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Berufe sind wie Atome. Je mehr Kontakte, desto stabiler. Neben Stammtischen, Branchentreffs und privaten Bekanntschaften stehen den Nutzern im Internet unendliche Weiten zur Verfügung. Foto: dapd

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Wirtschaft: Gut verknüpft

Networking ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für die Karriere. Und man kann es lernen, meinen Experten.

Die Visitenkarte im Anschlag, ein künstliches Lächeln auf dem Gesicht, immer ein Gesprächsthema auf den Lippen: So stellen sich viele Menschen einen guten Netzwerker vor. Jemand, der mit Hinz und Kunz ins Gespräch kommt und sich gut verkaufen kann – und auf diese Weise ständig neue Jobs und Aufträge an Land zieht.

Das ist die Erfahrung von Dirk Hannemann. Er ist Trainer und Coach und bietet unter anderem am 12. und 13. Mai an der Volkshochschule Steglitz-Zehlendorf einen Kurs zu Small Talk und Networking an. Networking ist ein Erfolgsfaktor im Berufsleben: Experten schätzen, dass gut die Hälfte der Stellen über persönliche Kontakte vergeben werden. Sie kommen durch soziale Netzwerke im Internet wie Xing, Facebook, Twitter oder Linkedin zustande oder werden zumindest darüber gepflegt. Aber auch branchenspezifische Stammtische oder der erweiterte Freundes- und Bekanntenkreis sind eine wichtige Ressource für „Vitamin B“.

Christian Schmid-Egger hat zusammen mit Caroline Krüll das Buch „Networking mit Xing, Facebook und Co.“ geschrieben. Viele Klienten des Kommunikationstrainers wollen wissen, wie man die Social Networks richtig nutzt. „Ein Netzwerk mit tragenden Kontakten kann man sich zum Beispiel über Xing aufbauen, meiner Meinung nach für Deutschland die wichtigste Business-Networking-Plattform im Internet“, sagt Christian Schmid-Egger. „Wichtig ist, dass man sich klar macht, was man erreichen will, um dann zielorientiert vorzugehen.“ So könne man auf Xing gezielt nach Kontakten in der Branche Ausschau halten, in der man nach Aufträgen oder einem neuen Job sucht.

Das Portal hält er auch für eine gute Ergänzung zu persönlichen Bekanntschaften. „Wenn man eine interessante Person auf einer Abendveranstaltung kennenlernt, kann man sie am nächsten Morgen auf Xing kontaktieren und auf diesem Weg in Kontakt bleiben“, sagt Christian Schmid-Egger. Wenn man dann später einen Job suche oder ein anderes Anliegen habe, könne man diese Menschen guten Gewissens direkt ansprechen.

Svenja Hofert rät dazu, ein Netzwerk langsam aufzubauen und zu pflegen, anstatt sich erst darum zu kümmern, wenn man es dringend benötigt. Die Karriereexpertin findet Offenheit bei der Nutzung sozialer Netzwerke wichtig. Das Netzwerk kann auch aus Leuten bestehen, die man nicht intensiv kennt. „Wie im realen Leben ist es auch in der virtuellen Welt am einfachsten, wenn man sich von guten Bekannten vorstellen lässt“, sagt sie. Ist der Kontakt hergestellt, rät sie zu Einstiegsformeln wie: „Ich bin dabei, mich neu aufzustellen. Besteht die Möglichkeit, dass wir uns mal unterhalten?“ Xing biete auch Fachgruppen zu verschiedenen Themen an, in denen man sich austauschen und neue Menschen kennenlernen könne.

Ihrer Erfahrung nach nutzen nicht nur Jobsuchende, sondern auch Personaler die Social Networks, vor allem das Mikroblog-Portal Twitter. „Der Vorteil für die Firmen ist, dass sie eine qualitativ hochwertige Auswahl von Bewerbern bekommen“, sagt Svenja Hofert. Twitter-User gelten als technikaffin und sozial kompetent. Sie sind für IT-Firmen und den Marketing- und Vertriebsbereich interessante Mitarbeiter. Eine untergeordnete Rolle spiele hingegen Facebook, wo es vor allem um private Kontakte gehe. Wobei „junge Menschen unter 25“ das Netzwerk auch für berufliches Weiterkommen nutzten.

Die Seminare von Dirk Hannemann beginnen mit einer Übung. „Die Teilnehmer sollen mit jedem im Kurs eine Gemeinsamkeit finden“, sagt er. „Das klappt mit dem einen besser, mit dem anderen schlechter, doch insgesamt sind alle überrascht, dass sie mit fast jedem eine gemeinsame Vorliebe und damit ein Gesprächsthema finden.“ Ein gemeinsames Thema hält Dirk Hannemann auch für wichtig, wenn man auf Veranstaltungen sein Netzwerk erweitern will.

Statt ausgewiesener Networking-Partys, auf denen man seiner Ansicht nach „nur andere Leute auf der Suche nach dem nächsten Job trifft, aber keine verantwortlichen Personaler, die einen vergeben können“, zieht Hannemann Konferenzen oder Alumni-Treffen vor.

Klienten von Karriereexpertin Svenja Hofert haben auch gute Erfahrungen mit den Networking-Veranstaltungen gemacht, die Xing anbietet, zum Beispiel mit dem „Business-Speed-Dating“. „Dort lernt man in kurzer Zeit viele interessante Leute kennen“, sagt Svenja Hofert. Auch vom Rhetorik-Club Toastmasters hat sie Gutes gehört.

Buch-Autor Christian Schmid-Egger empfiehlt Existenzgründern die Stammtische der Unternehmerverbände. „Für Zugezogene aus anderen Bundesländern sind auch die Veranstaltungen der jeweiligen Landesvertretungen in Berlin interessant“, sagt er. Erfahrungsgemäß kämen sehr hochkarätige Gäste dorthin.

Hilfreich ist es laut VHS-Dozent Dirk Hannemann, sich vor dem Besuch einer solchen Veranstaltung die eigenen Stärken und Kompetenzen bewusst zu machen. „Beim ‚Elevator Pitch’, der Selbstpräsentation in Fahrstuhlfartlänge, kommt es darauf an, die eigene Person in einer Minute vorzustellen“, sagt er. „Dabei soll in einem positiven Licht erscheinen, was man bisher gemacht hat, mit welchen Themen man sich aktuell beschäftigt und auf welcher Ebene man sich bewegt.“

Auf lange Sicht sollte esunter den Kontakten einen Ausgleich zwischen Geben und Nehmen von Gefälligkeiten geben. Es sei allerdings falsch, jeden Gefallen kleinlich aufzurechnen. „Es gilt, großzügig mit Hilfen zu sein und nicht unmittelbar auf eine Gegenleistung zu spekulieren. Diese Art Großzügigkeit wirkt langfristig als Magnet für echtes Wohlwollen aus dem Netzwerk und zahlt sich paradoxerweise auf Dauer mehr aus als kurzfristiges Aufrechnen von kleinen Gefälligkeiten“, sagt er. Andere um einen Gefallen zu bitten, erhalte und vertiefe auf der anderen Seite den Kontakt.

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