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Wirtschaft: Gute Zahlen helfen in der Krise

Skandale haben dem Geschäft von Siemens nicht geschadet / Kritik der Aktionäre / VDO soll an die Börse

München - Deutliche Erfolge beim Konzernumbau haben Siemens-Konzernchef Klaus Kleinfeld in der schwersten Krise der Unternehmensgeschichte den Rücken gestärkt. Unmittelbar vor der Hauptversammlung, bei der Aktionärsvertreter in München das Management hart wegen der Korruptionsaffäre angriffen, verkündete Kleinfeld, dass der operative Gewinn im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres um mehr als 50 Prozent auf 1,63 Milliarden Euro gestiegen ist. Selbst die kriselnde IT-Dienstleistungssparte SBS schrieb erstmals seit drei Jahren wieder schwarze Zahlen.

Zugleich hält Siemens das Tempo des Umbaus hoch. So will Deutschlands größter Technologiekonzern seine Autozulieferersparte VDO an die Börse bringen. Außerdem wird Siemens für 2,7 Milliarden Euro die US-Firma UGS kaufen, einen Softwarespezialisten, der die Automatisierungssparte stärken soll. Kleinfeld setzt damit seinen Kurs fort, sich auf ausgewählte, wachstumsstarke Geschäftsfelder im Infrastrukturbereich zu konzentrieren. Dazu zählen die Medizintechnik, Kraftwerke, aber auch der Großanlagenbau, der mit der Akquisition in Amerika ausgebaut wird.

Die Börse reagierte begeistert auf die Siemens-Pläne. Der Aktienkurs kletterte zeitweise um fast sieben Prozent und lag bei Handelsschluss noch mit knapp sechs Prozent im Plus bei 82,60 Euro.

Trotz dieser Erfolge sparten die 13 000 Aktionäre auf der Hauptversammlung nicht mit Vorwürfen. Siemens stand in den vergangenen Wochen nicht nur wegen der Korruptionsaffäre schwer unter Beschuss. Zuvor war der Konzern bereits wegen der Pleite seiner ehemaligen Handysparte, der Erhöhung der Vorstandsbezüge und nun auch wegen der erst am Vortag von der EU verhängten Kartellstrafe in die Kritik geraten. „Siemens taumelt von einer Affäre in die nächste“, sagte Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. „Ich habe den Eindruck, dass der Vorstand das Zepter nicht mehr in der Hand hält.“ Andere Anteilseigner forderten den Rücktritt von Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer, der Anfang 2005 den Vorstandsvorsitz an Kleinfeld abgab. Trotz der Kritik wurden Aufsichtsrat und Vorstand nach elfstündiger Versammlung entlastet. Allerdings gab es ungewöhnlich viele Nein-Stimmen und Enthaltungen. Nur knapp 66 Prozent der Anteilseigner votierten für die Entlastung Pierers. Er erhielt damit das schlechteste Ergebnis bei der Einzelabstimmung. Vorstandschef Kleinfeld erteilten 71,4 Prozent Entlastung. In der Vergangenheit verzeichneten die Siemens-Spitzen in der Regel Zustimmungsraten von 90 Prozent und mehr.

Von Rücktritt wollte aber weder Kleinfeld noch Pierer etwas wissen. Im Gegenteil. Kleinfeld ging vor den Anteilseignern in die Offensive. Den Kauf der Softwarefirma UGS sowie den Börsengang von VDO verteidigte er als Schritt in die Zukunft. „So kommen wir voran und etablieren unsere Position an der Spitze des weltweiten Wettbewerbs“, sagte er. UGS soll die Automatisierungssparte des Konzerns verstärken. Mit den Programmen des Unternehmens aus Texas lassen sich komplexe Produktionsanlagen planen und simulieren, wie sie Siemens baut. UGS kommt auf einen jährlichen Umsatz von 1,2 Milliarden Dollar. Der Automatisierungsbereich ist mit Erlösen von rund 15 Milliarden Euro die mit Abstand größte Sparte des Konzerns. Mit der geplanten Emission von Siemens VDO verliert der Konzern dagegen einen Teil des Umsatzes von etwa zehn Milliarden Euro. Man wolle sich von deutlich mehr als 25 Prozent trennen, sagte Kleinfeld. „Die industrielle Führung soll aber bei Siemens bleiben.“ Der Hannoveraner Autolieferant Continental bekundete Interesse an Siemens VDO.

Im operativen Geschäft konnte Kleinfeld auf Fortschritte verweisen. „Alle Bereiche sind profitabel“, sagte er. Den Umsatz steigerte Siemens im Quartal um sechs Prozent auf gut 19 Milliarden Euro. In seinem Ausblick betonte Kleinfeld, alle Geschäftsbereiche sollten schon im laufenden Quartal die ehrgeizigen Renditeziele erfüllen. Danach solle die Ertragskraft weiter ausgebaut werden. jojo (HB)

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