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Von der Akropolis aus ist der Blick über Athen wunderbar. Die Hauptstadt Griechenlands strahlt wegen ihrer Geschichte – vor allen in diesen Monaten, wo Gegenwart und Zukunft ziemlich düster sind. Foto: dpa

© dpa

Wirtschaft: Gut getrickst

Die EZB will ihre griechischen Anleihen umtauschen und Verluste durch den Schuldenschnitt vermeiden.

Frankfurt am Main - Die Europäische Zentralbank (EZB) und die Notenbanken des Eurosystems wappnen sich offenbar mit einem juristischen Schachzug gegen eine mögliche Beteiligung an einem Schuldenschnitt für Griechenland. Die griechischen Staatsanleihen, die die EZB seit Mai 2010 aufgekauft hat, sollen in Abstimmung mit der Regierung in Athen in neue Anleihen mit neuen Nummern getauscht werden. Damit wäre die EZB einer Schuldenvereinbarung der privaten Gläubigerbanken mit Griechenland nicht unterworfen.

In Berlin gab es unterdessen Spekulationen über Differenzen zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU). Während Schäuble angeblich dazu tendiert, dass sich Athen förmlich für zahlungsunfähig erklärt, erscheint dieser Schritt aus Merkels Sicht als zu riskant. Einig seien sich aber beide darin, dass Griechenland Euro-Mitglied bleiben sollte. Offen ist, ob die Euro-Gruppe am Montag die Hängepartie beendet. Am Freitagmittag erörterten Merkel, Italiens Ministerpräsident Mario Monti und der griechische Ministerpräsident Lukas Papademos in einer Telefonkonferenz die Bemühungen um das zweite Hilfsprogramm für Griechenland. „Die drei Regierungschefs sind zuversichtlich, dass die Finanzminister am Montag in der Eurogruppe eine Lösung für ausstehende Fragen finden und so einen Beitrag zur Stabilisierung Griechenlands leisten können“, erklärte Merkels Sprecher Steffen Seibert.

Die Pläne der EZB, sich per Umwidmung griechischer Anleihen einem Schuldenschnitt zu entziehen, entsprechen nach Einschätzung eines Frankfurter Privatbankers dem Tatbestand der „Rechtsbeugung“. Klagen könnten die Folge sein. Volkswirte werten den Schritt aber auch als Hinweis, dass die Schuldenvereinbarung Athens mit den privaten Banken vor dem Abschluss steht.

Hintergrund des angeblich vom EZB- Rat mehrheitlich abgesegneten und mit Athen vereinbarten Schritts ist die Absicht der griechischen Regierung, nachträglich die Bedingungen ihrer Staatsanleihen zu ändern und neue Klauseln zu verankern – sogenannte Collective Action Clauses –, so dass künftig die Mehrheit der Gläubiger über eine Schuldenvereinbarung entscheidet und alle mitmachen müssen. Bislang obliegt es jedem einzelnen Gläubiger, sich freiwillig einer Schuldenvereinbarung anzuschließen. International, so ist aus Bankenkreisen zu hören, ist es ausgeschlossen, dass der Emittent nachträglich die Anleihebedingungen ändert. „Im Fall von Griechenland ist das aber nach griechischem Recht möglich“, sagte Commerzbank- Volkswirt Michael Schubert.

Ulf Kraus von der Landesbank Hessen-Thüringen sieht in dem Trick auch einen Hinweis dafür, dass die seit Monaten in der Schwebe hängenden Verhandlungen zwischen den Banken und Athen über einen Schuldenschnitt vor dem Abschluss stehen. „Die EZB macht dafür den Weg frei.“ Die privaten Gläubiger werden vermutlich auf rund 70 Prozent ihrer Forderungen verzichten, das sind mindestens 100 Milliarden Euro.

Alles in allem gilt der jetzt geplante Schritt der EZB als heikel. „Da muss man sich schon fragen, ob das juristisch sauber ist“, sagte Schubert. Deutlicher wird ein Vorstand einer renommierten Privatbank in Frankfurt. „Das ist nicht nur Trickserei, das ist Rechtsbeugung, wenn nicht sogar Rechtsbruch. Das wird eine Flut von Klagen nach sich ziehen.“ Private Gläubiger könnten sich juristisch dagegen wehren, dass die EZB einen bevorzugten Status erhält und bei einem Schuldenschnitt außen vor bleibt.

Der Schritt der EZB wird auch deshalb kritisch gesehen, weil damit das Risiko auch für private Gläubiger im Blick auf Irland und Portugal steigt und die für 2013 geplante Rückkehr dieser Länder an den Kapitalmarkt schwieriger wird. Die EZB hält auch irische und portugiesische Staatsanleihen in zweistelliger Milliardenhöhe. Der Eurotower will sich grundsätzlich nicht an einem Schuldenschnitt beteiligen, wie EZB-Präsident Mario Draghi mehrfach deutlich gemacht hat. Der Grund liegt auf der Hand: Das wäre nach Auffassung der Notenbanker Staatsfinanzierung. Die EZB will die griechischen Staatsanleihen jeweils bis zum Ende der Fälligkeiten behalten.

Aktuell hält die Zentralbank Staatsanleihen der Euro-Krisenländer Griechenland, Portugal, Irland, Italien und Spanien im Volumen von rund 220 Milliarden Euro. Details zu den Einzelengagements nennt sie nicht. Auf Griechenland sollen dem Vernehmen nach Anleihen im Nennwert zwischen 50 und 55 Milliarden Euro entfallen, für die die EZB aber weniger als 40 Milliarden Euro bezahlt haben soll. Damit fallen auf jeden Fall Gewinne an, wenn sie die Anleihen bis zum Ende der Laufzeit hält und Athen voll zurückzahlt. mit dpa

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