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Wirtschaft: Große Ziele mit kleinem Geld

Der C&A-Erbe Stephen Brenninkmeijer finanziert Mikrokredite in Entwicklungsländern und hilft Schülern bei der Firmengründung

Berlin - Unternehmerisches Denken und Handeln fängt unten an – in der Familie, unter Freunden, in der Schule. Obwohl er von ganz oben kommt, hat Stephen Brenninkmeijer dies zum Leitbild seines unternehmerischen Engagements gemacht. Er entstammt der Dynastie der C&A-Gründer August und Clemens Brenninkmeijer, einer der reichsten Familien der Welt. Mit Mode hat der Ururenkel allerdings wenig zu tun. Brenninkmeijer managt den in den 90er Jahren von ihm gegründeten gemeinnützigen Beteiligungsfonds Andromeda, in den ein großer Teil des Familienvermögens fließt. Das Ziel: für soziale Projekte in Entwicklungsländern Geld zu sammeln – und mit Rendite an die Kapitalgeber zurückzugeben.

„Dieser Markt öffnet sich gerade für private Investoren“, sagt Brenninkmeijer im Gespräch mit dem Tagesspiegel am Sonntag. Credit Suisse, ABN Amro, HSBC, Deutsche Bank – alle großen Geldinstitute seien an einem Einstieg in dieses Geschäft interessiert oder schon engagiert. Was bislang in der Regie von Nichtregierungsorganisationen und der Weltbank geschah, gehe mehr und mehr in private Hände über. „Hier entsteht nach den Nachhaltigkeitsfonds eine neue Investmentidee für private Anleger“, sagt Brenninkmeijer.

Andromeda versteht sich als Pionier auf dem Markt für sogenannte Mikrokredite. Der Fonds investiert in die Kreditvergabe an Kleinstunternehmer, die wegen mangelnder Sicherheiten normalerweise kein Geld von Banken bekommen. Ein Milliardenmarkt: Die Consultative Group to Assist the Poorest (CGAP) – ein Zusammenschluss staatlicher Entwicklungsinstitutionen – schätzt, dass weltweit 500 Millionen Menschen keinen Zugang zu Finanzdienstleistungen haben. 80 Prozent aller Firmen in den Entwicklungsländern gibt es laut CGAP nur, weil sie irgendwann einen Mikrokredit bekamen.

Internationale Aufmerksamkeit genießt das Thema, seit Muhammad Yunus, Ökonomieprofessor an der Universität von Chittagong in Bangladesh, den diesjährigen Friedensnobelpreis bekam. Yunus bietet seit 25 Jahren Mikrokredite als Hilfe zur Selbsthilfe an. Seine Grameen Bank hat heute nach eigenen Angaben mehr als 6,6 Millionen Kunden mit einer durchschnittlichen Kreditsumme von umgerechnet rund 140 Euro.

Stephen Brenninkmeijer arbeitet eng mit der Schweizer Responsibility AG zusammen, an der sein Andromeda-Fonds beteiligt ist. Gegründet wurde das Unternehmen 2003 von Schweizer Banken, darunter Credit Suisse. Der „Responsability Global Microfinance Fund“, der auch für private Anleger offen ist (allerdings nicht in Deutschland zugelassen), hat bereits 100 Millionen Dollar eingesammelt, ein zweiter Fonds kommt auf eine ähnliche Summe. „Wir führen gerade Gespräche mit der Responsability AG darüber, eine Initiative für den deutschen Markt zu entwickeln“, sagt Brenninkmeijer. Mikrokredite seien freilich nur ein Mittel, um Hilfe zur Selbsthilfe in den Entwicklungsländern zu leisten. Derlei Aufbauarbeit ist in Europa nicht mehr nötig. Gleichwohl engagiert sich der Textilerbe auch hier – an der Basis. Als deutscher Vorstandsvorsitzender des vor 20 Jahren in den USA gegründeten Network For Teaching Entrepreneurship (NFTE) unterstützt Brenninkmeijer Haupt- und Realschulen bei der praktischen Vermittlung unternehmerischen Denkens und Handelns: „Die Idee ist, sozial benachteiligten Jugendlichen ein Gefühl dafür zu geben, was sie können und wirklich wollen, ihnen die Möglichkeit zu geben, sich aus eigener Kraft unternehmerisch zu entfalten.“ 400 000 Euro haben namhafte Sponsoren wie Goldman Sachs, die Deutsche Börse, JP Morgan oder Tchibo gesammelt, um NFTE zu unterstützen. Neben Brenninkmeijer sitzen Alexander Dibelius, Deutschlandchef bei Goldman Sachs, und die Medienunternehmerin Christiane zu Salm im Vorstand der Organisation. Auch in Berlin arbeiten sechs Schulen mit der seit 2004 in Deutschland aktiven NFTE zusammen. „Wir haben zurzeit 600 Schüler in Ausbildung, 65 Lehrer aus acht Bundesländern wurden von uns geschult“, sagt NFTE-Geschäftsführer Ferdinand Schneider. Das Instrument Mikrokredit würde NFTE auch gerne an deutschen Schulen einsetzen. In Großbritannien läuft die Zusammenarbeit bereits sehr gut. „Die meisten Schulen bekommen von uns einen Mikrokredit, der dann an die Schülerunternehmer weitergereicht wird“, sagt Brenninkmeijer. „Sie finanzieren ihre kleinen Geschäfte damit und müssen das Darlehen am Ende des Schuljahres verzinst zurückzahlen.“ Ein kleines Musikstudio, eine Minibäckerei – der Fantasie der Jungunternehmer ist keine Grenze gesetzt – nur rechnen muss es sich. 150 000 Jugendliche und 3700 Lehrkräfte hat NFTE in 17 Ländern bis heute geschult. „Es ist schön zu sehen, wie Jugendliche, denen man immer gesagt hat ,Du kannst es nicht’, plötzlich Selbstvertrauen entwickeln“, sagt Stephen Brenninkmeijer.

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