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Hilfe aus dem Westen. In Ländern wie dem Libanon (hier die Hauptstadt Beirut) sind Menschen von Überweisungen ihrer Verwandten abhängig, die im Ausland leben.

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Gute Geschäfte für Western Union und Co.: Migranten schicken jährlich Milliarden in die Heimat

Finanzdienstleister wie Western Union verdienen prächtig am Geschäft mit Migranten und Flüchtlingen: Sie wollen ihre Familien zuhause unterstützen.

Von Carla Neuhaus

Bei Western Union nennt man sie „stille Helden“: Menschen, die in der Not ihre Heimat verlassen und woanders neu anfangen. Für die Zahlungsdienstleister sind sie aber auch: gern gesehene Kunden. Denn wer auf der Flucht ist, braucht Bargeld. Und wer angekommen ist, womöglich bereits schon einen Job gefunden hat, will seine Familie daheim unterstützen. Volkswirtschaftlich sind Überweisungen von Migranten und Flüchtlingen in die Heimat nicht zu unterschätzen. Laut Zahlen der Vereinten Nationen schicken weltweit 250 Millionen Menschen regelmäßig Gelder in ihre Heimat. 750 Millionen Menschen erhalten Überweisungen von Verwandten im Ausland.

Weil diese Geldtransfers von Migranten für Entwicklungsländer und Krisenregionen wichtiger werden, hat die UN-Vertretung IFAD diesen Donnerstag erstmals zum „International Day of Family Remittance“ erklärt – zum internationalen Tag der Überweisungen an Familienmitglieder. „Egal wie viele Menschen vor Hunger oder Konflikten fliehen, es bleiben immer viele zurück“, sagte IFAD-Präsident Kanayo F. Nwanze. Die Überweisungen von Familienangehörigen aus dem Ausland spielten eine wichtige Rolle, um das Existenzminimum vieler Menschen zu sichern. Staaten, die davon derzeit besonders profitierten, seien etwa der Libanon, Sri Lanka und El Salvador. Zwar geht es im Einzelfall oft nur um Beträge von 200 Dollar oder weniger. Trotzdem machen sie in vielen Fällen die Hälfte des Einkommens der Daheimgebliebenen aus. In der Summe kommt einiges zusammen: Allein im vergangenen Jahr haben Migranten 440 Milliarden Dollar in ihre Heimat überweisen.

In viele Krisenregionen bieten Banken keine Überweisungen an

Für Zahlungsdienstleister wie Western Union ist das ein gutes Geschäft. Denn Migranten haben oft nur eingeschränkte Möglichkeiten, Gelder in ihre Heimat zu schicken. Gerade in Krisenregionen können klassische Geldinstitute oft keine Überweisungen anbieten. Denn sie sind dafür auf Partnerbanken vor Ort angewiesen. Bricht jedoch die Infrastruktur zusammen, wird man die kaum finden. Anbieter wie Western Union versprechen dagegen, dass bei ihnen Betroffene binnen Minuten an ihr Geld kommen – weshalb viele bereit sind, dafür hohe Gebühren zu zahlen.

So makaber es daher klingen mag: Für Konzerne wie Western Union ist die Flüchtlingskrise daher ein Glücksfall – sie machen damit ein Riesengeschäft. Allein entlang der Balkanroute, über die zuletzt viele Menschen nach Europa geflohen sind, soll der US-Konzern 26.000 Kooperationspartner haben. Das sind Kioskbetreiber, Lebensmittelhändler oder Internetcafés, die für Western Union Geldtransfers abwickeln. Sie erhalten für jede Überweisung, die über ihren Tresen geht, eine Provision. Dadurch kann Western Union darauf verzichten, selbst Filialen aufzumachen und Mitarbeiter einzustellen. Der Konzern muss nur vor Ort Händler finden und mit Software ausstatten.

Western Union hat die Marktmacht

Auf diese Weise kann der Konzern seinen Service auch in Gegenden anbieten, in denen Geschäftsbanken abwinken. 500.000 Vertriebsstandorte hat Western Union mittlerweile weltweit – was eine gewisse Marktmacht bedeutet. Lediglich in den Iran, Nord-Korea und Somalia bietet auch Western Union derzeit keine Geldtransfers an.

Organisationen wie die Weltbank werfen den Transfer-Dienstleistern deshalb immer wieder vor, ihre Stellung auszunutzen. Denn die Gebühren, die für Bargeldtransfers anfallen, sind zum Teil sehr hoch – nach Angaben von Verbraucherschützern liegen sie bei bis zu 15 Prozent der überwiesenen Summe. Nach Berechnungen der Weltbank entgehen Entwicklungsländern jedes Jahr 20 Milliarden Euro, weil die Konzerne bei den Überweisungen abkassieren: Geld, das in den Ländern für Entwicklungshilfe und Wiederaufbau fehlt. Western Union argumentiert dagegen, dass die Höhe der Gebühren von „Infrastrukturkosten und weiteren lokalen Marktfaktoren“ abhänge.

Allerdings arbeiten bereits mehrere Firmen daran, internationale Überweisungen dank neuer Technologie günstiger zu machen. Ein Beispiel dafür ist das Londoner Start-up Azimo: Statt an eine Bank wird das Geld aufs Handy überwiesen – wovon vor allem Menschen in Regionen profitieren könnten, in denen es wenige bis keine Bankfilialen gibt. Schon jetzt lässt sich über den Dienst Geld in über 190 Länder verschicken.

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