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Wirtschaft: Großindustrie macht Geld locker Dax-Konzerne wollen wieder investieren

Düsseldorf - Die deutsche Großindustrie geht in die Offensive. Nach jahrelanger Zurückhaltung wollen die meisten Unternehmen 2006 mehr investieren als im Vorjahr.

Düsseldorf - Die deutsche Großindustrie geht in die Offensive. Nach jahrelanger Zurückhaltung wollen die meisten Unternehmen 2006 mehr investieren als im Vorjahr. Dabei konzentrieren sie sich wieder stärker auf den Standort Deutschland. Dies ist das Ergebnis einer Handelsblatt-Umfrage unter den 30 Konzernen des Deutschen Aktienindex (Dax). Am Arbeitsmarkt zeichnet sich allerdings keine Wende ab.

Insgesamt wollen zwei Drittel der Konzerne ihre Investitionen erhöhen, die meisten auch hier zu Lande. Dabei handelt es sich vor allem um jene Firmen, die in den vergangenen Jahren einseitig ihre Aktivitäten im Ausland verstärkt haben. „Nur die konsequente Ansiedelung von Produktionsstätten im Ausland ermöglicht es letztendlich, wettbewerbsfähig zu bleiben und damit auch am Hochkostenstandort noch zu investieren“, sagte Continental-Vorstandschef Manfred Wennemer dem Handelsblatt. Der Reifenhersteller will im laufenden Jahr 900 Millionen Euro ausgeben, davon etwa ein Drittel in Deutschland. Das sind fast zehn Prozent mehr als 2005.

Weitere Beispiele sind der Automobilhersteller BMW, die Lufthansa, die Softwareschmiede SAP und Linde. Der Mischkonzern erwirtschaftet zwar einen Großteil seiner Umsätze im Ausland, hat aber auch in Deutschland die Kosten wieder im Griff. Linde will hiesige Sparten deutlich verstärken. Nach einer Phase der Schuldenverringerung und Konsolidierung setzt Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke ebenfalls verstärkt auf Umsatzwachstum. Nach knapp acht Milliarden Euro im Vorjahr will die Deutsche Telekom ihre Investitionen 2006 um 25 Prozent steigern. Milliarden-Ausgaben bei der im Juni anstehenden Versteigerung von Mobilfunklizenzen in den USA sind darin noch nicht enthalten.

Typisch für die Trendwende ist auch der Lastwagen- und Maschinenbaukonzern MAN. Das Unternehmen hat sich von Randaktivitäten getrennt und auf fünf Kernbereiche konzentriert. Jetzt setzt Vorstandschef Hakan Samuelsson auf höhere Ausgaben im In- und Ausland, einschließlich möglicher Zukäufe. Das einzige Unternehmen, das 2006 weniger als im Vorjahr investiert, ist der Reise- und Touristikkonzern Tui. Das Unternehmen hatte 2005 für 1,7 Milliarden Euro die kanadische Containerlinie CP Ships übernommen. Sechs der 30 Dax-Konzerne äußerten sich nicht zu den jeweiligen Investitionsplänen.

„Das Kostenmanagement trägt, die Renditen entwickeln sich gut. Die Unternehmen ernten jetzt den Ertrag für ihre Mühen in den Vorjahren“, kommentiert Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), die Ergebnisse. Tatsächlich zeichnet sich kurz vor Abschluss der Bilanzsaison ab, dass die Dax-Unternehmen im vergangenen Jahr so viel wie noch nie und ein Fünftel mehr als im bisherigen Rekordjahr 2004 verdient haben.

Allerdings bedeuten die Ankündigungen, sich wieder mehr im Inland zu engagieren, kein Ende der Produktionsverlagerungen ins Ausland. Ein Metro-Sprecher sagte stellvertretend für viele Dax-Konzerne: „Seit Jahren entfallen rund zwei Drittel der Investitionen auf den weiteren Ausbau des internationalen Geschäfts. Daran wird sich auch 2006 nichts ändern.“ Der Einzelhandelskonzern erzielt seit langem einen Großteil seiner Gewinne im Ausland.

Trotz des stärkeren Engagements der Unternehmen in Deutschland ist ein deutlicher Rückgang der Arbeitslosigkeit nach wie vor nicht in Sicht. „Um nachhaltig das Wachstum zu beflügeln und Arbeitsplätze aufzubauen, müssten die Ausrüstungsinvestitionen prozentual zweistellig zulegen. Das ist bislang nicht zu erkennen“, sagt IW-Chef Hüther. Derzeit liegen die Prognosen für dieses Jahr bei sechs Prozent. „Im Moment erleben wir lediglich, dass der negative Trend am Arbeitsmarkt gebremst wird, für eine Wende reicht das jedoch noch lange nicht“, sagte der Arbeitsmarktdirektor des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA), Hilmar Schneider.

Ulf Sommer, Dorit Hess (HB)

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