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Wirtschaft: Grüne wollen alle Mixgetränke besteuern

Weil die Industrie die Rezepte ändert, soll die Alcopop-Steuer auch für weinhaltige Produkte gelten

Berlin - Empört haben Politiker der Grünen und der CDU auf die Strategie der Getränkeindustrie reagiert, Alcopops künftig mit Wein und Bier statt mit Schnaps zu mixen. „Wir wollen nach der Sommerpause aktiv werden“, kündigte Ulrike Höfken, verbraucherpolitische Sprecherin der Grünen, am Dienstag an. Die Ausweichstrategien der Wirtschaft, die nach Inkrafttreten der Alcopop-Steuer ihre Rezepturen auf andere Alkoholsorten umstellt, seien nicht zu akzeptieren, sagte sie. Zustimmung kam auch aus dem SPD/FDP-regierten Rheinland-Pfalz. „Ich halte das für die einzig richtige Reaktion“, sagte Richard Auernheimer, Staatssekretär im Gesundheitsministerium, zu dem Vorschlag der Drogenbeauftragten. „Als Land werden wir eine entsprechende bundesgesetzliche Regelung unterstützen.“

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marion Caspers-Merk (SPD), hatte zu Wochenbeginn gesagt, man werde nach einem Jahr prüfen, ob die zum 2. August in Kraft getretene Sondersteuer für Alcopops ausgedehnt werden solle. Die Abgabe beträgt 80 bis 90 Cent für eine handelsübliche Flasche mit einem Inhalt von 0,275 bis 0,33 Liter. Sie gilt für alle Mixgetränke auf der Basis von Branntwein. Davon ausgenommen sind Mischgetränke auf der Basis von Wein oder Bier. Ziel der Steuer ist es, den Alkoholkonsum unter Jugendlichen zu verringern.

Um die erwarteten hohen Umsatzeinbußen durch die Sondersteuer einzudämmen, haben Getränkehersteller wie Berentzen („Puschkin Vibe“) oder der Lieferant der Rewe-Gruppe („Ducanoff“) damit begonnen, ihre Rezepturen zu ändern. Statt Schnaps enthalten diese Mixgetränke jetzt Alkohol auf Wein- oder Bierbasis. Auch bei Edeka werde das konzerneigene Mischgetränk „Uranov“ von Wodka- auf Weinbasis umgestellt, sagte eine Sprecherin. Das Alternativ-Produkt werde bis zu einen Euro weniger kosten. Die Folge wäre, dass bereits 16-Jährige die Wein- und Biermixgetränke legal kaufen könnten. Alcopos dürfen erst an über 18-Jährige ausgegeben werden.

Verbraucherpolitikerin Höfken kündigte an, nach der Sommerpause „alle Möglichkeiten zu überprüfen, um Kinder und Jugendliche vor solchen alkoholhaltigen Produkten zu schützen“. Die im Gesetz ausdrücklich vorgesehene Beobachtungsklausel von einem Jahr müsse nicht beachtet werden, sagte Höfken. Sie erstrecke sich nur auf branntweinhaltige Getränke. „Jetzt haben wir eine andere Grundlage.“ Auch Gesundheitsstaatssekretär Auernheimer forderte den Gesetzgeber auf, sofort zu handeln.

Teile der CDU lehnen die Ausweitung der Steuer dagegen ab. „Die Sondersteuer ist ein Irrweg und war von vornherein zum Scheitern verurteilt“, sagte die Baden-Württembergische Sozialministerin Tanja Gönner (CDU). Die Ausweitung wäre nicht nur rechtlich problematisch, weil Länderinteressen berührt wären, sondern auch in ihrer Wirkung kontraproduktiv, sagte sie.

Auch Ursula Heinen, verbraucherpolitische Sprecherin der CDU, sagte, es sei vorhersehbar gewesen, dass die Industrie ihre Rezepturen verändern werde, um die Alcopop-Steuer zu umgehen. Statt die Steuer auszuweiten, müsse überlegt werden, ob die Abgabe von wein- und bierhaltigen Getränken an Jugendliche unter 18 Jahren nicht generell verboten werden müsse, wenn die Industrie nicht freiwillig verantwortungsbewusst handle, forderte Heinen. Bis dahin müssten die bestehenden Jugendschutzgesetze schärfer angewendet und die Kennzeichnung verbessert werden.

Maren Peters

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