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Wirtschaft: Grundig steht vor der Insolvenz

Übernahme durch türkischen Elektronikkonzern Beko geplatzt

München (nad). Der ums Überleben kämpfende Elektronikkonzern Grundig hat bei seiner Suche nach einem finanzkräftigen Investor erneut einen schweren Rückschlag erlitten. Nachdem vor ein paar Wochen die Übernahme durch den taiwanesischen Elektronikkonzern Sampo gescheitert war, hat sich nun auch der türkische Haushaltselektronikhersteller Beko zurückgezogen. Damit droht dem fränkischen Traditionskonzern endgültig das Aus. Der Betriebsrat stellt sich darauf ein, dass Grundig in den nächsten Tagen Insolvenz anmelden wird.

„Als Ergebnis einer eingehenden Prüfung und Bewertung wurde entschieden, keine Anteile der Grundig AG zu erwerben“, teilte die börsennotierte Beko am Montag in Istanbul mit. Eine BekoSprecherin nannte als Grund unterschiedliche Preisvorstellungen.

Grundig nannte als Grund für den Rückzug des türkischen Unternehmens: „Die Risiken des derzeitigen wirtschaftlichen Umfeldes haben für den Investor eine maßgebliche Rolle gespielt.“ Die Verhandlungen würden derzeit nicht fortgeführt. Der Grundig-Aufsichtsrat werde auf seiner außerordentlichen Sitzung das weitere Vorgehen in enger Abstimmung mit den beteiligten Banken und Lieferanten und den Verantwortlichen der öffentlichen Hand erörtern.

Beko ist nach Vestel der zweitgrößte Fernseh-Hersteller in der Türkei und überwiegend im Besitz des türkischen Familien-Firmenkonglomerats Koc. Seit November 2001 kooperiert Beko mit den Franken: Die Türken stellen jährlich rund 500000 TV-Geräte für Grundig her, die der Konzern unter seiner Marke vertreibt. Nachdem Grundig und Sampo ihre Verhandlungen im Februar wegen unterschiedlicher Preisvorstellungen auf Eis gelegt hatten, unterzeichnete Beko Anfang März eine Absichtserklärung zur mehrheitlichen Übernahme von Grundig.

„Die Nachricht, dass Beko aussteigt, hat uns alle wie ein Blitz aus heiterem Himmel getroffen“, sagte der Betriebsratsvorsitzende Thomas Schwarz dem Tagesspiegel. Schwarz, der auch im Aufsichtsrat sitzt, rechnet nicht damit, dass Grundig noch Überlebenschancen hat. „Wir wissen nicht, woher noch ein Retter kommen sollte“, sagte er.

Schwarz schließt nicht aus, dass Grundig in den nächsten Tagen Insolvenz anmelden muss. Die Belegschaft sei bereits in einer Betriebsversammlung über diese Möglichkeit informiert worden. „Wenn es schlimm kommt, könnte der Konzern schon am Dienstag nach der nächsten Aufsichtsratssitzung Insolvenz anmelden“, sagte er. Es gehe nun darum, möglichst viele der 3500 verbliebenen Arbeitsplätze zu retten. Laut Schwarz könnten auch ohne den Einstieg eines Investors einige Grundig-Bereiche überleben. „Für die Bereiche Satelliten und Autoradios sehe ich gute Chancen; das sind sehr hochwertige und gefragte Produkte.“

Mit dem Rückzug von Beko bleibt Grundig kein finanzieller Spielraum mehr für eine Sanierung. Die laufenden Umschuldungsverhandlungen mit einer ausländischen Bank standen unter dem Vorbehalt, dass ein neuer Investor einsteigt. Grundig sucht bereits seit zwei Jahren. Für 2002 erwartet Grundig bei einem Umsatz von knapp 1,2 Milliarden Euro einen Verlust von 75 Millionen Euro.

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