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Wirtschaft: Gute Geschäfte mit der Not

Schuldnerberater warnen vor unseriösen Kreditvermittlern BERLIN (val).Wer kein Finanzpolster hat, gerät schnell in die roten Zahlen und ist das gefundene Fressen für Kredithaie.

Schuldnerberater warnen vor unseriösen Kreditvermittlern BERLIN (val).Wer kein Finanzpolster hat, gerät schnell in die roten Zahlen und ist das gefundene Fressen für Kredithaie.Während sich in Deutschland immer mehr Menschen verschulden, blüht das Geschäft unseriöser Kreditvermittler, die Hilfe versprechen, tatsächlich aber nur abkassieren, warnte am Montag in Berlin die Landesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung in Berlin und Brandenburg (LAG).Die Schuldnerberater forderten schärfere Strafen gegen solche Betrüger. Von "erschreckenden Zahlen" spricht LAG-Mitglied Sven Gärtner.Allein in Berlin sind nach Schätzungen der LAG und der Senatsverwaltung für Soziales rund 150 000 Haushalte überschuldet.Auch andere Indikatoren sprächen für die wirtschaftliche Verschlechterung privater Haushalte, etwa zunehmende Mietkündigungen, Räumungsklagen und Zwangsversteigerungen von Eigentumswohnungen.Vielen Menschen "steht das Wasser bis zum Hals", und "sie greifen nach jedem Strohhalm", betonte auch Winfried Roll, Kriminaldirektor des Landeskriminalamts Berlin und Leiter des Referats Vorbeugende Verbrechensbekämpfung.Sie fielen auf jene Kleinanzeigen herein, die sofortiges Bargeld versprächen - ohne Auskunft und ohne Bürgen.So habe das Betrugsreferat im Landeskriminalamt Berlin rund 1700 Geschädigte erfaßt, die um etwa 4,5 Mill.DM betrogen worden sind.Wegen des "riesigen Dunkelfeldes" aber sind die Zahl der Betrugsopfer und die Schadenssumme Roll zufolge um ein Vielfaches höher.Von 50 Fällen würde nach Schätzungen des Fachkommissariats nur einer angezeigt.Tatsächlich geht Roll deswegen von jährlich fast 90 000 Opfern und knapp einer Viertelmilliarde Schaden aus. In Berlin arbeitet Roll zufolge seit 1995 nur ein kleiner Vermittlerkreis.Die meisten Kredithaie, die sich auf Kleinkredite bis zu 10 000 DM spezialisiert hätten, seien im übrigen Bundesgebiet ansässig.Danneben hat das Landeskriminalamt Berlin 1996 Ermittlungsverfahren gegen fünf Vermittler von Großkrediten über einer Mill.DM eingeleitet, die bundesweit und im Ausland inserieren und Geschäftsleuten oder Existenzgründern Kredite anbieten.Doch nach Ansicht der LAG sind die Strafmaßnahmen gegen diese Verbrecher zu lasch: Ehe sie belangt werden könnten, hätten sie viel Unheil angerichtet, und kämen häufig mit einer Geldbuße davon. Vermittler von Kleinkrediten haben sich dagegen auf den einfachen Verbraucher spezialisiert, den sie mit trügerischen Darlehen locken.Ihre Opfer sind meist völlig überschuldet und würden bei Geldinstituten keinen Kredite mehr erhalten.Hoffnungsvoll wenden sich diese Menschen an die betrügerischen Kreditvermittler oder gewerblichen Schuldenregulierer und verlieren dabei nach Angaben der LAG zwischen 200 und 1500 DM.Gegen Vorkasse ließen sie sich auf Verträge ein und unterschrieben weitere Versicherungen oder Bausparverträge als angebliche Kreditabsicherungen."Die Vorkasse ist aber der Pferdefuß", warnte Roll.Denn Kreditangebote, die Vorleistungen fordern, sind laut Verbraucherkreditgesetz rechtswidrig.Überdies sei seriöse Schuldnerberatung generell kostenlos und niemals mit dem Abschluß neuer Versicherungs-, Bauspar- und Kreditverträge verbunden. Obgleich den Versicherungsgesellschafen und Bausparkassen diese betrügerischen Machenschaften bekannt seien, würden viele über diese zweideutigen Verträge mit ihrem Hause hinwegsehen, kritisierte außerdem Schuldnerberater Gärtner, und nannte in diesem Zusammenhang den Baufinanzierer BHW und die Wüstenrot-Versicherung.Wer einem Betrüger auf den Leim gehe, könne den im Zusammenhang mit dem falschen Darlehen abgeschlossenen Vertrag kündigen.Das wüßten aber die wenigsten Verbraucher.Gärtner forderte sämtliche Unternehmen auf, ihre Kunden bei Verdacht auf solche Betrügereien aufzuklären.Darüberhinaus müsse der Beruf des Finanzdienstleisters stärker reguliert werden. Die LAG hat in den Monaten April und Mai eine Info-Hotline mit der Nummer (030) 19729 geschaltet.

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