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Schwerer Job. Griechenlands Finanzminister am Montag auf dem Weg zum Treffen mit seinen Kollegen in Luxemburg.

© Reuters

Griechenlands Finanzminister: Schluss mit lustig für Venizelos

Evangelos Venizelos trottete in Luxemburg vom Hof. Er hatte verloren. Seinen Humor und den Kampf um weitere Hilfen. Der erfolglose erste Auftritt von Griechenlands neuem Finanzminister.

Es ist kurz nach ein Uhr am Montagmorgen, als Jyrki Katainen eine Pause braucht. Der Finne, der zu Hause gerade stressige Koalitionsverhandlungen hinter sich hat, verlässt den Sitzungssaal, um eine zu rauchen. Im nächtlichen Nieselregen von Luxemburg zündet er sich eine Zigarre an. „Ich verhandele seit einem Monat bis tief in die Nacht“, sagt Katainen, „inzwischen macht es mir fast schon Spaß.“ Es ist sein letztes Finanzministertreffen, noch in dieser Woche – rechtzeitig vor dem EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs am Donnerstag – wird er als Ministerpräsident seines Landes vereidigt. Schon deshalb soll es ein Erfolg werden. „Wir werden was hinbekommen in dieser Nacht“, sagt der künftige Premier, dessen rosa Krawatte auch spät nachts noch akkurat sitzt.

In diesem Moment dringt durch die dünnen Wände der Luxemburger Messecontainer, dass gerade per Telefonkonferenz mit den G-7-Partnern aus den USA, Kanada und Japan die weltwirtschaftlichen Konsequenzen einer Umschuldung Griechenlands erörtert werden. Das wertet die ausharrende Journalistenschar als Zeichen, dass nun tatsächlich der große Befreiungsschlag in der Euro-Griechenland-Krise ansteht. Doch weit gefehlt. Eine Stunde später trottet der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos vom Hof. Er hat verloren. Seinen Humor und den Kampf um weitere Hilfen.

Als die Chauffeure jetzt die Motoren der auf dem Parkplatz wartenden Limousinen anlassen, bringen sich die Kameraleute in Position. Sie sehen müde Minister, die wortkarg von dannen schreiten. „Es ist schon so spät“, wehrt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) die Gesprächswünsche ab. Seine Pariser Kollegin Christine Lagarde, die designierte Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), bleibt ganz stumm und hebt nur abwehrend die Hand. Entschlossen Handelnde sehen anders aus.

Einzig der Chef der Euro-Gruppe, Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker, bleibt stehen, um ein paar Worte zu den gerade vereinbarten Trippelschritten zu sagen. Wann nun der Scheck ausgestellt wird, der Griechenlands kurz bevorstehenden Bankrott verhindern soll, fragt einer. „Wir werden diese Frage beantworten“, hebt Juncker an, „wenn Griechenland seine Verpflichtungen in Gesetze übersetzt hat“. Erst nachdem im Athener Parlament am 28. Juni das 78-Milliarden-Euro-Sparprogramm verabschiedet worden ist, soll es auch das nächste Hilfspaket unter freiwilliger Beteiligung von Banken und Fonds geben. Es ist kein großer Durchbruch, sondern eine Wenn-Dann-Entscheidung. Man könnte es auch Erpressung nennen.

Evangelos Venizelos weiß das. Die Verhandlungen haben auch im Gesicht des neuen griechischen Finanzministers Spuren hinterlassen. Als er Richtung Hotel verschwindet, ist nichts mehr von der Jovialität zu spüren, mit der er sieben Stunden zuvor seine Premiere auf dem finanzpolitischen Parkett bestritten hat. „Ich bin das neue Opfer“, hat er da lachend und selbstironisch zur Begrüßung gesagt. Nun rauscht der Ex-Verteidigungsminister, der noch in Athen geschworen hatte, er ziehe nun in den echten Krieg, grimmig davon. Diese Schlacht hat er verloren. Er hört nicht mehr, wie Sitzungsteilnehmer darüber lästern, wie „blank“ und „unwissend“ der Vertreter Griechenlands bei diesem für das Land so wichtigen Treffen war.

Kurz vor Schluss hatte Venizelos die Runde gebeten, doch jetzt die Auszahlung der nächsten Kredittranche zu genehmigen und anderes hintenanzustellen. Unverständnis herrscht da in der Runde, wo doch alles miteinander zusammenhängt in dieser Krise: „Der IWF will eine Finanzierungsgarantie von der Euro-Gruppe, damit er seinen Teil des Geldes ausbezahlen kann“, hatte schon der Finne Jyrki Katainen beim Paffen erzählt, „diese Garantie können wir aber nicht geben, solange Griechenland nicht liefert“. Europa hat sich offenbar auch ein wenig verheddert zwischen Washington und Athen.

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