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Wirtschaft: Grüne: Spediteure verzögern die Maut

Investitionsbank und Verkehrspolitiker üben massive Kritik am deutschen Transportgewerbe

Berlin – Im Streit zwischen den deutschen Spediteuren und dem Maut-Konsortium Toll Collect hat der Vizepräsident der Europäischen Investitionsbank (EIB), Wolfgang Roth, dem Transportgewerbe„die Inszenierung eines Boykotts“ vorgeworfen. Roth versteht die Kritik des Gewerbes an der angeblich schleppenden Auslieferung der Bordcomputer für Lastkraftwagen als „offenen Aufruf, die Geräte nicht zu installieren“.

Die Bundesvereinigung Logistik hatte zuletzt Chaos beim geplanten Start der Lkw-Maut am 1. Januar befürchtet, weil statt der für notwendig gehaltenen Zahl von 400 000 Bordcomputern allenfalls 300 000 Geräte installiert sein werden. Vor wenigen Tagen waren nach Angaben von Toll Collect erst 45 000 Geräte eingebaut. Es lägen aber mehr als 100 000 zum Einbau bereit in den Werkstätten. Das bestreiten die Spediteure.

EIB-Vize Roth sagte am Donnerstag in Berlin, wenn „so in anderen Ländern der EU getäuscht worden wäre, hätten wir kein einziges privat finanziertes Infrastrukturprojekt geschafft“. Die EIB hat seinen Angaben zufolge auch Toll Collect eine Finanzierungszusage über 120 Millionen Euro gemacht. Das Geld sei wegen der Pannen und Verzögerungen aber nicht ausgezahlt worden, versicherte Roth weiter. Ausgezahlt werde erst „bei Erfolg“, das heißt im Januar oder Februar.

Toll Collect hatte erst vor wenigen Tagen eingeräumt, dass der Gesamtaufwand für die Installation des Systems jetzt bei „weit über einer Milliarde Euro“ liegt. Der Betrag dürfte mit anderthalb Milliarden Euro etwa das Doppelte der ursprünglich veranschlagten Investitionen betragen. Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Albert Schmidt, sagte am Donnerstag, die bisherigen Tests gäben Anlass zu Optimismus, dass die Maut pünktlich starten könne. „Ein Restmisstrauen bleibt bis zuletzt“, sagte er. Der grüne Verkehrspolitiker forderte aber die Spediteure auf, jetzt die Bordcomputer einzubauen. Wer glaube, durch Verzögerungen länger umsonst fahren zu können, werde wegen der drohenden kilometerlangen Staus wenig Verständnis ernten.

„Die Maut tritt in Kraft“, versicherte Schmidt. Der Verkehrspolitiker erinnerte auch daran, dass das Gewerbe seit einem Jahr auf deutschen Autobahnen „umsonst“ fahre. Die Regierung hatte in Erwartung des Starts der Maut zum 31. August letzten Jahres die bis dahin geltende Autobahnvignette abgeschafft. Allein diese Vignette machte knapp 800 Millionen Euro Einnahmen aus und wird seitdem nicht bezahlt. Von der Maut verspricht sich der Bund 2,8 Milliarden Euro an Einnahmen, abzüglich der Betreibervergütung für Toll Collect sind das 2,1 Milliarden Euro pro Jahr für den Bundeshaushalt.

Auch Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) sagte bei der Haushaltsdebatte im Bundestag, „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ werde die Maut am 1. Januar 2005 starten. „Der Weg war lang und nicht einfach“, sagte Stolpe weiter.

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