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Wirtschaft: Groß gegen Klein

VW hat 14-mal mehr Mitarbeiter als Porsche. Der Betriebsrat fühlt sich nicht angemessen vertreten

Die vermeintlich so mächtigen Arbeitnehmerführer kommen alle. Angeführt von Gesamtbetriebsratschef Bernd Osterloh, reisen am Mittwoch die Betriebsratsvorsitzenden der deutschen VW-Werke sowie der VW-Tochter Audi nach Ludwigsburg. Was im dortigen Arbeitsgericht verhandelt wird, ist ihnen wichtig. Es geht um eine Mitbestimmungsvereinbarung, die der Porsche-Betriebsrat mit der Porsche-Führung abgeschlossen hat. Ohne die Kollegen von VW, obwohl die betroffen sind, wenn Porsche den Anteil am Wolfsburger Konzern auf mehr als 50 Prozent erhöht und VW dann von Stuttgart aus gesteuert wird. Die VW-Betriebsräte fühlen sich – stellvertretend für die Belange der 324 000 VW-Beschäftigten in aller Welt – nicht angemessen berücksichtigt und klagen nun gegen die Vereinbarung.

Für den Betriebsrat und die Gewerkschaft IG Metall ist der Fall von überragender Bedeutung. Es geht um die Mitbestimmungsordnung in einer Europäischen Aktiengesellschaft. Die Gründung einer solchen Aktiengesellschaft hatte der Porsche-Aufsichtsrat auf der Hauptversammlung beschlossen. Unter dem Dach der Porsche Automobil Holding SE – einer sogenannten Europa-AG, für die Regeln zur Mitbestimmung der Arbeitnehmer jeweils ausgehandelt werden müssen – wollen die Familien Porsche und Piëch ihre Beteiligungen an Porsche und Volkswagen bündeln.

Noch ist der Betriebsratschef von VW einer der mächtigsten Arbeitnehmervertreter des Landes. Das dürfte künftig anders werden. Bernd Osterloh begrüßt zwar den Einstieg von Porsche bei VW, weil er Volkswagen „vor der Übernahme durch Hedgefonds schützt“. Doch er sieht die Partnerschaft – Porsche greift bei Entwicklung und Produktion auf VW-Kapazitäten zu – „einseitig zulasten der Rechte der VW-Belegschaft gehen“. Osterloh rechnet vor, dass der VW–Konzern in Deutschland 14-mal mehr Personal beschäftigt als Porsche; die Mitbestimmungsvereinbarung trage dem aber nicht Rechnung, ärgert sich Osterloh. Das weisen die Stuttgarter Kollegen zurück: Das Stimmengewicht der einzelnen Betriebsräte in dem künftigen gemeinsamen Betriebsratsgremium richte sich nach der Größe der Teilkonzerne. Ein VW-Betriebsrat habe also mehr Gewicht als ein Porsche-Betriebsrat. Der VW-Betriebsrat kontert wiederum dieses Argument mit dem Beispiel Spanien. Für die direkte spanische VW-Tochter, die für sich genommen so groß sei wie Porsche, und die spanische VW-Tochter Seat würde künftig nur noch ein Betriebsrat in dem neuen Gremium vertreten sein.

Es gibt noch andere Punkte, die den VWlern nicht schmecken und die eines deutlich machen: Die Sache ist kompliziert. Osterloh und Porsche-Betriebsratschef Uwe Hück hatten sich darüber in die Haare gekriegt, bis beide vom designierten IG-Metall-Vorsitzenden Berthold Huber einen Maulkorb umgehängt bekamen. Porsche-Chef Wendelin Wiedeking hat den Streit wohl genossen. Künftig ist für die IG Metall entscheidend, wie kooperativ Wiedeking mit der Gewerkschaft umgeht. Osterloh sieht dabei seinen Einfluss vom Mittellandkanal nach Stuttgart wegdriften und Hück, auch ein ganz eigener Kopf, sieht sich womöglich vom Betriebsrat eines Nischenanbieters aufsteigen zum Weltbetriebsrat. alf

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