundärmarkt noch bei rund neun Prozent. Zu diesen Konditionen könnte das Land kein Geld aufnehmen. Als vertretbare Obergrenze gelten in Marktkreisen fünf, allerhöchstens sechs Prozent Zinsen. Viele Fachleute bleiben aber skeptisch. Klaus Regling, Chef des Euro-Rettungsfonds ESM, erwartet nicht, dass sich Griechenland 2014 am Kapitalmarkt refinanzieren kann. Athen benötige deshalb wahrscheinlich ein weiteres Hilfspaket, sagte Regling dem „Handelsblatt“. Gerd Höhler

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