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Wirtschaft: Großbritannien testet den Euro: Ergebnis negativ Premierminister Blair und sein Finanzminister lehnen jetzt den Beitritt Englands zur Euro-Währungsgemeinschaft ab

London. Der britische Premier Tony Blair hat offenbar klein beigegeben.

London. Der britische Premier Tony Blair hat offenbar klein beigegeben. Nach einem Bericht der BBC hat sich Blair der Einschätzung seines Finanzministers Gordon Brown gebeugt, derzufolge der Beitritt zum Euro Großbritannien derzeit mehr schaden als nützen würde. Downing Street 10 leugnet die Entscheidung zwar: „Die Regierung wird nichts sagen, bis der wirtschaftliche Bericht des Finanzministers veröffentlicht ist“, hieß es aus dem Büro des Premierministers.

Doch in London ist es längst ein offenes Geheimnis, dass Schatzkanzler Brown zurzeit nichts von einem Euro-Beitritt hält. Gegen seinen Widerstand ist das versprochene Referendum über den Euro-Beitritt für Blair aber nicht zu gewinnen. Die Opposition warf Brown und Blair vor, nicht im Interesse Großbritanniens zu handeln und die Euro-Diskussion in ihrem Machtkampf zu missbrauchen.

Offiziell wird die Entscheidung fallen, wenn der Schatzkanzler das Ergebnis der fünf ökonomischen Tests verkündet, die er bereits 1997 als die entscheidenden Prüfsteine für einen britischen Euro-Beitritt formulierte: Gibt es eine dauerhafte Konvergenz zwischen der britischen Wirtschaft und der der Euroländer? Bleibt den Briten trotz einer gesamteuropäischen Zinspolitik genug Flexibilität, um mit schwankenden Konjunkturzyklen fertig zu werden? Welchen Einfluss wird der Euro auf Auslandsinvestitionen, auf die für Großbritannien besonders wichtige Finanzbranche und auf die Arbeitslosigkeit haben? In scharfen Angriffen auf die rezessionsgefährdete Wirtschaft des Kontinents, inbesondere Deutschlands, hat Finanzminister Brown wiederholt zu verstehen gegeben, wie er diese Testfragen für sich beantwortet.

An diesem Mittwoch gab Downing Street bekannt, dass die endgültige Antwort auf diese Fragen am 9. Juni gegeben werden wird, zwei Tage später als zunächst vorgesehen. Während an dem grundsätzlichen Nein kein Zweifel mehr besteht, wird jetzt mit Spannung darauf gewartet, in welche Formulierung die Ablehnung verpackt werden wird. Danach nämlich entscheidet sich, ob die Briten auf absehbare Zeit am Pfund festhalten werden.

„Es gibt massiven Streit in der Regierung über die Bewertung der Tests“, meint Richard Carter, Sprecher der Anti-Euro-Lobby „No Campaign“. Tony Blair wolle offenbar die verbleibende Zeit nutzen, um doch noch Druck auf Brown auszuüben. Der wird in den nächsten Tagen seinen 2000 Seiten starken Bericht über das Ergebnis von insgesamt achtzehn Studien zunächst dem Kabinett vorlegen. In den dann folgenden Gesprächen zwischen Schatzkanzler, Premier und Ministern könnte Blair eine Formulierung erzwingen, die besagt, dass zwar im Augenblick vom Euro-Beitritt abzuraten sei, die Situation sich aber schon in einem Jahr entscheidend verändert haben könnte. Damit wäre der Weg für ein Referendum noch in dieser Legislaturperiode, wie es Blair einst vorgesehen hatte, weiterhin offen.

Viele Ökonomen und die meisten Großunternehmen hoffen auf einen solchen Ausgang. Erst vor wenigen Tagen ist eine Studie erschienen, die davor warnte, dass es für die britische Wirtschaft gefährlich sein könnte, weiterhin am Pfund festzuhalten. Zwar wurde sie von der Pro-Euro-Gruppe „Britain in Europe“ in Auftrag gegeben, die Autoren gelten jedoch als weltweit führende, unabhängige Ökonomen.

Imke Henkel

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